Motorrad Moto Guzzi V7 Sport im Test: Verblüffend leichtfüßig
Veränderungen an Fahrwerk und Bremsen machen die V7 verblüffend leichtfüßig. Sogar ihr Charakter aus Druck von unten und gelassener Tonspur gewinnt leicht.
(Bild: Ingo Gach / heise Medien)
- Ingo Gach
Guzzi meint es sicher nicht ironisch, wenn sie ihr eher mildes Retro-Bike mit dem Beinamen "Sport" schmücken. Moto Guzzi will mit der V7 Sport aber nicht Käufer animieren, sich auf der Rennstrecke auszutoben, es soll wohl vielmehr ein dezenter Fingerzeig sein, dass ihre Performance sich beim beherzten Angasen auf der Landstraße verbessert hat. Die V7 Sport weist mit ihrem Namen auf ihre berühmte Vorfahrin von 1971 hin, die damals mit dem Tonti-Rahmen (benannt nach dem Konstrukteur Lino Tonti) tatsächlich mehr oder weniger erfolgreich an Rennen teilnahm.
Der Zweiventiler bleibt luftgekühlt
Optisch hat sich bei der neuen V7 Sport im Vergleich zur bereits bekannten V7 Stone und V7 Special kaum etwas geändert. Die klassische Linienführung bleibt erhalten. Sie wird nach wie vor von einem 853 cm3 großen, luftgekühlten Zweiventil-V2 mit längs liegender Kurbelwelle angetrieben. Darüber spannt sich der lange 21-Liter-Tank, dahinter schließt sich eine gut gepolsterte Sitzbank mit hübschen roten und weißen Ziernähten an. Ganz im nostalgischen Look kommt der Rundscheinwerfer, nur das LED-Tagfahrlicht in Form eines stilisierten Adlers – dem Markenzeichen von Moto Guzzi – erinnert an die Moderne. Ein ebenfalls rundes LED-Rücklicht ist auf dem hinteren Schutzblech – ja, die V7 besitzt noch einen richtigen Kotflügel – aufgepflanzt.
- So viel Leistung, wie die ehrlich alte Technik bei Euro 5+ zulässt
- 49 kW bei 6900/min, 79 Nm bei 4400/min
- Hohe Kraftentfaltung bei niedrigen Drehzahlen für entspannte Agilität
- Ausgewogenes Fahrwerk und gute Bremsen für hohe Fahrdynamik
- Angemessener Preis mit 10.999 Euro, aber wenig Ausstattung
Zwei mächtige Krümmer und die Form der Endschalldämpfer nehmen Anleihen bei den 70er-Jahren. Ein wenig Augenwischerei betreibt Moto Guzzi inzwischen aber doch: Der Mittelteil des Auspuffs zwischen Krümmer und Endschalldämpfer ist kein Auspuffrohr, sondern eine Blende, um den dahinterliegenden, großen Vorschalldämpfer zu verstecken. Das ist neu bei der V7 Sport und dürfte der mal wieder etwas gestiegenen Leistung Rechnung tragen.
Upside-down-Gabel und Doppelscheibe vorne
Die V7 Sport unterscheidet sich äußerlich durch eine Upside-down-Gabel, Doppelscheibenbremse am Vorderrad, Spiegeln an den Lenkerenden und erleichterte Felgen von den anderen V7-Varianten. Doch auch im Antrieb hat sich etwas getan, die V7 Sport erhielt einen dritten Fahrmodus, vielsagenderweise "Sport" getauft. Ihre Seitendeckel zieren Aluminiumeinsätze mit dem "V7 Sport"-Schriftzug und auch die Scheinwerferhalterung ist aus dem Leichtmetall gefertigt. Auf dem Tank steht nicht etwa "Moto Guzzi", sondern dort befindet sich ein erhabenes Adler-Logo. Das hat Klasse.
Moto Guzzi V7 Sport (8 Bilder)

Ingo Gach
)Auf der V7 Sport sitzt es sich altmodisch in nur 780 mm Höhe und durch den langen Tank weit vom Lenker entfernt. Die Fußrasten sind ebenfalls weit vorn montiert, sodass sich ein fast 90-Grad-Kniewinkel ergibt. Der Komfort ist auch auf längeren Etappen gut, nur baut die Sitzbank vorn etwas zu breit, eine geringfügig schmalere Kontur würde ihr guttun. Bei hohen Geschwindigkeiten fühle ich durch die aufrechte Sitzposition deutlich den Winddruck auf dem Oberkörper, die V7 Sport erreicht immerhin 175 km/h. Bis Tempo 120 lässt es sich aber entspannt aushalten. Im Rundinstrument steckt ein LC-Display, was irgendwie nicht zum Retro-Charakter passt. Man erwartet noch analoge Instrumente. Aber die Informationen sind gut ablesbar und durchaus vielfältig. Irritierenderweise lassen sich die Fahrmodi Rain, Road und Sport nicht über den mit "Modus" beschrifteten Knopf am linken Lenkerende abrufen, der für alle anderen Infos zuständig ist, sondern über einen Knopf rechts.
