Studie Audi grandsphere concept: Radikaler Umbruch in der Luxusklasse

Der nächste Audi A8 kommt erst 2024 auf den Markt. Die seriennahe Studie zeigt, wie gewaltig der Schritt bei Antrieb, autonomem Fahren und Design werden soll.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 159 Kommentare lesen
Audi grandsphere concept
Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Ein Facelift des seit 2017 gebauten Audi A8 steht unmittelbar bevor, doch Audi gewährt bereits einen Ausblick auf den Nachfolger. Der bricht mit vielen Konventionen, wie die Studie grandsphere concept zeigt. Dieser Umstand allein wäre schon ein mutiger Schritt. Doch Audi traut sich noch mehr: Auf 75 bis 80 Prozent schätzt Marc Lichte, Chef-Designer bei Audi, die Serienreife des Konzeptautos ein. Die Verantwortlichen gehen also das Risiko ein, den aktuellen A8 ziemlich lange im Voraus alt aussehen zu lassen. Denn vor Ende 2024 ist mit dem nächsten A8 nicht zu rechnen.

Sollte der Nachfolger tatsächlich in ähnlicher Form dieser Studie auf den Markt kommen, wäre es ein Pauken- und Befreiungsschlag für die Marke. Der aktuelle A8 tut sich schwer neben dem eigenwilligen BMW 7er und der frischen Mercedes S-Klasse (Test), auf den Mercedes EQS (Test) hat Audi bislang keine direkte Antwort. Derart solvente Kunden, die einen Audi haben möchten, können zum e-tron GT greifen.

Die Studie grandsphere concept zeigt ein spektakuläres Design, dessen Abmessungen auf den ersten Bildern nur unzureichend deutlich werden. 5,35 m ist das Konzeptauto lang, der Radstand misst 3,19 m. Von einer mächtigen Kühlerhaube, die einst ein Statussymbol riesiger Motoren war, ist nicht mehr viel übriggeblieben. "Die Haube ist radikal kurz. Die kürzeste, die ich je entworfen habe", sagt Marc Lichte. Mit seinen fließenden Formen wirkt die Studie nicht wie ein Nachfolger des aktuellen A8, sondern scheint mindestens eine Generation übersprungen zu haben.

Das gilt noch viel mehr für den Innenraum, den man durch gegenläufig öffnende Türen erreicht. Die umfassende Verglasung lässt das Interieur noch großzügiger wirken als es ohnehin schon ist. Andererseits würde derart viel Glas enorme Anforderungen an die Klimatisierung stellen. Platz ist vorn wie hinten überreichlich vorhanden. Zum überragenden Raumgefühl trägt auch das gen Windschutzscheibe gerückte, geschwungene, schmale Armaturenbrett bei, das ein durchgängiges Display ziert.

Audi grandsphere concept innen (7 Bilder)

Die großzügig verglaste Studie hat einen weitläufigen, hochwertig ausgekleideten Innenraum.

Beim Konzeptauto werden die Anzeigen wie bei einem Beamer auf die Holz-Applikationen projiziert. "Wir arbeiten wir noch an der Umsetzung", ordnet Marc Lichte die Technik ein. Im ersten Schritt wird der Audi A8 noch mit konventionellen Monitoren bestückt werden. Die Displays können aber nicht nur für Informationen zur Geschwindigkeit oder der Restreichweite genutzt werden, sondern auch für Videospiele, Filme oder dem TV-Programm.

Nach derzeitigem Stand entspricht auch das Lenkrad, das in der Studie auf Knopfdruck komplett verschwindet, nicht dem kommenden Serienmodell. Dort wird es stets zu sehen sein. Natürlich wird bei einem Konzeptauto, das derart weit in die Zukunft leuchtet, auch das Thema autonomes Fahren mit üppigen Versprechen versehen. Der nächste serienmäßige A8 soll Level 4 schaffen. Konkret bedeutet dies: In einem spezifischen Anwendungsfall kann das Auto alle Situationen allein bewältigen, eine Überwachung durch einen Fahrer ist – in diesem festgelegten Szenario – nicht mehr notwendig. Sollte das gelingen, wäre es ein riesiger Schritt und möglicherweise eine Definition dessen, wie sich Luxus in dieser Klasse künftig darstellt. Indem es dem Besitzer von der Last des Fahrens auf Wunsch so viel wie nur möglich abnimmt.

Luxus-Limousine und Verbrennungsmotor – das geht künftig nicht mehr zusammen. Zwar sind Abroll- und Windgeräusche in diesem Segment hervorragend gedämmt, doch bei den Antriebsgeräuschen akzeptieren wohl nur wenige Kunden ein Gebrumm, dass selbst elektrische Kleinwagen nicht mehr haben. Deshalb wird der nächste A8 in der Regel zwei E-Motoren haben. In der Studie leisten sie zusammen 530 kW, das maximale Drehmoment liegt bei 930 Nm. Die Höchstgeschwindigkeit soll bei mehr als 200 km/h liegen, wobei durchaus fraglich ist, ob man sie mit dem Serienmodell auf öffentlichen Straßen dann überhaupt noch nutzen kann.

Audi grandsphere concept außen (8 Bilder)

Das klassische Stufenheck hat ausgedient. Das Audi grandsphere concept wirkt auf Bilder kleiner ...

Dazu dürfte ein sehr flottes Tempo beim Laden möglich sein, denn Audi setzt auf eine Spannungsebene von 800 Volt. Damit sind hohe Ladeleistungen bei vergleichsweise niedrigen Stromstärken möglich. Ebenso klar ist aber auch, dass es sich kein Hersteller leisten kann, Reichweiten-Bedenken von Käufern in dieser Preisklasse zu ignorieren. Also setzt hier ein Wettlauf um den größten Energiegehalt ein. Die Studie dürfte hier allenfalls zaghaft beleuchten, was in vier Jahren im Serienmodell eingebaut ist. 120 kWh sind es im grandsphere concept, und wenn der nächste A8 zu den Kunden rollt, werden diese wohl noch mehr Reichweite als die hier versprochenen 750 km geboten bekommen.

Sicher ist dies natürlich nicht, denn vielleicht setzt sich bis dahin die Erkenntnis durch, dass ab einem bestimmten Ladetempo und einer entsprechend ausgebauten Infrastruktur der Energiegehalt der Batterie zwar nicht vollkommen egal, letztlich aber zweitrangig ist. Bis dahin, zumindest das lässt sich wohl recht verlässlich sagen, ist aber noch ein gewisser Weg zu beschreiten.

(mfz)