Fahrbericht Honda CRF 300 Rally: Micro-Adventure

Seite 2: Feldwege nimmt sie souverän

Inhaltsverzeichnis

Auf Feld- und Waldwegen schlägt sich die kleine Enduro ausgesprochen tapfer, schluckt Löcher und Wackersteine souverän. Hier bietet sie einen sänftenartigen Komfort und macht richtig gute Laune, ihre schmalen Reifen (80/100-21 vorne und 120/80-18 hinten) fräsen gestochen scharfe Linien in den Dreck. In der Kiesgrube stößt die CRF 300 Rally dann an ihre Grenzen, wenn das Tempo forciert wird. Bei Wellen in schnellen Kurven fängt das Heck schon mal an zu pumpen und bereits tiefe Löcher werden zum Problem.

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Niemand sollte daher auf die Idee kommen, mit der CRF 300 Rally Sprünge auszuprobieren, da geht die Federung schnell gnadenlos auf Block. Das Verkleidungsunterteil hat übrigens keinerlei Funktion, außer nach Rally auszusehen. Im Falle eines Sturzes könnte es schnell teuer werden und ich frage mich, warum Honda es nicht einfach bei der Motorschutzplatte aus Kunststoff belässt. Absolut sinnvoll ist hingegen, dass der Hersteller nun Blinker mit flexiblen Auslegern verbaut, die bei Bodenkontakt verbiegen, aber nicht abbrechen.

Auch wenn die Kategorie "Autobahn" bei der Entwicklung der CRF 300 Rally sicher nicht im Lastenheft stand, bin ich neugierig, wie sie sich dort schlägt. Der Einzylinder müht sich tapfer bis auf Tachoanzeige 137 km/h und zeigt sich sogar gewillt, das Tempo beizubehalten, solange keine Steigung auftaucht. Das von der Werks-Rally-Maschine inspirierte Windschild schützt den Fahrer dabei erstaunlich gut. Dennoch sind Höchstgeschwindigkeitsfahrten kein Vergnügen mit der Honda bei Drehzahlen nahe am fünfstelligen Bereich. Dauertempo 110 absolviert sie schon wesentlich gelassener.

Honda CRF 300 Rally (8 Bilder)

Die einzelne Doppelkolben-Bremszange von Nissin mit schwimmender 296-mm-Bremsscheibe verzögert erstaunlich gut, allerdings taucht die Gabel wegen ihrer weichen Federn dabei weit ein.
(Bild: Ingo Gach)

Einen dicken Pluspunkt sammelt die Honda beim Verbrauch: Nur 2,9 Liter Benzin zog sie sich im Durchschnitt auf 100 Kilometer durch die Einspritzung (ohne die Vollgasetappe auf der Autobahn). Das ergibt eine theoretische Reichweite von eindrucksvollen 441 Kilometern. Wer also vorhat, mit der CRF 300 Rally lange Strecken Offroad zu fahren, braucht nicht nervös dauernd nach Tankstellen Ausschau zu halten.

Der Sitzkomfort ist selbst nach ein paar Stunden Fahrtzeit besser als befürchtet, der Allerwerteste schmerzt nicht über Gebühr. Auf das Mitnehmen von Passagieren sollte verzichtet werden, das Heck geht dabei zu weit in die Knie. Weder Fahrer noch Sozius hätten Spaß dabei, zumal die Sitzbank hinten sehr knapp bemessen ist und Honda die hinteren Fußrasten ohne Ausleger direkt am Rahmen befestigt.

Die etwas merkwürdige Frontmaske mit den zwei unterschiedlich großen LED-Scheinwerfern übernahm die 300er von ihrer Vorgängerin. Ihre Lichtausbeute ist nachts erfreulich gut, unbeleuchtete Landstraßen verlieren so ihren Schrecken. Eine abschließbare Werkzeugbox unterhalb der Sitzbank gibt Honda seiner kleinen Enduro mit auf den Weg. Allerdings bestücken die Japaner sie mit zwei ob ihrer Qualität eher als symbolisch zu bezeichnenden Werkzeugen, die man am besten gleich nach dem Kauf durch bessere ersetzt.

Honda hat im Oktober den Preis der CRF 300 Rally auf 7240 Euro angehoben, davor waren es 6999 Euro. Das ist für ein 27-PS-Motorrad nicht gerade billig, aber die CRF 300 Rally ist ein durchaus talentiertes Adventure Bike für Singles, die abseits befestigter Pfade die Welt erkunden wollen. Dort zählen nicht gigantische Leistung, sondern Fahrbarkeit, Leichtigkeit und Zuverlässigkeit – drei Tugenden, die die CRF 300 Rally beherrscht.

Ihr Manko sind die zu weichen Federn, die aber recht einfach und nicht schmerzhaft teuer gegen Exemplare aus dem Zubehör getauscht werden können. Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Die CRF 300 Rally will keine Konkurrenz zur BMW R 1250 GS (Test) und Co. sein, sondern ein kleines, wendiges und leistbares Adventure Bike. Wie beliebt die CRF 300 Rally ist, zeigt die Tatsache, dass die wenigen nach Deutschland importierten Exemplare dieses Jahr sofort ausverkauft waren.

(fpi)