Telekom-Konkurrenten laufen Sturm gegen Regulierungspause für VDSL

Die im aktuellen TKG-Änderungsentwurf enthaltene Möglichkeit zum Regulierungsverzicht für "neue Märkte" widerspricht Europa-Recht, klagt der Verband VATM, der den geplanten Paragrafen 9a im Telekommunikationsgesetz noch kippen will.

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Von
  • Sven-Olaf Suhl

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e.V. (VATM) kritisiert heftig, dass der geplante neue Paragraf 9a des Telekommunikationsgesetzes (TKG) weiterhin im heute vom Bundeskabinett beschlossenen Gesetzentwurf steht. Der geplante neue Regulierungsrahmen für den Telecom-Markt ist seit Längerem heftig umstritten. Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums und der Großen Koalition verteidigen die geplante Möglichkeit zur Regulierungsfreistellung für das VDSL-Netz der Deutschen Telekom. Danach soll die Bundesnetzagentur nur noch dann regulatorisch eingreifen dürfen, wenn ohne Regulierung in "neuen Märkten" der Wettbewerb "langfristig" behindert würde.

Aus Sicht des VATM, der die Interessen von über 50 Telekom-Wettbewerbern vertritt, würde eine derartige Regulierungsfreistellung gegen Europäisches Recht verstoßen. Im heutigen Gesetzentwurf vertritt die Bundesregierung hingegen die Ansicht, dass neue und sich abzeichnende Märkte, auf denen Marktmacht aufgrund von "Vorreitervorteilen" besteht, grundsätzlich nicht für eine Vorabregulierung in Betracht kommen. Dabei stützt sich das Kabinett auf den Erwägungsgrund 15 der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 11. Februar 2003 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors.

Auch interpetiert die Bundesregierung Leitlinien der EU-Kommission wie die zur "Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste" dahingehend, dass eine verfrühte sektorspezifische Regulierung die Wettbewerbsbedingungen auf einem neu entstehenden Markt unverhältnismäßig beeinflussen könnte. Ob die Auslegung der EU-Vorschriften durch die Bundesregierung bei der Europäischen Kommission auf Zustimmung stößt, erscheint mehr als fraglich: Mehrfach, zuletzt Ende März, hatte die zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding im VDSL-Streit mit rechtlichen Schritten gedroht.

Ziel einer verantwortungsvollen Regulierungspolitik sollten Rahmenbedingungen sein, die für alle Unternehmen Investitions- und Planungssicherheit gewährleisten, forderte Jürgen Grützner, Geschäftsführer des VATM. Die im Gesetzentwurf angelegte "einseitige Bevorzugung des marktbeherrschenden Unternehmens" würde vielmehr zu investitionsfeindlichen Monopolen führen, fürchtet Grützner. Dies hätte zur Folge, dass fast fünf Millionen Kunden der Telekom-Wettbewerber und damit etwa die Hälfte aller Haushalte mit schnellem Internet von neuen Technologien ausgeschlossen blieben.

Auch der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) befürchtet, dass die Telekom die Konkurrenz beim VDSL-Netz ausbooten will, und hofft auf Brüsseler Unterstützung im Streit um die Regulierungsferien für die Telekom. Da die Änderungen am TKG der Zustimmung des Bundesrates bedürfen, werden die Interessenvertreter versuchen, im Gesetzgebungsverfahren noch Änderungen des Regierungsentwurfs durchzusetzen.

Zur Auseinandersetzung um die Telekommunikationsregulierung und das geplante VDSL-Netz der Deutschen Telekom siehe auch: