Digitalpolitische Konzepte der Parteien vor der Wahl 2025
Eine Analyse der Parteiprogramme spiegelt die unterschiedlichen Herangehensweisen der Parteien bei IT und Digitalisierung in verschiedenen Bereichen wider.
(Bild: KI, Collage c’t)
Bei der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar 2025 geht es nicht nur um Finanz-, Migrations- oder Klimapolitik. In den kommenden Jahren stehen auch richtungsweisende Entscheidungen in der Digitalpolitik an, wenngleich dieses Thema im Wahlkampf bislang eine untergeordnete Rolle spielt. Obwohl immer mehr Aufgaben nicht mehr in Berlin, sondern bei der Europäischen Union in Brüssel liegen: Deutschlands Stimme hat in Europa auch im IT-Bereich großes Gewicht. Der bevölkerungsreichste EU-Staat kann Dinge befördern oder verhindern.
Wir haben die Wahlprogramme aller Parteien abgeklopft, die zurzeit im Bundestag vertreten sind. Bis zum Redaktionsschluss lagen sie uns teilweise nur als Entwurf vor. Hier geht es also um die Konzepte von CDU/CSU, SPD, GrĂĽnen, FDP, Linke, AfD und BĂĽndnis Sahra Wagenknecht (BSW).
- Eine Analyse der Parteiprogramme von CDU/CSU, SPD, GrĂĽnen, FDP, Linke, AfD und BSW zeigt, wie unterschiedlich die Parteien ans Thema Digitalpolitik herangehen.
- Wahrscheinlich wird in der nächsten Legislaturperiode ein eigenes Digitalministerium etabliert.
- Die AfD will digitalpolitische EU-Gesetzgebung wie die DSGVO und den DSA zugunsten nationaler Gesetzgebung abschaffen.
Die Parteien haben ihre Vorstellungen zur Digitalpolitik in den Programmen nur teilweise als solche deklariert. Manche Positionen haben sie in anderen Politikbereichen untergebracht, etwa bei der Verwaltungsmodernisierung. Einigen der Vorschläge merkt man an, dass sie von der klammen Kassenlage des Bundes und der Länder geprägt sind. Digitaler Fortschritt genießt in der gegenwärtigen politischen Großwetterlage augenscheinlich wenig Priorität, soviel sei vorweggenommen.
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Digitalministerium
Aller Voraussicht nach wird die nächste Bundesregierung ein eigenes Digitalministerium installieren. Denn mit CDU/CSU, SPD, Grünen und FDP sprechen sich erstmals alle Parteien in ihren Programmen dafür aus, die die größten Chancen auf eine Regierungsbeteiligung haben. Doch was sie unter einem Digitalministerium verstehen, unterscheidet sich. Klar ist lediglich: Das neue Ressort soll sich um die Digitalisierung der Verwaltung kümmern. Auch die Zuständigkeit für Glasfaserausbau und Mobilfunkinfrastruktur sehen fast alle Parteien dort.
CDU und CSU wollen im Digitalministerium die Verwaltungsdigitalisierung, IT-Beschaffung, Datenpolitik, künstliche Intelligenz (KI), digitale Dienste und Plattformregulierung ansiedeln. Das dem Bundesinnenministerium unterstellte Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) soll dort verbleiben. Die SPD möchte laut Programm ein Ministerium schaffen, das die Verwaltungsdigitalisierung bündelt. Dazu sollen bislang verteilte Ressortzuständigkeiten dort zentralisiert werden.
Geht es nach der FDP, soll ein dort sogenanntes "Digitalisierungsministerium" den Umbau der Verwaltung sowie die Digitalisierungsaspekte aller anderen Ministerien übernehmen. Die Grünen nennen zwar den Begriff "Digitalministerium" nicht, sprechen aber von einer notwendigen "Bündelung von Zuständigkeiten, Verantwortlichkeiten und der Budgetverantwortung". Digitale Infrastruktur, europäische und internationale Digitalpolitik und Open-Source-Strategie sollen in demselben Ressort landen. Die AfD hat zum Thema keine Meinung im Wahlprogramm hinterlegt, auch bei BSW und Die Linke findet man dazu keine Position.
Ă–ffentliche Verwaltung
Mit dem bisherigen Stand der Verwaltungsdigitalisierung zeigen sich alle von uns in Augenschein genommenen Parteien in ihren Programmen unzufrieden. Die meisten nehmen auch das Verhältnis von Bund, Ländern und Kommunen in den Blick. Alle Parteien mit Ausnahme der AfD versprechen, sich darum zu kümmern, dass das "Once-Only-Prinzip" endlich kommt, dessen Einführung sich die Ampelkoalition bereits in ihrem Koalitionsvertrag 2021 zur Aufgabe gemacht hatte: Einmal beim Staat eingereichte Bürgerdaten und Dokumente sollen künftig für sämtliche Verwaltungsvorgänge nutzbar sein.
Fast alle Parteien sprechen sich dafür aus, die Verwaltungsdigitalisierung zu beschleunigen und vor allem Planungsprozesse, Einreichungen und weitere Behördenvorgänge nun endlich konsequent digital möglich zu machen. Insbesondere auf die digitale Transformation in Finanzämtern sowie KfZ-Zulassungs- und Baubehörden ruhen hier Hoffnungen der Parteien. Bei allem soll den Programmen zufolge auch KI irgendwie helfen, den absehbaren Personalmangel in der Verwaltung auszugleichen.
Die Linke, BSW und AfD fordern allerdings ein Recht auf analoge Alternativen in der Verwaltung und lehnen damit einen "Digitalzwang" ausdrücklich ab. Die FDP dagegen spricht sich nicht nur für einen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen aus, sie will sogar "analoge Prozesse konsequent abschaffen". Bürger, die da nicht mitkommen, sollen über Terminals, KI-Assistenten oder mithilfe "menschlicher Digitallotsen" weiterhin alle Leistungen wahrnehmen können.