Motorrad-Test Triumph Tiger Sport 800: Touristisches Talent

Die Triumph Tiger Sport 800 zeigt sich als angenehmer Sporttourer, ihr neuer Dreizylindermotor mit 115 PS ist exzellent. Dafür bleibt sie angemessen günstig.

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Triumph Tiger Sport 800

Ingo Gach / heise Medien

Lesezeit: 7 Min.
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  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

Triumph hat zu Beginn des Jahres einen neuen Dreizylindermotor mit 798 cm3 Hubraum präsentiert. Eingepflanzt ist er in die Tiger Sport 800, die zwar optisch der bereits bekannten Tiger Sport 660 ähnelt, aber sich bei näherem Hinsehen doch deutlich von ihr unterscheidet. Im ursprünglichen Sinn ein Sporttourer, wird sie heute als Cross-over-Bike bezeichnet, wegen ihrer langen Federwege. Triumph hat nicht weniger als fünf Dreizylindermotoren zwischen 660 und 1160 cm3 im Programm, von denen vier vom Hubraum her recht eng beieinander liegen.

Die 660er-Modelle mit 81 oder 95 PS bilden den günstigen Einstieg in die Mittelklasse, während der brillante 765er-Motor das sportliche Naked Bike Street Triple RS (Test) antreibt (er wird als Einheitsmotor in der Moto2-WM eingesetzt) und der 900er-Antrieb die Reiseenduro Tiger befeuert. Der 765-cm3-Motor leistet bis zu 130 PS bei 12.000/min, der 888-cm3-Dreizylinder kommt auf 108 PS bei 9500/min. In Hinckley dachte man sich wohl, dass dazwischen noch Platz für einen Sporttourer-Antrieb sei und gab Tiger Sport 800 eine Leistung von 115 PS bei 10.750 Touren und 84 Nm bei 8500/min mit auf den Weg.

Die Entwickler betonen, dass der 800er-Dreizylinder nicht einfach nur ein aufgebohrter 765er-Motor ist, sondern auch mehr Hub bekam. Über 90 Prozent der Motorenteile, von der Nockenwelle bis zum Auspuff, sind laut Triumph neu. Sie wollten den Antrieb perfekt auf den Einsatzbereich abstimmen, er sollte sowohl sportliches als auch touristisches Talent besitzen.

Schnelle Fakten zur Triumph Tiger Sport 800
  • Sporttourer mit hoher Agilität, guter Ausstattung und passendem Preis
  • Leistung: 85 kW bei 10.750/min, Drehkraft 84 Nm bei 8500/min
  • Ausgezeichnetes, voll einstellbares Fahrwerk
  • Spätbremser wünschen sich mehr Transparenz beim Verzögern
  • Preis: 11.795 Euro

Die Tiger Sport 800 ist optisch gelungen, sie wirkt sehr dynamisch und schützt ihre Besatzung trotzdem vor den Elementen. Auch wenn die Front der Tiger Sport 660 angeglichen ist, gibt es Unterschiede: Die 800er besitzt zwei kleine LED-Tagfahrlichter zwischen den schmalen Scheinwerfern und der Windschild bekommt noch zwei transparente Flaps, die den Fahrer zusätzlich schützen. Die Seitenverkleidungen zeigen ebenfalls eine neue Form, vor allem aber hat die 800er einen seitlichen Endschalldämpfer, bei der 660er endet er direkt hinter dem Motor.

Triumph Tiger Sport 800 (6 Bilder)

Triumph bietet in der Tiger Sport 800 einen exzellenten neuen Dreizylindermotor. (Bild:

Ingo Gach / heise Medien

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Es sitzt sich ausgesprochen bequem auf der Tiger Sport 800, der Lenker liegt in passender Reichweite zur Hand und der Kniewinkel ist entspannt, obwohl die filigranen Fußrasten relativ weit hinten positioniert sind. Mit 835 mm Sitzhöhe ist sie noch im akzeptablen Bereich, erst für Menschen unter 1,70 m wird es schwierig, den Boden mit beiden Füßen zu erreichen. Die aufsteigende Linie des Hecks bedingt, dass die Sozia bedeutend höher als der Fahrer thront. Dank der großen Handgriffe kann sie sich gut festhalten. Die aufpreispflichtigen Koffer am Testmotorrad stören sie nicht.

Spannende Motorräder

Im Cockpit erwartet den Fahrer dieselbe merkwürdige Mischung aus monochromer und farbiger Darstellung, wie man sie aus der Tiger Sport 660 kennt. Es informiert zwar zuverlässig, wirkt aber nicht mehr zeitgemäß. Immerhin lässt es sich per Bluetooth mit dem Smartphone verbinden und kann unter anderem auch eine Pfeilnavigation darstellen.

