Lübecker Mautsystem gestartet
Nach einem Fehlstart des Mautsystems im August hat der Betreiber unter anderem das Problem der Synchronisation der Abrechnungsserver gelöst. Unterdessen hat das Mautsystem von Toll Collect seine erste Bewährungsprobe vor Gericht bestanden.
Ab heute muss für die Benutzung des Herrentunnels in Lübeck auf allen fünf Spuren Maut gezahlt werden. Nach einem Fehlstart des Mautsystems hat der Betreiber nicht nur das Problem der Synchronisation der Abrechnungsserver gelöst. So wurde der Sendebereich der Sensoren neu eingestellt, die den Quickbox genannten Abrechnungs-Transponder an einem Fahrzeug suchen. Gleichzeitig wurde die Empfindlichkeit der Sensoren vergrößert, die zur Mautberechnung die Achszahl und Größe eines einfahrenden Fahrzeuges messen. Diese Sensoren hatten vor allem Probleme mit im Pulk anrauschenden Motorrädern, die prompt als Sattelschlepper vermessen wurden.
Nicht vollständig gelöst wurde das Problem mit metallbedampften Windschutzscheiben, die die Wärme abhalten, aber auch die Kommunikation zwischen Quickbox und Sensor unterdrücken. Fahrzeuge der Marken Renault, Peugeot, Citroen und Opel müssen nach Angaben des Betreibers ein Kundencenter aufsuchen, in dem Speziallösungen in das Auto eingebaut werden. Werden Quickboxen in den Quickbox-Spuren nicht erkannt, so wird neben dem normalen Barzahlungspreis von 90 Cent für einen PKW (Quickbox: 75 Cent) eine Bearbeitungsgebühr erhoben, die im Wiederholungsfall steigen kann.
Im Zusammenhang mit dem Mautstart bittet der Betreiber dringend, die Geschwindigkeits- und Höhenbegrenzungen bei der Einfahrt in das Mautsystem zu beachten. Flott fahrende Lübecker sollen den Vorrat an Mautschranken erheblich dezimiert, mehrere LKW die PKW-Spur mit unzureichender Durchfahrtshöhe gewählt haben. Neben dem Warnowtunnel gilt der Herrentunnel als Pilotprojekt für weitere Verkehrsanlagen, bei denen auch die PKW eine Maut entrichten müssen. Zu den geplanten Systemen, die mit Public-Private-Partnership-Verbünden nach dem Fernstraßenbau-Privatfinanzierungsgesetz errichtet werden, zählt die Elbquerung der A20 und die Einrichtung einer dritten PKW-Fahrspur auf der A1 zwischen Hamburg und Bremen.
Unterdessen hat das Mautsystem von Toll Collect für die Erhebung einer streckenbezogenen LKW-Maut seine erste Bewährungsprobe vor Gericht bestanden. An dem für alle Maut-Streitigkeiten zuständigen Amtsgericht Köln wurden gestern die ersten zwölf Einsprüche gegen das Bußgeld verhandelt, das ertappte Mautpreller zahlen müssen. In allen verhandelten Fällen blieben die Einsprüche erfolglos, nur in einem Fall wurde das Bußgeld von 150 auf 75 Euro wegen einer Fahrlässigkeit reduziert, da der Richter den Tatbestand der Vorsätzlichkeit nicht erfüllt sah.
Verhandelt wurden verschiedene Fälle wie die Fahrt mit einer defekten OBU, das falsche Einbuchen von Tandemachsen, die falsche Angabe der Schadstoffklasse und die Entschuldigung, dass ein Mautstellenterminal nicht funktionierte. Hier hätte der Fahrer zum nächsten Terminal weiter fahren müssen, entschied der Richter. Das in Köln ansässige Bundesamt für Güterverkehr kann mit seinen Bußgeldbescheiden dem Amtsgericht Köln bis zu 10.000 Fälle pro Jahr bescheren, die im Minutentakt verhandelt werden müssen.
Zur satellitengestützten LKW-Maut in Deutschland siehe auch:
- Nun doch ein Vorzeigeprojekt -- Das LKW-Mautsystem soll zum Exportschlager werden, c't 2/05, S. 68
- Verursacherbedingt verspätet -- Das "fortschrittlichste Mautsystem der Welt" und die Realität, c't 22/03, S. 92
- Ausgebremste Automatik -- Das Kreuz mit der satellitengestützten Lkw-Maut, c't 21/2002, S. 60
- Vor 10 Jahren: Autobahnmaut mit GSM und GPS
- Österreich kauft Mautbetreiber
- SPD lehnt PKW-Maut ab
- Sommer, Sonne, OBU
- Bund fordert vom Konsortium über 5,1 Milliarden Euro
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(Detlef Borchers) / (anw)