Schnee und Eis gekonnt fotografieren

Seite 3: Mit Licht modellieren

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Schnee ist erst einmal nichts weiter als eine weiße Fläche. Licht und Untergrund ergänzen die dritte Dimension. Seiten- oder Streiflicht bringt die Textur von Oberflächen besonders gut zur Geltung, weil es eine Licht- und eine Schattenseite erzeugt. Im Schnee werden Wellen, Rippen und Hügel bei seitlich einfallendem Licht deutlich, während man sie bei frontalem Licht (oder auch bei bedecktem Himmel) mitunter überhaupt nicht wahrnimmt. Der eigene Standpunkt in Relation zur Lichtquelle Sonne spielt also eine große Rolle — gehen Sie um ein Motiv erst einmal herum und beobachten Sie, wie der Lichteinfall die Formen modelliert. Hier gilt das Gleiche wie bei Sanddünen: Bitte vorher überlegen, wohin man den Fuß setzt — sonst stören die eigenen Tapsen womöglich nachher im Bild! Das gilt insbesondere dann, wenn man zu mehreren fotografiert; Absprachen sind in diesen Fällen unerlässlich.

Mittags sind die Schatten am kürzesten, in den Morgen- und Abendstunden dagegen wesentlich länger, weil die Sonne flacher über dem Horizont steht.

Bei Sonnenschein und wolkenlosem blauem Himmel ist Winterlicht häufig sehr knackig — gut für grafische Spielereien mit Licht und Schatten beziehungsweise hellen und dunklen Bildanteilen. Schnee bekommt im Schatten oft einen markanten Blaustich (siehe den ergänzenden Text zum Thema Weißabgleich), was ebenfalls ein spannendes Motiv sein kann, vor allem in Verbindung mit dem kontrastierenden Weiß von sonnenbeschienenem Schnee.

Eisberg-Detail als Studie zum Lichteinfall: Erst durch den Schatten, der die Formen im Eis herausarbeitet, entsteht Tiefe im Bild. Nikon D300 mit AF-S-Nikkor 2.8/70-200 mm | 225 mm | ISO 400 | f/11 | 1/1600 s

Gegenlicht ist zwar nicht immer einfach zu handhaben, belohnt den Fotografen aber mit Eindrücken, die sich vom üblichen „Sonne im Rücken“-Bild deutlich unterscheiden. Silhouetten reduzieren bekannte Motive auf ihre Umrisse — je nach Motiv von leicht erkennbar (ein Baum, eine markante Kirche, Menschen …) bis hin zu rätselhaft. Alles, was Licht zumindest teilweise durchscheinen lässt, bekommt im Gegenlicht eine völlig neue Qualität: Schneegeflinsel, gefrostete Scheiben, die letzten Blätter an einem Zweig, der Raureif auf Gräsern …

Mit einem schönen Vordergrund und Gegenlicht bei klarem Himmel kann man mit einem Weitwinkel einen „Sonnenstern“ produzieren: Dazu baut man die Sonne mit ins Bild ein und schließt die Blende möglichst weit, damit die Sonne als Sternchen abgebildet wird. An die optimale Position der Sonne in Relation zum Hauptmotiv muss man sich herantasten; man kann das „Sonnensternchen“ zur Abwechslung auch mal zwischen verschneiten Ästen oder zwei nahe beieinander stehenden Baumstämmen hervorblitzen lassen, damit es nicht immer nur plakativ am blauen Himmel steht.

Vom Charme überfrorener ostgrönländischer Pfützen: Auf dem Bauch liegend konnte ich die Strukturen im Eis aus nächster Nähe fotografieren. Für die kühle, bläuliche Anmutung sind die Position des Motivs im Schatten und der Weißabgleich auf 5350 K maßgebend – die Automatik hätte das Bild wesentlich wärmer abgestimmt. Nikon 1 AW1 mit 1 Nikkor AW 3.5-5.6/11-27.5 mm | 74 mm | ISO 400 | f/5.6 | 1/125 s