Kein Ende in Sicht beim Prozess Ex-Internetunternehmer Alexander Falk

Seit Anfang Dezember 2004 verhandelt die Wirtschaftsstrafkammer des Hamburger Landgerichts gegen den früheren Internetunternehmer Alexander Falk und Ex-Manager seiner Firmen. Der Hauptvorwurf der Anklage: Betrug.

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Von
  • Kai Portmann
  • dpa

Am 147. Prozesstag flüchtete sich Richter Nikolaus Berger in den Galgenhumor. "Beschleunigungsgebot – man traut sich ja kaum noch, nach drei Jahren und eineinhalb Monaten das Wort in den Mund zu nehmen", sagte er. Seit Anfang Dezember 2004 verhandelt die Wirtschaftsstrafkammer des Hamburger Landgerichts unter Bergers Vorsitz gegen den früheren Internetunternehmer Alexander Falk und Ex-Manager seiner Firmen. Der Hauptvorwurf der Anklage: Betrug. Das Gericht sieht sein Beweisprogramm lange abgearbeitet. Doch eine neue Flut von Anträgen der Falk-Verteidiger verhindert bisher, dass der Staatsanwalt mit seinem Plädoyer beginnen kann. Ob er das am kommenden Montag, dem 148. Prozesstag, schaffen wird, ist fraglich.

Die Prozessmaterie im größten Wirtschaftsverfahren der Hamburger Geschichte ist in der Tat kompliziert. Der 38-jährige Falk und vier ehemalige Mitstreiter sollen den Wert der Internetfirma Ision durch Scheingeschäfte in die Höhe getrieben und somit bei deren Verkauf an die britische Energis im Jahr 2000 einen überzogenen Preis kassiert haben. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Schaden auf mindestens 46,7 Millionen Euro. Doch selbst das Gericht glaubt inzwischen, dass ein Schaden nicht mit Sicherheit festzustellen ist. Verdächtig hält sie Falk daher nur noch des versuchten Betrugs.

Die Verteidiger des einstigen Börsenlieblings aber sehen noch nicht einmal einen Versuch des Betrugs – und kämpfen für einen Freispruch. "Wir werden weitere Anträge stellen. Wir sind der Meinung, dass manche Dinge noch nicht aufgeklärt sind", sagt Anwalt Thomas Bliwier. Auch mit Blick "auf die mit Sicherheit stattfindende Revision" müssten alle Hausaufgaben erledigt und auch weitere Zeugen vernommen werden.

An vielen Verhandlungstagen hat Bliwier allein an der Seite seines Mandanten gesessen. Mittlerweile hat Falk wieder drei Verteidiger um sich. Im Trommelfeuer ihrer Anträge scheinen sie selbst bisweilen den Überblick zu verlieren. Als einer aus dem Trio einen Beweisantrag vorträgt, der Falks Unschuld im Anklagepunkt der Steuerhinterziehung belegen soll, unterbricht ihn Richter Berger. Das Verfahren in diesem Fall habe das Gericht schon eingestellt, klärt der Kammervorsitzende den jungen Anwalt auf.

Mit der Antragsflut, die den Prozessabschluss verzögert, stoßen Falks Verteidiger auch bei den Anwälten der übrigen vier Angeklagten kaum auf Gegenliebe. "Wir müssen hier mal zu einem Ende kommen", fordert einer aus ihren Reihen am 147. Verhandlungstag. Auf dem Gerichtsflur machen die Mitangeklagten und ihre Rechtsvertreter ihrem Unmut noch deutlicher Luft.

Die Staatsanwaltschaft hat die Linie von Falks Anwälten bisher nur zurückhaltend kritisiert. Es könnte zumindest der Anschein erweckt worden sein, "dass es der Verteidigung Falk darum geht, das Verfahren möglichst in die Länge zu ziehen", meint ein Vertreter der Anklage. Den Vorwurf der "Prozessverschleppung", auf dessen Grundlage ein Gericht – allerdings nach sehr strengen Kriterien – Anträge der Verteidigung ablehnen könnte, hat noch keiner der Prozessbeteiligten in den Mund genommen.

So dürfte die Pressestelle des Gerichts den Medien noch länger vor jeder Verhandlung den "vorsorglichen Hinweis" geben, dass im Falk- Prozess die Staatsanwaltschaft eigentlich ihr Schlusswort halten könnte – nicht ohne gleichzeitig zu warnen: "Ob es nun zum Plädoyer kommt, hängt allerdings weiterhin von dem Prozessverhalten der Verteidiger ab."

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(Kai Portmann, dpa) / (jk)