Test Dacia Sandero Stepway 90 TCe: No Nonsense

Ist ein Dacia Sandero Stepway für etwa 14.000 Euro ein gutes Auto für wenig Geld oder ist ein Gebrauchter vernünftiger? Der Test zeigt: Beides kann stimmen.

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(Bild: Florian Pillau)

Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Christian Lorenz
Inhaltsverzeichnis

Ein Testwagen der Marke Dacia polarisiert. Die einen können nicht nachvollziehen, knapp 14.000 Euro in einen neuen Sandero Stepway zu investieren. Schließlich bekommt man für das Geld gut erhaltene Gebrauchtfahrzeuge. Die anderen überzeugt der neuer Dacia Sandero und sie können die Kritik nicht verstehen. Unser Test bestätigt beide.

Der Sandero ist um drei bis vier Zentimeter länger als die gängigen Polo-Corsa-Ibiza-Phalanx und entspricht in den Abmessungen ziemlich genau dem SUV-Polo VW T-Cross (Fahrbericht). Als Stepway macht der Sandero ebenfalls auf SUV. Er kommt mit mehr Bodenfreiheit und rustikal gemeinten Plastikintarsien an Radlauf und Schweller. Die Dachreling erleichtert die Montage von Trägersystemen und unterstreicht die robuste Optik.

Es gibt den Stepway als Benziner mit Schaltgetriebe neuerdings nur noch in der getesteten Ausstattungslinie "Essential" für einen Grundpreis von gut 12.000 Euro. Eine gehobene "Comfort"-Ausstattung ist beim TCe90 ausschließlich in Kombination mit einem stufenlosen Automatikgetriebe ("CVT") erhältlich.

Da der Sandero ganz überwiegend als Stepway TCe100 ECO-G mit bivalentem Flüssiggas-Benzinantrieb bestellt wird, kann man sich Varianten beim reinen Benziner sparen. Bivalenz bedeutet, dass der Sandero uneingeschränkt mit Benzin oder mit Flüssiggas betrieben werden kann. Den Gasantrieb gibt es zum Nulltarif. Er kostet weder Aufpreis noch Volumen in Laderaum oder Benzintank, der wie bei allen Sanderos weiterhin 50 Liter fasst. Allein auf die Sonderausstattung mit einem Ersatzrad müssen die Flüssiggas-Kunden verzichten. An dessen Platz tritt ein Autogastank mit 32 Litern Fassungsvermögen. Dacia verspricht eine kombinierte Reichweite von über 1300 km.

Dacia Sandero Stepway außen (11 Bilder)

Der Dacia Sandero Stepway TCe90 kostet mit 90 PS und Schaltgetriebe knapp 12.000 Euro. Die “Essential”-Ausstattung ist pragmatisch, aber nicht spartanisch. Alternativ ohne Aufpreis kommt der Stepway als bivalentes Flüssiggasmodell (TCe100 ECO-G). Bei Dacia-Kunden ist der Flüssiggasantrieb deshalb sehr beliebt. (Bild: alle Florian Pillau
)

Nur beim Sandero ohne Stepway-Ornat hat man eine echte Wahl zwischen den Ausstattungslinien. Vom nahezu nackten "Access", den es nur gibt, um mit einem Einstiegspreis von unter 9000 Euro werben zu können bis zum fast schon luxuriösen "Comfort". Anders als der Name suggeriert, bietet der Sandero Stepway als "Essential" schon eine komplette Ausstattung, die jeden Anwurf von Ärmlichkeit souverän wegwischt.

Der Fahrersitz ist höhenverstellbar und sogar mit einer Armlehne versehen. Man findet schnell eine angenehme Position. Allerdings kommt die Längsverstellung des Lenkrades für manche Personen mit relativ langen Beinen und kurzen Armen früh an ihre Grenzen. Die Sitze sind gut konturiert. Nur der Bezugsstoff ist aus jener Art von Kunstfaser, die man ausschließlich des Preises wegen wählt. Die manuelle Spiegelverstellung zeugt von Pragmatismus.

Die gesamte Cockpitlandschaft ist, wie zu erwarten, aus kostenoptimiertem Kunststoff. Ärmlichkeit verbreitet sie in meinen Augen allerdings nicht. So ein vernunftorientiertes No-Bullshit-Cockpit ist heutzutage geradezu wohltuend. Besonders gefallen hat, dass hier keine pseudo-edlen Plastikchromzierteile in der Scheibe spiegeln. Bronzefarbene "Lidstriche" an den Lüftungsdüsen, die die Farbe der Ziernähte in den Sitzen aufgreifen, verbreiten zurückhaltenden Chic.

