Infineon taumelt von Krise zu Krise

Den Ausschlag für den Rausschmiss des Firmenchefs dürfte vor allem die desolate Lage bei der defizitären Speicherchip-Tochter Qimonda und der Ärger über Wolfang Ziebarts Krisenmanagement gegeben haben.

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Von
  • Michael Friedrich
  • dpa

Der krisengeschüttelte Chipkonzern Infineon kämpft weiter mit sich selbst. Nachdem es in den vergangenen Wochen bereits kräftig im Unternehmen rumort hatte, wurde am Montag Infineon-Chef Wolfgang Ziebart die Tür gewiesen. "Unterschiedliche Auffassungen über die zukünftige strategische Ausrichtung des Unternehmens", hieß die offizielle Begründung. Den Ausschlag gegeben haben dürfte aber vor allem die desolate Lage bei der defizitären Speicherchip-Tochter Qimonda und der Ärger über Ziebarts Krisenmanagement. "Das Fass zum Überlaufen gebracht hat der Verlust im zweiten Geschäftsquartal", sagt ein Branchenkenner. Zwischen Januar und Ende März hatte Infineon wegen Qimonda einen Verlust von fast 1,4 Milliarden Euro verbucht.

Ziebart hatte sich mit seiner beharrlichen Art, mit der er sich Unternehmenskennern zufolge in die Branche einarbeitete, anfangs hohes Ansehen erworben. Auch Aufsichtschef Max Dietrich Kley erkannte am Montag in seiner Mitteilung an, Ziebart habe den Vorstandsvorsitz "vor vier Jahren in einer für das Unternehmen besonders schwierigen Lage übernommen". Nun lautet aber der Vorwurf, er habe sich seit der Ausgliederung von Qimonda mit dem Börsengang im Jahr 2006 kaum noch um die Tochter gekümmert. Dabei schlugen die Ergebnisse des Unternehmens, an dem Infineon immer noch 77,5 Prozent der Anteile hält, voll auf die Bilanz der Mutter durch.

Das nach dem vierten Quartalsverlust in Folge im April eilig aufgelegte Sparprogramm mit Stellenstreichungen und dem weitgehenden Rückzug aus der Entwicklung von Flash-Speichern sei zu spät gekommen, sagen Kritiker. Die gegenwärtige Krise habe viel mit mangelnder Führungsqualität zu tun, monierte zuletzt ein Kenner des Konzerns. "Man beschäftigt sich ein wenig zu viel mit sich selbst und zu wenig mit dem Markt. Ganz objektiv ist der Laden schlecht geführt."

Aber auch von den Aktionären hatte Ziebart zuletzt heftige Kritik einstecken müssen. Die bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr 2006/07 (30. September) angefallenen Verluste von 368 Millionen Euro hätten jeden Tag eine Million Euro Miese bedeutet, rief ein empörter Kleinaktionär dem Vorstand zu. "Warum stehen Sie eigentlich morgens auf?" Schon zum dritten Mal in Folge hatte sich Ziebart bei dem Aktionärstreffen für hohe Verluste rechtfertigen müssen. Dabei gab er sich überzeugt, dass Infineon auf dem richtigen Weg sei, räumte aber zugleich ein: "Der Weg ist weiter, als wir dachten."

Dass es richtig gut lief bei Infineon, ist ohnehin eine Weile her. Das letzte gute Jahr war 1999/2000. Damals nutzte die einstige Konzernmutter Siemens die gute Stimmung in der Chipbranche und den Börsenboom und schickte die Chiptochter an die Börse. Seither stolperte das Unternehmen von einer Krise in die nächste. Einmal waren es Sondereffekte wie Abschreibungen auf Lagerbestände, dann wieder verhagelten Sanierungskosten, die Pleite des wichtigsten Mobiltelefon-Kunden BenQ oder eben der Preisdruck bei Speicherchips das Ergebnis. Nicht zuletzt ein Schmiergeldskandal und die Querelen um den rausgeschmissenen Vorstandschef Ulrich Schumacher drückten zudem aufs Image.

Seinen eigentlich noch bis Ende August nächsten Jahres laufenden Vertrag wird Ziebart also nicht mehr erfüllen. Richten soll es nun der bisherige Vorstand Peter Bauer. Der kündigte am Montag denn auch prompt ein verschärftes Sparprogramm an.

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(Michael Friedrich, dpa) / (jk)