Speicherpreise steigen plötzlich

Die Spotmarkt-Preise für Speicherbausteine sind sprunghaft angestiegen. Seit Dienstag sind einige DRAM-Typen um bis zu 25 Prozent teurer geworden.

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Die Spotmarkt-Preise für Speicherbausteine sind sprunghaft angestiegen. Seit Dienstag sind einige DRAM-Typen um bis zu 25 Prozent teurer geworden. Allerdings geht dieser Preisaufschwung von einem extrem niedrigen Niveau aus – Single-Data-Rate-SDRAM-Chips der PC133-Geschwindigkeitsklasse mit 128 Megabit Kapazität waren in der letzten Woche kurzfristig für weniger als 90 US-Cent pro Stück zu haben. Vor einem Jahr kostete ein solches Bauelement rund 16 US-Dollar, im März dieses Jahres immerhin noch etwa 4 US-Dollar. Schon im Februar bekamen die ersten Speichermodul-Hersteller Probleme durch die extrem schnell fallenden Preise.

Speichermodule (Dual Inline Memory Modules, DIMM) bestehen aus einer kleinen Platine mit den aufgelöteten Speicherchips. Acht 128-MBit-Chips ergeben einen 128-MByte-Riegel, der als No-Name-Ware auf asiatischen Spotmärkten für rund 8 US-Dollar zu haben ist. Nach Informationen aus der Branche scheint es erste Engpässe bei PC133-Speichermodulen zu geben, es sind wohl nicht mehr beliebig große Stückzahlen zu bekommen. Auf die deutschen Einzelhandelspreise hat sich der Preisanstieg noch nicht ausgewirkt. Das kann daran liegen, dass wegen der günstigen Preise mehr Originalware der Speicherchiphersteller verkauft wird – die Preise dieser Module sind natürlich nicht so stark von der Situation am Spotmarkt abhängig. Auch große Third-Party-Hersteller wie Transcend oder Kingston kaufen hauptsächlich direkt bei den Chipfirmen, wo sie die so genannten "Vertragspreise" aushandeln. Auch diese Preise verändern sich im Allgemeinen deutlich langsamer als die Spotmarkt-Kurse.

Mittlerweile haben offenbar Hersteller wie Hynix, Fujitsu und NEC oder Toshiba ihre Ankündigungen wahr gemacht und die DRAM-Produktion gedrosselt. In der Branche kursieren wilde Übernahmespekulationen: Demnach wollen Infineon und Toshiba ihre DRAM-Produktion zusammenlegen, außerdem plane Infineon Kooperationen mit weiteren taiwanischen Chipfabriken. Zuletzt hieß es, dass Infineon sich stärker bei der Firma Mosel Vitelic engagieren wolle, mit der man bereits das Joint-Venture ProMOS betreibt.

Außerdem ist immer wieder davon die Rede, dass DRAM-Firmen in den USA und Japan die Anwendung von Anti-Dumping-Gesetzen gegen den südkoreanischen Hersteller Hynix verlangen. Der Elektronikriese, der bereits im Branchen-Rekordjahr 2000 in eine Schuldenkrise stürzte, hält sich nur noch durch großzügige Finanzspritzen von Banken über Wasser, an denen wiederum die koreanische Regierung wesentliche Anteile hält. Das bewerten ausländische Konkurrenten wie Infineon und Micron als verdeckte Subvention. Als Außenstehender kann man diese Finanzmanipulationen kaum einschätzen – schließlich kassierte auch Infineon massiv EU-Fördergelder und erhielt eine Bundesbürgschaft; die taiwanische TSMC nahm kürzlich Steuerdarlehen in Anspruch.

Der konkrete Auslöser für den aktuellen Preisaufschwung ist unklar. Zurzeit lässt sich nicht einmal abschätzen, ob er von Dauer sein wird – bereits vor wenigen Wochen gab es ein kleines "Zwischenhoch" der DRAM-Preise, das aber nicht von Dauer war. Wie die Nervosität und die Gerüchte zeigen, erwarten viele Branchen-Insider eine Marktbereinigung; speziell die meist von ausländischen Chipentwicklern abhängigen taiwanischen Speicherfirmen gelten als Wackelkandidaten. Doch das ist eigentlich schon seit Juli bekannt, ohne dass die Talfahrt der DRAM-Preise sich verlangsamt hätte. (ciw)