Schnee und Eis gekonnt fotografieren

Seite 9: Belichtung: Grauer Schnee, weißer Schnee

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Kameras tendieren dazu, Bilder mit großen Weißanteilen unterzubelichten. Das liegt daran, dass sehr helle Flächen, also auch Schnee, wesentlich mehr Licht reflektieren als normale Motive mit durchschnittlicher Helligkeit. Die Kamera, die sich an jenen normalen Motiven orientiert, liegt daher mit ihrem Belichtungsvorschlag bei Schnee-Landschaften oft genauso daneben wie bei weißen Hochzeitskleidern oder sehr hellen Strandszenen. Die Folge: Der Schnee wird zu dunkel dargestellt, er sieht nicht weiß aus, sondern grau.

Abhilfe schafft die Belichtungskorrektur. Abhängig vom Motiv und von der gewählten Belichtungs-Messmethode empfiehlt sich als Ausgangswert in Fotos mit hohem Weißanteil eine Überbelichtung von etwa zwei Drittel Blendenstufen (oder Lichtwerten, LW oder EV genannt) bis einer ganzen Blendenstufe. In der Anzeige für die Belichtungskorrektur erscheint dann +0.7 oder +1.0. In Einzelfällen ist auch eine deutlich stärkere Korrektur nötig.

Um sicherzustellen, dass trotz der Überbelichtung keine Farbinformationen in den hellsten Bildbereichen verloren gehen, hilft ein Blick aufs Histogramm. Das „Gebirge“, das sich dort zeigt, sollte für ein typisches Schnee-Bild in der rechten Hälfte zu finden sein, aber nicht an den rechten Rand des Histogramms anstoßen oder gar aus dem Histogramm hinauslaufen. Hat man ein großflächig weißes Foto, das im Histogramm eine Kurve weit links zeigt, ist das Bild mutmaßlich unterbelichtet; um eine richtige Belichtung zu erreichen, ist die erwähnte Belichtungskorrektur nötig — es sei denn, der Fotograf oder die Fotografin zieht einen kreativen Umgang mit der Helligkeit des Bildes dem Abbilden der tatsächlichen Situation vor. Ein Beispiel dafür ist das Foto des Eisbergs — dort ging es mir darum, den kalten, düsteren Eindruck des Morgens zu verstärken, weswegen ich die Aufnahme von vornherein sehr knapp belichtete, was sich im Histogramm spiegelt.

Wichtig: Bitte nicht vergessen, die Belichtungskorrektur nach dem Ende der Fotosession im Schnee wieder auf null zu stellen. Die Kamera macht das nicht automatisch, und es besteht bei Vergessen die Gefahr, dass die nächsten Bilder in einer nicht von Schnee geprägten Umgebung zu hell ausfallen.

Um die Belichtungskorrektur einzustellen, muss man üblicherweise die grüne Vollautomatik verlassen, die manuelle Eingriffe nicht vorsieht, und in einen der anderen Modi wie P (Programmautomatik) wechseln.

Eine Alternative für alle, die sich den manuellen Eingriff in die Belichtung (noch) nicht zutrauen, sind Schnee-Motivprogramme (Schneemann- oder Schneeflocke-Symbol). Eventuell hilft, sofern es kein Schnee-Programm gibt, auch das Strand-Programm weiter. Dabei geht die Kamera davon aus, dass helle Farben im Bild überwiegen, wie es bei einer Schneelandschaft typischerweise der Fall ist, korrigiert die Belichtung entsprechend nach oben und passt normalerweise auch den Weißabgleich an. Allerdings lässt sich dies vom Fotografen nicht direkt beeinflussen, ist also nur zweite Wahl nach der von Hand eingestellten Belichtungskorrektur. Auch hier gilt: Nach dem Fotografieren im Schnee sollte man das Schnee-Programm wieder verlassen, sonst besteht die Gefahr, dass die nachfolgenden Fotos deutlich überbelichtet werden und einen falschen Weißabgleich haben.

Düsterer Eisberg: Das Histogramm - hier ein Screen shot aus Adobe Lightroom - zeigt, dass die Aufnahme unterbelichtet ist. Bei diesem Bild war der Effekt erwünscht.

(tho)