Ministerpräsidenten segnen Rundfunkstaatsvertrag ab

Die Länderfürsten beenden mit der Unterzeichnung des neuen Rundfunkstaatsvertrags heute in Berlin einen monatelangen Streit um die künftigen Grenzen der öffentlich-rechtlichen Sender im Netz.

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Nach langem Streit um neue Regeln für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und insbesondere dessen Aktivitäten im Internet haben die Ministerpräsidenten der Länder am heutigen Donnerstag in Berlin den zwölften Rundfunkstaatsvertrag unterzeichnet. Das Dokument soll den öffentlich-rechtlichen Sendern eine neue Geschäftsgrundlage geben. Dazu fehlt nur noch die Zustimmung der Länderparlamente, dann kann der neue Rundfunkstaatsvertrag zum 1. Juni 2009 in Kraft treten.

Mit dem neuen Regelwerk will Deutschland vor allem der Kritik der EU-Kommission am deutschen Rundfunksystem begegnen. Die für den Wettbewerb zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes hatte ein Missbrauchsverfahren wegen wettbewerbswidriger staatlicher Beihilfen für die Sender gegen die Auflage eingestellt, dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein klares Regelwerk zu geben.

Die neuen Regeln betreffen insbesondere die Online-Aktivitäten der Sender. Die von kommerziellen Medienunternehmen besonders gefürchteten "presseähnlichen Angebote" im Netz sind nun ausschließlich mit direktem Sendungsbezug erlaubt. TV-Sendungen müssen nach einer Frist von 24 Stunden bis sieben Tagen wieder von öffentlich-rechtlichen Websites verschwinden.

Sämtliche Online-Formate und neue Angebote müssen zudem in einem von den Sendern zu organisierenden Drei-Stufen-Test darauf überprüft werden, ob sie mit dem öffentlich-rechtlichen Auftrag der Sender übereinstimmen. Die Übergangsfrist, bis zu der auch bereits bestehende Angebote den Test absolvieren müssen, wurde von den Ministerpräsidenten von den im vorigen Vertragsentwurf genannten Stichtag Ende Dezember 2010 auf Ende August vorgezogen.

Kroes und die Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck (SPD), und Baden-Württemberg, Günther Oettinger (CDU), begrüßten die Unterzeichnung, mit der eine lange Diskussion über die Anwendung EU-rechtlicher Regelungen abgeschlossen werde. "Mit Inkrafttreten des zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrages steht die staatliche Finanzierung von ARD und ZDF mit dem EG-Beihilferecht im Einklang", sagte Kroes.

Die seit Monaten erbittert um jedes Komma des Vertragstextes streitenden Parteien sind mit dem schließlich gefundenen Kompromiss nicht hundertprozentig glücklich. Für die Blattmacher ist der Vertrag ein Schritt in die richtige Richtung. Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) begrüßte die Unterzeichnung zumindest insoweit, dass der neue Staatsvertrag eine "staatlich finanzierte Online-Presse" verhindere. Dem Vertragsschluss müssten "jetzt auch Taten der Beschränkung bei ARD und ZDF folgen", forderte Christoph Fiedler, medienpolitischer Leiter des Verbands.

Die ARD hat die Unterzeichnung "zur Kenntnis genommen". Der Sender bedauerte die Verkürzung der Übergangsfrist für den ohnehin ungeliebten Drei-Stufen-Test bestehender Angebote. "Dass jetzt sämtliche Telemedien nachträglich einem Drei-Stufen-Test unterzogen werden müssen, belastet die Gremien mit erheblichem Verwaltungsaufwand und die Landesrundfunkanstalten mit zusätzlichen Kosten", klagt ARD-Chef Fritz Raff. Ansonsten müsse man mit dem Kompromiss leben, meint Raff weiter, doch habe die ARD "auch einige Kröten zu schlucken".

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(vbr)