Hickhack um öffentlich-rechtliche Online-Angebote kennt keine Sommerpause

Auch das Sommerloch nutzen die Interessenvertreter, um Stimmung in Sachen Rundfunkstaatsvertrag zu machen. Die Verbraucherschützer sind gegen Auflagen für ARD und ZDF im Netz, den privaten Medienunternehmen können die gar nicht streng genug sein.

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Noch ist der neue Rundfunkstaatsvertrag, der unter anderem die Online-Zukunft der öffentlich-rechtlichen Sender regeln soll, nicht in trockenen Tüchern. Das nutzen die verschiedenen Interessenvertreter, sich auch im Sommerloch zu positionieren. So melden sich die Verbraucherschützer erneut zu Wort und fordern die Länderparlamente auf, ihren Einfluss geltend zu machen. "Die Länderparlamente müssen im parlamentarischen Verfahren zum 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag eine Politik zu Lasten der Gebührenzahler verhindern", erklärte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Nach derzeitigem Beratungsstand des Staatsvertrages sollen textbasierte Online-Informationen der Öffentlich-Rechtlichen nur noch zulässig sein, soweit sie an bestimmte Sendungen gekoppelt sind. Die Verbraucherschützer sehen darin auch eine unnötige Einschränkung der Bürger, deren Gebühren die Inhalte finanziert haben und die dafür das Anrecht auf "ein unabhängiges, frei zugängliches Angebot" hätten. Zudem werde die Akzeptanz der öffentlich-rechtlichen Sender gerade bei jungen Zuschauern durch solche "Fußfesseln" untergraben, wie der vzbv zusammen mit dem DGB und dem Deutschen Kulturrat im Juni gewarnt hatte. Nach Ansicht der Kritiker dürfen ARD und ZDF im Internet auch nach dem jüngsten Entwurf noch genug.

Mit ihrem jüngsten Vorstoß reagierten die Verbraucherschützer auf die Zeitungsverleger, die ARD und ZDF im Netz "massiv beschränken" – so der vzbv – wollen. Der Bundesverband der deutschen Zeitungsverleger (BVDZ) hatte auf seiner Jahrespressekonferenz am gestrigen Dienstag in Berlin die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Zurückhaltung im Netz aufgefordert. Zwar gehe der von den Ministerpräsidenten bearbeitete Entwurf des Staatsvertrags in die richtige Richtung, doch gebe es "beim beabsichtigten Ausschluss von presseähnlichen Textangeboten noch Lücken", sagte BDZV-Hauptgeschäftsführer Dietmar Wolff. "Wir werden mit Argusaugen darauf achten, dass ARD und ZDF presseähnliche Angebote nicht durch die Hintertür zum Publikum bringen".

Diese Hintertür haben auch die privaten Fernsehsender genau im Auge. Der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) mahnte am Montag, das ZDF wolle über eine Neuausrichtung des Digitalsenders ZDFdokukanal in einen Familiensender "ein zweites unterhaltendes Vollprogramm" etablieren – schon jetzt seien dort nicht nur Reportagen und Dokumentation zu sehen, sondern auch fiktionale Formate. "Man scheut sich offenbar nicht, mit dem Einstampfen des Doku-Kanals noch eines der letzten echten Grundversorgungselemente des ZDF zu schleifen", meint VPRT-Vizepräsident Tobias Schmid. Das widerspreche den Bestrebungen der EU-Kommission, die digitalen Spartenkanäle aus den Bereichen Kultur, Bildung und Information endlich präziser einzugrenzen und Wettbewerbsverstöße zu verhindern.

Mit der EU-Kommission muss der von den Ministerpräsidenten abgenickte Entwurf noch abgestimmt werden. Denn die Brüsseler Bedenken, ein mit Gebührengeldern gestütztes Online-Angebot der Öffentlich-Rechtlichen könne gegen EU-Recht verstoßen, waren der Ausgangspunkt des ganzen Verfahrens. Eventuelle Änderungswünsche der Kommission dürften in einen endgültigen Entwurf einfließen, mit dem sich dann die Länderparlamente befassen müssen. Auf die setzen nun die Verbraucherschützer. "Wir sind guter Dinge, dass die Länderparlamente den Vertrag nicht einfach durchwinken werden", erklärte vzbv-Vorstand Gerd Billen.

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(vbr)