"Killerspiel"-Verbot schreckt Programmierer ab

Die Computerspieleentwickler in Deutschland rechnen mit einer Abwanderung der Hersteller ins Ausland, sollten Herstellung und Vertrieb so genannter Killerspiele verboten werden.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 774 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Peter König

Bei einem Verbot der Herstellung und des Vertriebs so genannter Killerspiele rechnet die Branche der Computerspieleentwickler in Deutschland mit einer Abwanderung der Hersteller. "Es gibt einige Entwickler, die bereits überlegen, wegen der schlechter werdenden Rahmenbedingungen ins Ausland zu gehen", zitiert der Tagesspiegel den Geschäftsführer der Berliner Games Academy, Thomas Dlugaiczyk. Die Games Academy ist eine Ausbildungsstätte für Computerspieleentwickler, und ihr Chef befürchtet, die Branche werde künftig einen Bogen um Deutschland machen. Als Beispiel führt die Zeitung die deutsche Firma Crytek an – deren Inhaber Cevat Yerli soll damit gedroht haben, seine Firma werde Deutschland verlassen, falls ihr neuer Science-Fiction-Shooter "Crysis" in Deutschland nicht in den Handel kommen darf.

Wenig überraschend sind auch die Vertreiber von Computerspielen gegen eine Verschärfung der Jugendschutzbestimmungen. Man begrüße zwar sinnvolle Regelungen, sagte Ubisoft-Sprecher Niels Bogdan dem Tagesspiegel, "aber der aus Bayern eingebrachte Entwurf schießt über das Ziel hinaus." Eine ganz ähnliche Formulierung war letzte Woche bereits vom Deutschen Kulturrat zu hören, der zu bedenken gab, dass die Freiheit der Kunst auch für Computerspiele gelten müsse. Eine Argumentation, die sich auch der Bundesverband interaktive Unterhaltungssoftware zu Eigen gemacht hat: Sein Geschäftsführer Olaf Wolters hält laut Tagesspiegel ein Verbot von bestimmten Computerspielen wegen der hierzulande geltenden Kunst- und Berufsfreiheit für unvereinbar mit der Verfassung. Sein Verband signalisert zwar in einer Stellungnahme zum Sofortprogramm von Familienministerin von der Leyen "zum wirksamen Schutz von Kindern und Jugendlichen vor extrem gewalthaltigen Computerspielen" die grundsätzliche Bereitschaft zur Mitarbeit bei der Verbesserung des Jugendmedienschutzes. Grenzen zu ziehen, sei aber kaum möglich, äußerte Wolters gegenüber dem Tagesspiegel – "selbst die Moorhuhn-Jagd ist gewalthaltig".

Den viel diskutierten, von Bayern eingebrachten und von Niedersachsen unterstützten Antrag auf Verschärfung des Jugendschutzgesetzes und über die Aufnahme eines gesonderten Paragraphen zu so genannten Killerspielen ins Strafgesetzbuch verwies der Bundesrat am Freitag zur weiteren Verhandlung in die Ausschüsse. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen hatte dagegen vergangene Woche gemeinsam mit ihrem nordrhein-westfälischen Amtskollegen Armin Laschet (beide CDU) angekündigt, dass Bund und Länder Kinder und Jugendliche besser vor Killerspielen schützen wollen. Anders als bei der bayerischen Gesetzesinitiative gehen sie aber nicht den Weg über das Strafgesetzbuch, sondern planen, bis zum Jahresende die Kriterien im Jugendschutzgesetz für die Beurteilung von Gewaltszenen bei Computerspielen zu verschärfen.

Siehe zu dem Thema auch: