LKW-Maut: Bund fordert vom Konsortium über 5,1 Milliarden Euro
Die geforderte Summe setzt sich zusammen aus Einnahmeausfällen, Vertragsstrafen und 500 Millionen für "weitere Verstöße" zusammen. Der Bund wirft den Maut-Partnerunternehmen arglistige Täuschung vor.
Die Bundesregierung fordert vom Toll-Collect-Konsortium Zahlungen in Höhe von mehr als 5,1 Milliarden Euro. Minister Manfred Stolpe habe heute dem Schiedsgericht die Klagebegründung für das Schiedsverfahren gegen die Firmen DaimlerChrysler Financial Services AG, Deutsche Telekom AG und Toll Collect GbR übermitteln lassen, teilt das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen (BMVBW) mit. In der fast 500 Seiten umfassenden Klageschrift fordert das Ministerium den finanziellen Ausgleich von Einnahmeausfällen in Höhe von etwa 3,5 Milliarden Euro, die dem Bund durch die um sechzehn Monate verspätete Einführung der streckenbezogenen LKW-Maut entstanden seien. Zusätzlich macht die Regierung Vertragsstrafen in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro sowie weitere Forderungen aus dem Betreibervertrag geltend. Wegen weiterer Verstöße seit Einleitung des Verfahrens habe sich die im September 2004 voläufig auf 4,6 Milliarden Euro bezifferte Forderung inzwischen auf 5,1 Milliarden Euro erhöht.
Auch nach Einschätzung des BMVBW sieht der Betreibervertrag für einen verspäteten Start der LKW-Maut nur eine gemessen am Schaden "minmale Vertragsstrafe" vor. Darin habe das Konsortium offentlichlich einen "Freibrief für beliebige Vertragsverletzungen" gesehen, kritisiert das Ministerium. Kraft Gesetzes könne die Haftung für vorsätzliches Handeln jedoch nicht ausgeschlossen werden. Die Konsortialunternehmen hätten den Bund getäuscht, indem sie ihre Zusagen zu den Terminen der Inbetriebnahme des Systems teils "in Kenntnis der Verzögerungen" und teils "ohne hinreichende Grundlage ins Blaue hinein" -- also "arglistig" --, abgegeben hätten. Überdies hafteten die Unternehmen aus einer Garantieerklärung unabhängig von jedem Verschulden.
Zusätzlich zu der um sechszehn Monate verspäteten Mauteinführung häten die Beklagten in einer großen Zahl von Fällen "bewusst und systematisch" Pflichten aus dem Vertrag verletzt. Hierfür sehe der Betreibervertrag zum Teil erhebliche Vertragsstrafen vor. Nach Einschätzung der Bundesregieurng sind inzwischen Strafen in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro angefallen. Zugleich ließ Minister Stolpe erklären, dass im Interesse der nach dem Neuanfang im April 2004 "gewachsenen konstruktiven Zusammenarbeit" mit Toll-Collect die Klärung der "belastenden Vorgeschichte notwendig" sei. Die Klage erfolge auf der Grundlage eines von beiden Seiten vereinbarten Schiedsverfahrens.
Zur satellitengestützten LKW-Maut in Deutschland siehe auch: (ssu)
- Nun doch ein Vorzeigeprojekt -- Das LKW-Mautsystem soll zum Exportschlager werden, c't 2/05, S. 68
- Verursacherbedingt verspätet -- Das "fortschrittlichste Mautsystem der Welt" und die Realität, c't 22/03, S. 92
- Ausgebremste Automatik -- Das Kreuz mit der satellitengestützten Lkw-Maut, c't 21/2002, S. 60
- Vor 10 Jahren: Autobahnmaut mit GSM und GPS
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