Schnee und Eis gekonnt fotografieren

Seite 8: Weißabgleich: Auf dem Weg zu Schneeweißchen

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Von wegen Schneeweiß: Mit winterlichen Motiven ist der automatische Weißabgleich mancher Kamera überfordert. Die Folge sind unschöne Farbstiche in den Bildern. In diesen Fällen muss man nachhelfen, vor allem dann, wenn man nur JPEGs aufnimmt, bei denen sich der Weißabgleich nachträglich nur eingeschränkt anpassen lässt. Der Weißabgleich (englisch: White Balance, WB) wird von „Automatisch“ zunächst auf eine feste Voreinstellung gesetzt, um herauszufinden, ob das Bild dann den optischen Eindruck vor Ort trifft. Für Winterlandschaften, die man tagsüber bei gutem Wetter fotografiert, testen Sie am besten die Einstellung „Tageslicht“, je nach Wetter alternativ auch „Bewölkt“ . Für meinen Geschmack werden Bilder mit großem Schnee-Anteil dann aber häufig schon zu stark braun- oder orangestichig, sie wirken schmutzig oder „zu warm“.

Der Abschied von der Weißabgleichs-Automatik hat noch einen weiteren Vorteil: Nun erstellt die Kamera nicht mehr für jedes einzelne Bild erneut einen Weißabgleich, sondern behält die Voreinstellung bei — die Farbeindrücke bei vergleichbaren Motiven sollten sich jetzt stark ähneln, was die Bildbearbeitung vereinfacht.

Bei teureren Kameras lässt sich die Farbtemperatur oft auch über die Auswahl von Kelvin-Werten einstellen. Mit der Voreinstellung meiner Nikon-DSLR auf eine Farbtemperatur von 5000 Kelvin komme ich schon relativ nahe an das gewünschte Ergebnis heran. Dieser Wert liefert eine etwas kühlere (sprich: bläulichere) Abstimmung als die Einstellung durchschnittliches Tageslicht mit circa 5400 K. Jede Kamera reagiert ein bisschen anders. Erlaubt ist, was zusagt — und wer sich einmal die Mühe macht, verschiedene Voreinstellungen durchzuprobieren, findet schnell heraus, was bei welcher Lichtsituation zu schönen Fotos führt.

Das Ganze ist immer auch Geschmackssache — es geht ja nicht unbedingt darum, einen neutralen, also farbrichtigen Weißabgleich zu finden, wie ihn zum Beispiel ein Produktfotograf braucht, um Farben möglichst korrekt abzubilden. Stattdessen möchte man in der Regel die zum Zeitpunkt der Aufnahme herrschende Stimmung möglichst gut wiedergeben, insbesondere in den Morgen- und Abendstunden mit ihrer potenziell intensiven Farbigkeit — oder eben im Winter. Obendrein ist es die kalte Jahreszeit, und kalt verbinden wir üblicherweise mit der Farbe Blau.

Im Raw-Format können Sie den Weißabgleich auch nachträglich bei der Bildbearbeitung am Rechner korrigieren. Ich finde es allerdings schwierig, mich dann zu erinnern, wie es in Wirklichkeit ausgesehen hat. Auch hier sollte man darauf verzichten, der Versuchung „Automatisch“ nachzugeben. Das geht meist schief, und die Aufnahmen werden viel zu warm abgestimmt und bekommen einen Orange- bis Sepia-Stich. Das Abnehmen eines vermeintlich neutralen Weiß oder Grautons per Pipette ist auch nur selten zielführend — Schnee ist nur theoretisch rein weiß, tendiert in der Realität dagegen bei Sonnenschein häufig ins Bläuliche, weil er das Himmelsblau reflektiert, insbesondere im Schatten, wo ihn kein direktes, weißes Sonnenlicht trifft.

Ein Bild, vier Varianten (von links oben, nach rechts unten): automatischer Weißabgleich, Einstellung "Bewölkt", "Tageslicht", manueller Abgleich (5350 K)