Fiat Grande Panda Elektro im Test: Schlichte Basis im Designer-Kleidchen

Der Fiat Grande Panda Elektro ist ein Auto, das mit Design den Unterschied sucht, den seine Stellantis-Plattform nicht hergibt. DafĂĽr ist er ziemlich teuer.

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Fiat Panda

(Bild: Florian Pillau)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Christian Lorenz
Inhaltsverzeichnis

Dieser Test muss mit einer Art Spoiler beginnen. Der Autor ist ein großer Fan des ersten Fiat Panda, der von Giugiaro designt, ab März 1980 gebaut und seither nicht nur von ihm heiß verehrt wurde. Jegliche Reminiszenzen an die "tolle Kiste" helfen hier aber gar nicht weiter. Im Gegenteil: Mit dem minimalistisch genialen, fast revolutionären Kleinstwagen hat der hier getestete Grande Panda nichts, aber auch gar nichts zu tun. Vergessen Sie also den Namen. Und vergessen Sie am besten auch, wenn Sie sich überhaupt erinnern, wofür Fiat früher stand.

Der Grande Panda ist die Fiat-Variante des Citroën C3, basiert auf derselben Stellantis Brot-und-Butter-Plattform wie außerdem auch ein Opel Frontera, weitere Modelle auf dieser Basis sind geplant. Damit erscheint er wie der fast schon verzweifelte Versuch von Fiat, eine eigene jugendlich spritzige und stylische Identität über seine recht konventionelle Bauart zu stülpen. Er feiert dabei die kistenartig eckige Anmutung des Ur-Panda. Gut, aber auch das wirklich Einzige, was an den Giugiaro-Panda erinnert.

Über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Was man aber ganz neutral konstatieren kann, ist, dass man mit dem Grande Panda auffällt. Es kann ein Indiz für gutes Design sein, wenn es eine gewisse Polarisierung hervorruft. Der Grande Panda tut das in hohem Maße. Kollege Martin und die meisten Männer aus meinem Freundes-, Familien- und Bekanntenkreis fanden den neuen Panda teils sogar zum Schreien hässlich. Andererseits bin ich selten so oft mit freundlicher Zustimmung auf ein Auto angesprochen worden. Sehr viel von Frauen, aber auch von Männern: "Ist das der neue Panda? Der sieht aber geil aus!"

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Die Farbe "Limone Gelb" gehört zum teureren Ausstattungspaket "La Prima" aufpreisfrei dazu, andere Farben kosten 700 Euro mehr. Das Einstiegsmodell "Red" ist übrigens, Sie ahnen es, serienmäßig rot – "Passione Rot", um genau zu sein. Die auffällig neon-grün-gelbe Lackierung unterstreicht die Polarisierung des ganzen Fahrzeuges. Ich habe selten so oft: "Tolle Farbe!" von wildfremden Passanten gehört, andererseits klingt mir immer noch das ehrlich schockierte "Oh, Gott!" von Martin und meinen Stammtischkumpels in den Ohren.

Fiat Grande Panda auĂźen (10 Bilder)

Der Fiat Grand Panda feiert die Kante in seinem Design. Die gezeigte Farbe "Limone Gelb" ist im teureren Ausstattungspaket inbegriffen. Die Einstiegsversion ist rot, wenn man keine 700 Euro für eine andere Farbe ausgeben möchte. (Bild:

Florian Pillau

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Farbkonzept und Design im Innenraum sind auch in erster Linie anders. Gleich fällt das wie ein Baumstamm anmutende rollenartige Element auf, das den oberen Abschluss des Armaturenbretts bildet. Es ist im "La Prima" mit einem Stoff bezogen, der erfolgreich Bambus-Optik in den Innenraum zaubert. Die Sitze und Plastikverkleidungen sind in einem Blau gehalten, das entfernt an Schwimmbäder erinnert. Kann einem alles gefallen, muss aber nicht.

Objektiv gesehen gibt es am Cockpit zunächst nicht viel auszusetzen. Die Displays sind bei jeder Witterung und jedem Sonnenstand gut abzulesen. Negativ fällt jedoch gleich der "Zündschlüssel" auf. Dabei stört es den Autoren gar nicht, dass man den Elektro-Panda wie seine Stellantis-Derivate so altmodisch startet. Im Gegenteil, mich ärgert die Teslaisierung, nämlich Streichung, des Startvorgangs viel mehr, wo schon beim Tritt auf das Bremspedal alle Systeme laufen. Was aber tatsächlich beim Panda nervt, ist ein mechanisches Problem: Wenn Stellantis schon überall die gleichen Schlüssel verwendet, hätten sie doch ein bisschen mehr darauf achten können, dass sie auch passen. Im Vergleich zu meinem VW e-Up komme ich mir beim Starten immer so vor, als wäre ich ein Dieb, der den Panda mit einem selbstgefertigten Eisen-Knochen starten würde.

