Trotz ver.di-Streit: Telekom beginnt mit Umsetzung des Stellenabbaus

Den massiven Stellenabbau will die Telekom erst einmal ohne betriebsbedingte Kündigungen und auf freiwilliger Basis umsetzen; die Gewerkschaft hat kaum einen Hebel, gegen den Stellenabbau vorzugehen.

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Von
  • Peter Lessmann
  • dpa

Eine Einigung im Streit um den massiven Stellenabbau bei der Telekom schien in greifbarer Nähe. Doch den Gewerkschaftsgremien war das Angebot des rosa Riesen über die künftige Schaffung von neuen Arbeitsplätzen zur Abfederung des Abbaus zu wenig. "Der Telekom-Vorstand wollte nicht an den Plänen über Personaleinschnitte rütteln", begründete ver.di-Fachbereichsleiter Lothar Schröder das Scheitern einer Einigung mit den Gewerkschaften. Unterdessen kündigte die Telekom an, jetzt mit der Umsetzung des Stellenabbaus zu beginnen.

Personalchef Heinz Klinkhammer steht dabei vor einer großen Herausforderung. Bis Ende 2008 sollen in Deutschland rund 32.000 der 170.000 Beschäftigten die Telekom verlassen. "Wir werden die Dinge, die wir für eine sozialverträgliche Umsetzung des Personalumbaus benötigen, auf freiwilliger Basis umsetzen", sagte er am gestrigen Donnerstag. Aber auch zu weiteren Gesprächen mit ver.di ist die Telekom bereit.

Und somit geht das Tauziehen in die nächste Runde. Die Kröte, die ver.di hätte schlucken müssen, war offenbar zu dick und die Zugeständnisse der Telekom zu dünn. Auf die Beschäftigten sollten "unglaubliche Belastungen zukommen", redet sich Schröder den Frust von der Seele. Doch ver.di könnte sich mit seinem Rückzieher verkalkuliert haben. "Wir werden das Paket nicht wieder aufschnüren", sagte ein Unternehmenssprecher. Und Streiks fürchte die Telekom schon gar nicht.

Tatsächlich hat ver.di keinen Hebel, um gegen die massiven Personaleinschnitte vorzugehen. Denn die Telekom will die Kürzungen ohne betriebsbedingte Kündigungen und auf freiwilliger Basis umsetzen – unter anderem durch Abfindungen und Vorruhestand. Und das kann sie tun, ohne die Gewerkschaft an den Tisch zu bitten. Aber Klinkhammer ist – um die Stimmung nicht noch aufzuheizen – weiter zu Gesprächen bereit.

Doch in einem Punkt bleibt der Vorstand hartnäckig: Zum geplanten Stellenabbau gibt es keine Alternative. Im internationalen Vsei die Produktivität niedrig, sagen Experten. Immerhin kann das Unternehmen durch den Stellenabbau ab 2009 Kosten in Höhe von 1,7 Milliarden Euro einsparen. Die Konkurrenz sitzt dem Unternehmen im Nacken. "Es geht darum, die Telekom zukunftssicher zu machen", beteuert Konzernchef Kai-Uwe Ricke. Die Telekom-Branche stehe vor dramatischen Umbrüchen, "kein Stein werde auf dem anderen bleiben".

Dabei will sich Ricke gar nicht auf die Diskussion über Rekordgewinne und Stellenabbau einlassen. Er hält den Vergleich für schief: Die Gewinne von heute, meint er, seien eigentlich die Gewinne von gestern und hätten mit den Personaleinsparungen nichts zu tun. Der Arbeitsplatzabbau ist bei der Telekom auch keine Neuigkeit. In den vergangenen zehn Jahren wurden praktisch geräuschlos mehr als 100.000 Stellen gestrichen, im Schnitt 10.000 im Jahr.

Die Festnetzsparte, die einst die klassische Telefonie des Fernmelderiesen war und heute T-Com heißt, steht vor den größten Herausforderungen. Mit dem Vordringen der Internettelefonie und zunehmendem Wettbewerb schwimmen der Telekom die Felle, sprich: Umsätze, fort. Breitband, Online-Geschäft und Triple Play (Telefonie, Internet, Unterhaltung) lautet die Antwort des ehemaligen Monopolisten. Glänzen will das Unternehmen unter anderem mit dem Ausbau eines Hochgeschwindigkeitsnetzes in 50 deutschen Städten. Rund 3 Milliarden Euro will Ricke in das Glasfasernetz investieren und 6000 neue Stellen schaffen. Dabei fordert er eine Lockerung der Regulierung, weil die Telekom mit innovativen Produkten einen neuen Markt aufschließen will – aber das ist schon wieder ein anderes Thema.

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(Peter Lessmann, dpa) / (jk)