Medienwissenschaftler: Kein neues Gesetz für Gewaltspiele nötig
"Wir haben einen sehr gut funktionierenden und international anerkannten Jugendschutz – gerade im Bereich der Computerspiele", glaubt Christoph Klimmt, Medienwissenschaftler am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung in Hannover.
Die geplante Verschärfung des Gesetzes zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor gewalthaltigen Computerspielen ist nach Ansicht des Medienwissenschaftlers Christoph Klimmt überflüssig und kaum durchsetzbar. "Wir haben einen sehr gut funktionierenden und international anerkannten Jugendschutz – gerade im Bereich der Computerspiele", sagte der am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung in Hannover lehrende Wissenschaftler. "Wenn wir eine so hohe Messlatte an Computerspiele anlegen, müssten wir das im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes auch bei anderen Medien, beispielsweise beim Fernsehen, tun." Dort gebe es bereits im Nachmittags- und Abendprogramm beachtliche Mengen an Gewaltdarstellungen.
"Wir wissen einiges über die Wirkung von Gewaltdarstellungen in Filmen und Computerspielen, und es ist in der Tat so, dass der Gebrauch von Gewaltmedien etwas zur Ausbildung von Aggressivität beiträgt – auch wenn er keinen Amoklauf auslösen kann", sagte Klimmt, der zusammen mit zwei anderen Wissenschaftlern ein Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Wirkung gewalthaltiger Computerspiele leitet. Das bestehende Schutzsystem mit der Selbstkontrolle der Hersteller von Unterhaltungssoftware USK und der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien sei aber sehr wirksam und ausreichend. Bislang seien alle kritischen Spiele sehr schnell aus dem Verkehr gezogen worden.
Auf die Computerspielindustrie sieht Klimmt vor allem einen Imageschaden zukommen. Eine Reihe von sehr erfolgreichen Produkten der Branche werde durch eine Verschärfung des Jugendschutzes "diskreditiert und kriminalisiert". Finanziell seien aber wohl kaum weit reichende Konsequenzen zu befürchten. "Die Branche verdient so viel Geld, dass sie Umsatzeinbußen gut verkraften könnte", sagte Klimmt.
Für richtig hält der Medienwissenschaftlers eine verschärfte Kontrolle des Verkaufs von für Jugendliche verbotenen Spielen. "Die Industrie muss sich stärker dafür engagieren, dass ihre Produkte nur in die Hände von Personen geraten, die die Altersfreigaben tatsächlich erfüllen." Hier gebe es Nachholbedarf. Hersteller und Händler müssten ihre gesellschaftliche Verantwortung – gerade für gewalthaltige Computerspiele – stärker wahrnehmen.
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(dpa) / (pek)