Triumph Tiger Sport 660 im Test

Das Menü ist logisch aufgebaut und kann narrensicher über vier Tasten am linken Lenkerende bedient werden. Der Motor läuft nach dem Start ohne Drehzahl-Eskapaden wie bei der Kawasaki Z 900 (Test) oder der BMW R 12 S (Test) sofort rund und verströmt wohlig-knurrigen, aber dezenten Dreizylindersound. Die Kupplung lässt sich mit einem Finger ziehen, wird aber kaum gebraucht, da die Tiger Sport 800 serienmäßig einen Quickshifter verbaut hat, der hakelfrei arbeitet. Sie verfügt über drei Fahrmodi, ich versuche es zunächst mit dem Modus Road und der Motor nimmt sanft, aber nachdrücklich das Gas an. Die Leistung setzt nicht zu schlagartig ein, was ein angenehm gleichmäßiges Fahrverhalten bewirkt.

Die Tiger Sport 800 erweist sich als ausgesprochen handlich, ein Resultat von 1422 mm Radstand, steilen 66,2 Grad Lenkkopfwinkel und einem kurzen Nachlauf von 99 mm. Außerdem achtete Triumph bei der Entwicklung sehr auf das Gewicht, das bei der Tiger Sport 800 vollgetankt 214 kg beträgt. Damit hat nicht nur der Motor leichtes Spiel, auch der Fahrer wirft die Tiger Sport geschmeidig von einer Schräglage in die andere. Die Triumph trifft präzise die anvisierte Linie, lediglich bei holpriger Strecke sind manchmal kleine Nachkorrekturen in Schräglage notwendig. Die exzellenten Michelin Road 5 tragen ihren Teil zum agilen Fahrverhalten bei, zudem erleichtert der breite Lenker das Umlegen.

Triumph Tiger Sport 800 Details (9 Bilder)

Die Tiger Sport 800 hat seitliche, transparente Flaps für verbesserten Windschutz. Nur die 800er hat die Tagfahrlichter zwischen den Scheinwerfern. (Bild:

Ingo Gach / heise Medien

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Nach dem Wechsel in den Sport-Modus geht die Tiger Sport noch einen Tick spontaner ans Gas, aber auch hier wird sie nie zu hektisch oder sendet gar Schläge ins Hinterrad. Dank einer kurzen Übersetzung des Endantriebs sprintet die Triumph vehement aus der Kurve. Wenn sie mich nicht so aufrecht positionieren würde, käme ich mir vor wie auf einem Supersportler.

Die Tiger Sport 800 hält einiges an elektronischen Assistenzsystemen bereit. Wie das Kurven-ABS lässt sich die schräglagenabhängige Schlupfregelung in drei Stufen einstellen und auch ganz abschalten. Ihr Fahrwerk verdient sich ein dickes Lob. Die voll einstellbare Upside-down-Gabel von Showa reagiert sensibel und filtert auf 150 mm Federweg Löcher sauber heraus. Das Federbein – ebenfalls mit 150 mm Arbeitsweg – lässt sich neben der Zugstufe auch in der Vorspannung per praktischen Handdrehknauf einstellen.

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Nicht ganz überzeugen können die Bremsen von J.Juan. Die beiden radialen Vierkolben-Bremszangen mit 310 mm großen Bremsscheiben und die Einzelbremse hinten mit 255-mm-Scheibe verzögern zwar jederzeit sicher, bieten aber keinen klaren Druckpunkt. Bei einer harten Vollbremsung kann aufgrund des hohen Schwerpunkts schon mal das Hinterrad vom Boden abheben – für den Unvorbereiteten kein gutes Gefühl.

Sehr angenehm ist der Windschild, der auch während der Fahrt mit nur einer Hand verstellt werden kann. In der unteren Position passt er mir besser, in der oberen treffen Wirbel auf den Helm. Immerhin erreicht die Tiger Sport 800 auf der Autobahn 219 km/h Höchstgeschwindigkeit, dabei läuft sie absolut stabil geradeaus. Den serienmäßigen Tempomat auf 120 eingestellt, zieht die Triumph entspannt ihre Bahn. Selbst lange Etappen spule ich ohne Erschöpfungserscheinungen ab, der Komfort ist sehr hoch. Im gemischten Betrieb Stadt/Landstraße/Autobahn genehmigt sich die Tiger Sport 800 im Schnitt 4,9 Liter auf 100 km und käme damit knapp 380 km weit. Mit dem von Triumph genannten Verbrauch im WLTP von 4,7 Litern errechnet sich eine theoretische Reichweite von knapp 396 km.

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Triumph bietet die Tiger Sport 800 ab 11.795 Euro in Anthrazit an, die Farben Blau, Gelb und Schwarz kosten 200 Euro Aufpreis. Das ist für ein optisch gelungenes Crossover-Bike mit exzellentem Motor und guter Ausstattung ein günstiges Angebot. Zubehör gibt es von Triumph reichlich, die Koffer an unserer Testmaschine fassen 57 Liter und kosten 709 Euro. Die Tiger Sport 800 ist auf Anhieb ein gelungener Wurf. Ich kann gemütlich auf ihr über die Landstraße cruisen, aber auch verdammt schnell durch Kurvenkombinationen pfeilen.