US-Senatoren bringen Gesetz gegen "Breitband-Maut" neu ein

Der Demokrat Byron Dorgan und die Republikanerin Olympia Snowe haben ihren Entwurf für einen Internet Freedom Preservation Act neu in den US-Kongress eingebracht, mit dem sie die Netzneutralität gesetzlich verankern wollen.

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Der Demokrat Byron Dorgan und die Republikanerin Olympia Snowe haben ihren Entwurf für einen Internet Freedom Preservation Act (PDF) neu in den US-Kongress eingebracht. Mit dem Vorstoß wollen die beiden Senatoren das Prinzip der Netzneutralität gesetzlich verankern, der zufolge das Internet auch im Breitbandzeitalter allen Interessierten ohne künstliche Unterscheidungen etwa bei der Zugangsgeschwindigkeit offen zur Verfügung stehen soll. Der Gesetzesentwurf will es Breitbandanbietern untersagen, den Zugang zu bestimmten Inhalten zu blockieren. Die Netzbetreiber würden auch daran gehindert, spezielle Vereinbarungen mit Inhalteanbietern für die schnellere oder garantierte Übertragung ihrer Daten abzuschließen. Zudem müssten sie einen reinen Breitbandanschluss ohne Bündelangebote zur Verfügung stellen. Die Unterstützer des Gesetzesvorschlags, zu denen im Lager der Demokraten auch Parteiprominente wie die Senatoren John Kerry, Hillary Clinton oder Barack Obama gehören, wollen so ein "Zwei-Klassen-Internet" verhindern.

Sollten künftige Hochgeschwindigkeitsnetze den Datenverkehr nicht mehr unterschiedslos behandeln, "würde die Funktionsweise des Internet fundamental verändert und die demokratische Natur des Internet gefährdet ", erklärte Dorgan seine erneute Initiative. Das Netz habe sich gerade deswegen zu einer "robusten Wachstumsmaschine" entwickelt, weil darüber "jeder mit einer guten Idee sich mit Konsumenten vernetzen und auf einem offenen Spielfeld mit anderen in Wettbewerb treten kann". Diese Freiheiten müssten bewahrt werden. Snowe bezeichnete die Wiedereinführung des Vorschlags zugleich als erneutes Signal, dass das Schicksal des Internet "in den Händen seiner Nutzer und nicht in denen einiger weniger Gatekeeper liegt." Die Zeichen stünden damit schlecht für alle, die das Internet in einen mautpflichtigen "Super-Highway" verwandeln wollen.

Die Republikanerin ist in ihrer Partei eine der wenigen Befürworter der Festschreibung des Prinzips eines offenen und neutralen Internet. Ihr gemeinsam mit Dorgan unternommener Vorstoß im Senat war in der vergangenen Legislaturperiode im Wirtschaftsausschuss gescheitert und nicht zur Abstimmung im Plenum gekommen. Weitere Bemühungen von Demokraten zur gesetzlichen Verankerung eines starken Netzneutralitätsprinzips im Repräsentantenhaus prallten im vergangenen 109. US-Kongress ebenfalls am Widerstand der Republikaner ab. Auch hier zeichnet sich aber eine Neuauflage der gesetzgeberischen Initiative ab.

Großen US-Breitbandanbietern und einigen europäischen Carriern wie der Deutschen Telekom geht es seit längerem darum, für den Aufbau ihrer Hochgeschwindigkeitsnetze Inhalteanbieter für die zugesicherte oder besonders rasche Übertragung von Daten zur Kasse zu bitten. Verfechter strenger gesetzlicher Netzneutralitätsregeln wie Amazon.com, eBay, Google, Microsoft oder Yahoo fürchten dagegen, dass neue Geschäftsmodelle durch ein Mehrklassennetz behindert und innovativen jungen Netzfirmen Steine in den Weg gelegt werden sollen. Die bunt zusammen gewürfelte Vereinigung Save the Internet lobte in einer ersten Reaktion in diesem Sinne die Entscheidung von Dorgan und Snowe. Ihrer Ansicht nach hat die US-amerikanische Öffentlichkeit ein "überwältigendes Interesse daran, dass das Gesetz verabschiedet wird". Nur so bleibe der Online-Marktplatz für Ideen offen und lebendig.

Einen ersten Etappensieg hatten die Befürworter der Netzneutralität bereits vor knapp zwei Wochen mit der mehr oder weniger erzwungenen Zusage des US-Telekommunikationsgiganten AT&T erreicht, im Rahmen der Genehmigung der Übernahme des ehemaligen Konkurrenten BellSouth zwei Jahre lang auf die Einführung einer "Breitband-Maut" zu verzichten. Dieses temporäre Zugeständnis reicht US-Verbraucherschutzorganisationen aber nicht aus. Sie sehen den Gesetzgeber in der Pflicht, dauerhaft zu verhindern, dass sich künftig nur noch wohlhabende Konsumenten einen schnellen Internetzugang leisten können. Der Internet Freedom Preservation Act sei daher der folgerichtige nächste Schritt.

Der US-Breitbandanbieter Verizon Communications hat den Gesetzesvorschlag dagegen scharf kritisiert. Man unterstütze die Rechte der Kunden zu einem "vollen Internetzugang", aber der Entwurf würde der Breitbandausbreitung Steine in den Weg legen, hieß es bei dem Konzern. "Netzneutralität – besser zu bezeichnen als Netzregulierung – versucht ein Problem zu lösen, das gar nicht existiert", meint Peter Davidson, der bei Verizon für die Pflege der Beziehungen zur US-Bundesregierung zuständig ist. Er hofft, dass sich die Politikmachenden letztlich allein auf die stärkere Versorgung der Bevölkerung mit Breitband konzentrieren. Randolph May, Präsident der konservativen Denkfabrik The Free State Foundation, bezeichnete den Vorstoß als "falschen Schritt rückwärts". Damit würden den Telcos noch mehr Regulierungsbestimmungen auferlegt als mit dem AT&-T-Zugeständnis.

Zum Thema Netzneutralität siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)