Agiles Fahrwerk und Kraft von unten
Der Output des Motors beträgt 67 PS bei 6900/min, kurz darüber läuft er in den Begrenzer. Das klingt bescheiden, ist aber beachtlich für das drehzahlfeindliche Konzept, das mit Stoßstangen und Kipphebeln arbeitet und ganz nebenbei natürlich auch die Abgasnorm Euro 5+ erfüllen muss. Oberhalb der Grenzdrehzahl werden jedoch die Steuerzeiten zu unpräzise für die geforderte Abgasqualität, also versucht man unterhalb so viel wie möglich herauszuholen. Für mehr Drehmoment im mittleren Drehzahlbereich bekam die V7 Sport von 38 auf 52 mm vergrößerte Drosselklappen. Maximal sind es nun 79 Nm bei 4400/min.
Die Moto Guzzi hat immer genügend Kraft, um sich selbst im hohen Gang nachdrücklich aus Kurven herauszukatapultieren. Die Schaltung geht angenehm leicht und das Getriebe arbeitet fast geräuschlos, was früher bei Moto Guzzi keine Selbstverständlichkeit war. Was mich verblüfft, ist die Leichtfüßigkeit der V7 Sport. Sie lässt sich locker und ohne spürbare Trägheit einlenken. Das Geheimnis ihrer Agilität dürfte zum einen in der schmalen Bereifung der Dimension 100/90-18 vorn und 150/70-17 hinten und zum anderen in den um 1,8 kg erleichterten Felgen liegen. Vorn wiegen diese 934, hinten 834 Gramm weniger als bisher.
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Kurze Federwege kosten Komfort
Die V7 Sport zieht absolut ruhig ihre Radien. Großen Anteil daran hat die Upside-down-Gabel, die sich zwar nur in der Vorspannung einstellen lässt, aber ihre Arbeit gut verrichtet. Sie bietet einen Hub von 118 mm. Die beiden Federbeine hinten begnügen sich allerdings mit nur 98 mm Federweg. Auf holprigen Strecken gelangen sie schon mal an ihre Grenzen und geben dann Stöße recht ungeniert an den Fahrer weiter, während die Gabel sie locker schluckt. Die Moto Guzzi vermittelt im Sport-Modus eine Menge Spaß auf der Landstraße. Sie reagiert dann direkter auf Gasbefehle, die Schlupfregelung reagiert erst spät. Dabei dämpft auch die neue Auspuffanlage die Gasgeräusche zu einem angenehm dumpfen, unverwechselbaren Grollen. Sie wird nie zu laut, wie manch andere Bikes.
Moto Guzzi V7 Sport Details (7 Bilder)

Ingo Gach
)Zupackend auch beim Spätbremsen
Die beiden radialen Vierkolben-Bremszangen von Brembo mit 320-mm-Bremsscheiben vorn sowie ein Doppelkolben-Schwimmsattel mit 260 mm großer Bremsscheibe hinten haben das 220 kg schwere Motorrad gut im Griff. Das ABS spricht sensibel an und verzögert stets zuverlässig. Puristen können die Schlupfregelung auch ganz deaktivieren.
Wer die V7 Sport am Limit bewegt, bekommt eine akustische Warnung. In Linkskurven wird er vom laut kratzenden Seitenständer zwar spät, dann aber lautstark daran erinnert, dass er es mit dem "Sport" nicht übertreiben sollte. Apropos Seitenständer: Um ihn auszuklappen, muss ich mit dem Fuß sehr weit hinten suchen, das funktioniert nicht immer auf Anhieb. Auch die Leerlaufsuche ist nicht frei von Kritik, vor der roten Ampel brauche ich manchmal ein paar Versuche, um ihn zu finden. Bei höherer Laufleistung sollte das aber besser werden. Im Verbrauch liegt der große V2 mit im Schnitt bei 4,9 Litern auf 100 km. Dank des großen Tanks kommt die V7 Sport auch bei ihrem angesichts der Leistung eher hohen Konsum beachtliche 428 km weit.
Videos by heise
Ehrliches Motorrad, dürftige Auswahl
Moto Guzzi bietet die V7 Sport nur in den Lackierungen Grün oder Grau an. Die Auswahl ist ein bisschen dürftig, zumal es die Stone und Special auch in anderen Farben gibt und der Tank sowie die Seitendeckel bei allen Modellen identisch sind. Moto Guzzi preist die V7 Sport mit 10.999 Euro ein - fair in Anbetracht des Gegenwerts. Sie ist ein absolut ehrliches Motorrad und gibt nicht vor, etwas zu sein, was sie nicht halten kann. Die V7 Sport ist nicht perfekt, aber das will sie auch gar nicht sein.
Die luftgekühlten Moto Guzzis leben von ihrem archaischen Charakter. Der V2 schüttelt sich im Stand, scheppert dezent mit seinen Stößeln und Stoßstangen, poltert aus den Auspufftöpfen und erinnert seinen Fahrer immer daran, dass er eine betagte Konstruktion ist. Auch ein Aufstellmoment durch den Kardanantrieb ist als Nachhall aus vergangenen Zeiten noch leise spürbar. Aber die V7 Sport ist eine sehr angenehme Begleiterin mit früh anliegendem Drehmoment und einer für ihre Verhältnisse erstaunlichen Handlichkeit. Genau das macht ihre Faszination aus. Für mich ist die Sport die beste V7 aller Zeiten.