Eine angenehme Sitzposition finde ich mit meinen 1,79 m schnell. Ich bin jedoch mit sehr langen Armen gesegnet. Alle Kollegen monieren, dass sich das Lenkrad für sie nicht weit genug ausfahren lässt. Die Sitze selbst fand ich in Ordnung. Habe dafür sogar ausdrückliches Lob von einem Mitfahrer gehört, der allerdings sehr zierlich gebaut ist. Die Kritik von Martin, einem Mann mit breiterem Kreuz und langen Beinen, ist dennoch nachvollziehbar. Er moniert, die Sitze seien für ihn unbequem und würden es an Unterstützung im Kreuz fehlen lassen. Außerdem sei der Einstellbereich nach hinten zu knapp.

Der Platz auf der Rückbank ist in Bezug auf die Fahrzeuggröße aber leider nur durchschnittlich. Man hat in meinem 39 Zentimeter kürzeren VW e-Up hinten genauso viel Platz. Mit 361 Liter Volumen ist der Kofferraum über 100 Liter größer als im VW e-Up. Im Segmentvergleich ist das Durchschnitt. Zum Vergleich: Das Elektroauto Hyundai Inster ist 11 cm kürzer und kann durch seine verschiebbare Rückbank von 280 Liter bis zu 350 Liter einpacken – ohne die Sitze umzuklappen. Schade auch, dass Stellantis beim Panda wie auch beim C3 auf einen verstellbaren Ladeboden verzichtet. Auch den hat der eigentlich deutlich unterhalb des Panda positionierte VW Up.

Fiat Grande Panda innen (7 Bilder)

Auch der Innenraum ist Design pur. Das rollenartige Querelement ist bei der höheren Ausstattungsstufe "La Prima" mit Textil im Bambus-Look bespannt. (Bild:

Florian Pillau

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Die 83 kW reichen dem Autor für den Panda vollkommen aus. Gerade in der Stadt gehört man unaufgeregt und fein dosierbar zu den Schnelleren. Klar, die meisten Elektroautos können einem eine beeindruckendere Beschleunigung liefern, ich frage mich jedoch oft, wozu. Auf Autobahnen wird der Grande Panda bei 132 km/h elektronisch eingebremst. Das zeigt schon eine gewisse Tendenz, dass der Panda eher für Kurzstrecken als für Fernreisen gedacht ist. Achtung, Spoiler: Dieser Eindruck wird sich fortsetzen und erhärten.

Positiv fällt beim Panda auf, wie intuitiv und ruckfrei die Rekuperation funktioniert. Ein Fiat 500E (Test) blieb in dieser Hinsicht deutlich ungehobelter und ruckeliger in Erinnerung. Ein Pluspunkt, der sich harmonisch in das Fahrgefühl einfügt, ist auch das Fahrwerk. Wie schon damals bei meinem Uno schafft es auch der Panda einem einen angenehmen Fahrbahnkontakt zu vermitteln. Grobe Stöße werden zuverlässig weggedämmt, die Fuhre ist auch nicht ständig in Bewegung. Trotzdem hat man das Gefühl, alles Wichtige von der Straße mitzukriegen.

Leider stört die Lenkung diese angenehme Verbindung zur Straße etwas. Sie wirkt recht synthetisch und dabei auf eine intransparente Art schwergängig. Man kann sich jedoch daran gewöhnen und im Wettbewerbsvergleich sind nur die Lenkungen im VW-Konzern spürbar besser. Beim Fahren vernommen meine Kollegen Martin und Flo ein Antriebszirpen bei geringer Last. Ich kann mich an ein solches beim besten Willen nicht entsinnen. Vielleicht, weil ich beim Fahren immer Iron Maiden gehört habe. Aber auch Kollegen in anderen Medien nahmen dieses Pfeifen deutlich wahr.

Ich habe immer die Bluetooth-Verbindung und Apple CarPlay genutzt. Sie ist schon beim Einstiegsmodell Serie. Das werkseitig fest installierte Infotainment mied ich schnell. Eine Navigation ohne Ladeplanung und gelegentliche Systemabstürze, von denen hauptsächlich Martin berichtete, machen das System im Panda nicht sehr attraktiv. Mich störte nur, dass ich auch nach kurzem Abstellen des Motors immer wieder das Handy neu koppeln musste. Aber das geht ja zum Glück sehr schnell.

