Kommentar: Das Verbrenner-Aus ab 2035 ist mutlos

Seite 2: Politik, die zu langsam reagiert

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Was sich zudem schon sagen lässt: Billig wird dieser Sprit eher nicht, wenn er denn irgendwann zu haben sein wird. Wer also argumentiert, mit eFuels könnten alle, die sich keinen Neuwagen leisten können, einfach weiterfahren wie bisher, ist günstigstenfalls unwissend. Das ist eine Nische, und wo Skaleneffekte fehlen, um Kosten breit zu verteilen, ist und bleibt der Einzelpreis hoch. Wie grüner Wasserstoff werden auch eFuels die Lücken füllen, die der batterieelektrische Antrieb auf absehbare Zeit nicht bedienen kann.

Schauen Sie sich die Entwicklungen bei den Batterien, Ladeleistung und Infrastruktur in den vergangenen fünf Jahren an: Wenn das auch nur im ähnlichen Maßstab so weitergeht, werden die Szenarien, in denen ein Elektroauto nicht das individuell geforderte Profil erfüllt, denkbar klein sein. Mein Kollege Clemens Gleich hat das in einem Podcast sehr treffend zusammengefasst:

Aus all diesen Gründen ist es im Prinzip schon richtig, in Neuwagen keine Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen. Nur: Bis 2035 hätte das vermutlich ohnehin nur noch eine geringe Zahl an Herstellern überhaupt getan. Zahlreiche Konzerne haben sich weit frühere Ausstiegsziele gesetzt. Von Opel beispielsweise soll es ab 2028 keinen Neuwagen mit Verbrennungsmotor mehr geben. Das Europaparlament ist dagegen ernsthaft der Ansicht, sich noch mehr als zehn Jahre Zeit lassen zu können, bevor es diesen ineffizienten Antrieb zumindest in neuen Autos endlich in den Ruhestand schicken will.

Sicher, wir sollten die Tragweite der Entscheidung nicht allein an einem Ausstiegsjahr festmachen. Doch welchen Eindruck hinterlässt es, wenn relevante Teile der so wichtigen Schlüsselindustrie sich längst auf ein deutliches früheres Ende dieses Antriebs eingestellt haben? Es ist an der Zeit, endlich damit aufzuhören, im Klimaschutz immer wieder mit dem Finger auf andere zu zeigen, mit der Bemerkung, man selbst stoße ja global betrachtet nur einen winzigen Teil der CO₂-Emissionen aus.

Das ist aus zweierlei Gründen zu kurz gedacht: Unser gesamter Lebensstil verursacht CO₂-Emissionen auf der ganzen Welt. Mit unserem Konsum, beispielsweise im Bereich Elektronik aus Asien, sind wir für einen Teil des dortigen CO₂-Ausstoßes mitverantwortlich. Zweitens sind wir in Deutschland mit unserer Wirtschaftskraft in Lage, beim Klimaschutz voranzugehen.

Das sollten wir dringend auch im eigenen industriepolitischen Interesse tun. Denn gerade im Automobilsektor überrollen uns andernfalls chinesische Elektroautos, die für vergleichsweise wenig Geld angeboten werden. Das ist keine vage Zukunftsvision, sondern längst in konkreter Vorbereitung. Wer Verbraucher und Industrie einlullen will mit der Aussicht, die gewaltigen Umwälzungen in diesem Bereich ließen sich entspannt bis gemächlich angehen, könnte sich rasch im politischen Abseits befinden.

Konsumenten wie Konzerne sind sich in weiten Teilen längst darüber einig, das fossile Zeitalter zügig hinter sich zu lassen. Die Zielsetzung des EU-Parlaments wirkt zeitlich gesehen so wenig ambitioniert, dass wir festhalten können: Die Adressaten dieser fragwürdigen Politik sind vielfach schon weiter.

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(mfz)