Unterwegs im Tesla Model 3 SR+: E-Sports mit dem E-Auto

Seite 3: Sparsam und sportlich

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Den positiven Gesamteindruck kann das nicht nachhaltig beschädigen. Besonders der Antriebsstrang ist herausragend, weil er Leistungsstärke mit Effizienz verbindet. Der Durchschnittsverbrauch über 1008 Testkilometer lag bei 18,3 kWh / 100 km, woraus sich rechnerisch 284 km Reichweite (WLTP-Normwert laut Webseite: 409 km) ergeben. Im Überlandbetrieb zog das SR+ bei trockener Straße und günstigen Außentemperaturen 13,8 kWh / 100 km (vorher mit Winterreifen: 14,6 kWh); in der City waren es bei flüssigem Verkehr 11,2 kWh / 100 km (13,5 kWh).

Das alles sind sehr niedrige Werte, zumal das SR+ gelegentlich getreten wurde. Zum Beispiel auf einer verwinkelten und gut asphaltierten Deichstraße: einlenken, Vollstrom geben, bremsen, nächste Kurve. Es lässt sich sogar leicht mit der Hinterachse lenken, und auf losem Untergrund sind harmlose Drifts möglich. Die Schlupfregelung kam mangels nasser Fahrbahn selten zum Einsatz, und Tesla hat die Kennlinie des Fahrpedals im Vergleich zu frühen Model S erheblich entschärft.

Das Konzept des Tesla Model 3 ist schlicht gelungen. Das SR+ ist nicht weniger als ein großer Wurf. Und es ist weiterhin traurig zu sehen, dass es keinen Wettbewerber gibt. Bei der Karosseriegrundform ähnelt vielleicht ein Hyundai Ioniq Elektro dem Model 3. Der Hyundai kann aber bei Ladeleistung, Reichweite und Dynamik nicht ansatzweise mithalten. BMW lässt sich derweil Zeit mit dem Marktstart des i4 und muss zusehen, wie Tesla sich die Kunden wegschnappt. Das Gleiche gilt für Audi und Mercedes.

Neben den Assistenzsystemen, die hoffentlich bald verbessert werden, fallen als Abstrich nur die Geräusche auf: Der Wind ist lauter als etwa bei einem Volkswagen e-Golf, und der eingeschränkte Abrollkomfort der 19-Zoll-Sommerreifen wird durch die nicht klassengemäße akustische Dämmung des Fahrwerkslärms betont.

Den Aufpreis von 1600 Euro für die schicken Felgen sollten nur jene investieren, die es im Alltag immer sportlich direkt wollen. Die glatten Radabdeckungen des Basismodells mögen schmucklos sein, aber hier gibt es kostengünstige Abhilfe: Unter den aerodynamisch optimierten Plastikkappen verbergen sich hübsche Aluräder. Für 50 Euro bietet Tesla Radnabenabdeckungen mit dem Markenlogo an. Was zum Herzens-Tesla fehlt, ist in vielen Fällen nur die Wunschfarbe (1050 bis 2100 Euro) und bei einigen Anwendungen die Anhängekupplung (1060 Euro).

Das Tesla Model 3 SR+ ist in der Summe der Eigenschaften eine echte Empfehlung und ein fetter Einstieg ins batterieelektrische Fahren. Es überzeugt durch seine Agilität auf der Straße und seine Dynamik an der Ladesäule bei gleichzeitig höchster Effizienz. Dass nebenbei Platz für eine Familie und Gepäck ist, kommt obendrauf. Selbst ohne Extras erhalten die Kunden ein vollständiges und hochwertiges Elektroauto, dessen Preis über eine erwartbare Konjunkturspritze sogar unter 40.000 Euro sinken könnte. Trotz Schwächen bei Geräuschkomfort und Fahrassistenzsystemen bleibt nach Abschluss des Tests nur eine Frage, die laut gestellt oder sogar gebrüllt werden muss: Wo bitte bleibst Du, deutsche Autoindustrie?

Der Hersteller hat den Testwagen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Der Autor hat mit Ausnahme einer Supercharger-Ladung die Fahrenergiekosten getragen.