Einer Zumutung nahe kommt die Tempolimit-Anzeige. Sie ist leider ein schlechter Witz und zuverlässig unzuverlässig. Anzeigen von 100 km/h in der 30er-Zone und 5 km/h auf der Autobahn sind nicht weniger selten als die Anzeige des tatsächlich geltenden Limits. Der erste Griff ist deshalb nach dem Start auf den Knopf, mit dem man das akustische Signal abschalten kann. Die erratische optische Anzeige im Blickfeld des Fahrers lässt sich aber bedauerlicherweise nicht stilllegen. So etwas sollte mit einem Stern Abzug im EuroNCAP geahndet werden.

Fiat Grande Panda - Innenraum - Details (9 Bilder)

Der Zug-Druckschalter auf der Mittelkonsole ist der gleiche wie bei allen Stellantis-Modellen mit automatisierter Gangwahl, eine elektrische Feststellbremse ist serienmäßig. (Bild:

Florian Pillau

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Ein eher schwieriges Kapitel für den Grande Panda sind zudem Effizienz, Ladeleistung und Reichweite. Mit 44 kWh Akkukapazität sind hoher Reiselust schon von vornherein Grenzen gesetzt. Mein Verbrauch pendelte sich in etwa bei 14 kWh / 100 km ein. Damit könnte ich mit einer ganzen Batterieladung im Schnitt knapp 300 km weit kommen. Man muss wissen, dass ich ganz, ganz überwiegend im Stadtverkehr unterwegs bin, was niedrigen Verbräuchen sehr entgegenkommt.

Ein großer Nachteil ist aber, dass es sich um eine LFP-Batterie handelt und sich Stellantis eine Vorkonditionierung gespart hat. Die ohnehin nicht üppige Ladeleistung von 100 kW am DC-Schnelllader steht also die meiste Zeit nur auf dem Papier, da die Batterie kaum die dafür notwendige Temperatur erreicht. Bitter dürfte es werden, den Panda im Winter zu laden. Für Winterreisen ist er damit nicht gut geeignet.

Mögliche Alternativen, die bald auf den Markt kommen

Ein Treppenwitz am Rande ist, das Fiat gegen 200 Aufpreis ein fest verbautes Ladekabel hinter der Plastikfront anbietet, das aber statt der sonst serienmäßigen Ladeleistung von elf kW nur sieben kW ermöglicht. Man fragt sich ernsthaft, wer das kaufen soll.

Der Autor brauchte an einem 300 kW-Lader 40 Minuten für einen Ladestand von 19 auf 80 Prozent bei einer Außentemperatur von 18 Grad nach nur kurzer Stadtfahrt. Das entspricht einer durchschnittlichen Ladeleistung von 38,33 kW. Martin schaffte es nach längerer Landstraßenfahrt immerhin in 27 Minuten, was auch nur eine durchschnittliche Ladeleistung von 58,7 kW bedeutet.

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Etwas ratlos hinterlässt das einen insofern, als Fiat die billigere Zelltechnologie und den zusätzlichen Verzicht auf Batterieheizung auch nicht als spürbaren Preisvorteil für den Kunden weitergibt. Der getestete Grande Panda in der "La Prima"-Ausstattung kostet unverhandelt 27.990 Euro. Die Einstiegsversion "RED" bietet auch schon eine pragmatische Ausstattung mit manueller Klimaanlage, Apple CarPlay bzw. Android Auto, Tempomat und einigem mehr und kostet ab 24.990 Euro. Ein VW ID.3 Pure beginnt unverhandelt bei 33.330 Euro. Nach Abzug der von Volkswagen schon im Konfigurator garantierten Kaufprämie bleiben 29.830 Euro für ein Fahrzeug, das in seinen sämtlichen Eigenschaften in einer, man muss es so deutlich sagen, anderen Liga spielt als der Grande Panda.

Der einzige Vorteil, den der Grande Panda bietet, ist, dass ihn manche Menschen hübsch finden. Er ist tatsächlich eine Art Hingucker im Stadtgebiet. Das kann man jetzt von einem ID.3 beim besten Willen nicht behaupten, der im günstigsten Fall gar nicht auffällt. Aber ob der dick aufgetragene Stil dem Panda reicht, um Kunden zu erobern? Der Autor hat große Zweifel. Zumal auch ein Hyundai Inster mehr Praxistauglichkeit für etwas weniger Geld bietet.