Während ein VW Up blankes Blech zeigt, ist im Dacia die ganze Türtafel mit Kunststoff verkleidet. Überhaupt versetzt einen ein Preis-Leistungs-Vergleich zwischen VW Up und Dacia Sandero in ungläubiges Staunen. Ein Up ist um mindestens zwei Klassen weniger Auto, kostet aber ein paar Tausender mehr. Mit einem Sandero Stepway können vier Erwachsene bequem verreisen, ein Up ist ein reiner Stadtwagen.

Mit dem Dreh des altmodischen Bartschlüssels startet der Dreizylinder mit sympathisch kernigem Sound. Obwohl objektiv weder laut noch vibrationsstark, kann er Dreizylinder-Neulingen etwas rauh vorkommen. Die Spielerei mit den beim Start hochdrehenden Zeigern von Tacho und Drehzahlmesser hätte in so einem Billigauto keiner erwartet – genauso wenig wie sechs Gänge.

Der Schalthebel operiert auf durchschnittlich kurzen und definierten Wegen. Man kann es so von einem modernen Kleinwagen erwarten. Kommt man von einem Fiat Uno, wird man hier scheinbar aus dem Vollen gefräste Präzision vorfinden. Wenn man direkt von einem Mazda MX 5 (Fahrbericht) umsteigt, kann einen das undefiniert wirkende Rühren auf Langwegen geradezu irritieren. Fakt ist, dass die Schaltbarkeit im Vergleich zum abgelösten Sandero etwas präziser wurde.

Leider sind auch Druckpunkt der Kupplung und Anfahrdrehmoment des Motors im Zusammenspiel etwas fordernd. Ruckfreies Anfahren und Einkuppeln gelingt nur mit etwas Übung. Oberhalb von 1500 Umdrehungen beschleunigt der Dacia mühelos und voll zufriedenstellend. Auch auf Überlandpassagen ist man damit ausreichend motorisiert. Bei höheren Drehzahlen wird der Dreizylinder aber etwas laut.

Der Verbrauch bewegte sich zwischen 4,7 l/100 km bei 90 km/h auf der Landstraße und 7 l/100 km im ungünstigsten Stadtverkehr. Das Profil des Testers verlangt hohe Verbräuche, da es quasi nur aus Innenstadt und Autobahn besteht. In diesem ungünstigen Umfeld verbrauchte der Test-Sandero ca. 6 l/100 km – nicht gerade wenig für einen modernen Kompakten mit diesen Leistungsdaten. Um die 5 Liter sind bei zurückhattender Fahrweise und wenig Stadtverkehr realistisch.

Während der Vorgänger noch veraltete Renault-Technik hatte, steht der aktuelle Sandero jetzt auf der konstruktiv gleichen Plattform wie die aktuelle Clio-Generation oder etwa der Nissan Juke. Für die Dacia-Modelle werden aber kostengünstigere Komponenten verwendet. Das zeigt sich am Fahrwerk. Es ist zwar angenehm komfortabel abgestimmt und schluckt auch tiefe Schlaglöcher gut. Dem Kollegen Martin war der Sandero Stepway aber zu weich.

Der Sandero kocht mit Wasser, was die Feder-Dämpfer-Einheiten angeht. Zudem ist die Federung für die Märkte mit den schlechtesten Straßen konstruiert. Man sieht es schon an der Bodenfreiheit. Deshalb wird die Feder- und Dämpfarbeit deutlicher wahrgenommen, als bei teureren Modellen. Wer aus einem aktuellen VW Golf (Test) umsteigt, wird das spüren. Viele werden das wahrscheinlich gar nicht wahrnehmen. Für mich gehört die Federung zu den Highlights des Sandero Stepway. Französischer Komfort bei ausreichend exaktem Fahrverhalten haben mich ebenso überzeugt wie den Kollegen Florian, der besonders unter der unangebrachten Härte von zeitgenössischen Brot- und Butter-Kleinwagen leidet.

Was jedoch auffällt sind die Fahrwerksgeräusche. Wenn man sagen kann, dass Dacia irgendwo spürbar gespart hat, dann ist es die Dämmung. Nicht einmal bei Oldtimern kann ich mich an eine so mitteilsame Geräuschkulisse erinnern. Martin kostete das den letzten Nerv, ich kann das als lässliche Marotte verbuchen, zumal das Geräuschniveau insgesamt nicht besonders hoch ist. Der Florian genießt es, der Technik beim Arbeiten zuzuhören. Sagt er.