Drei Jahre Falk-Prozess: "Das geht nicht unbegrenzt"

Am 3. Dezember 2004 musste der ehemalige Börsenliebling Falk erstmals im Plenarsaal des Strafjustizgebäudes erscheinen. Der Vorwurf: Schwerer Betrug, Kursmanipulation und Steuerhinterziehung beim Verkauf der Internet-Firma Ision.

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Von
  • Kai Portmann
  • dpa

Seit Wochen wird darüber gesprochen. Immer wieder macht auf den Fluren des Hamburger Landgerichts die Nachricht die Runde, das es nun endlich so weit sein soll. Doch im bislang größten Wirtschaftsprozess der Hansestadt gegen den früheren Internetunternehmer Alexander Falk und vier Mitangeklagte ist auch nach drei Jahren und 140 Verhandlungstagen ein baldiges Ende nicht in Sicht. "Das Gericht geht (...) gegenwärtig davon aus, dass am kommenden Fortsetzungstermin, (...) die Staatsanwaltschaft ihren Schlussvortrag halten kann", hatte Richter Nikolaus Berger Ende Oktober mitgeteilt. Aber auch vier Wochen später beschäftigt sich das Gericht noch mit Anträgen der Verteidiger und vernimmt Zeugen.

Am 3. Dezember 2004 musste der ehemalige Börsenliebling Falk erstmals im Plenarsaal des Strafjustizgebäudes erscheinen. Die Anklagevorwürfe gegen den jetzt 38-Jährigen und Manager seiner Firmen: Schwerer Betrug, Kursmanipulation und Steuerhinterziehung. Falk, der Millionen-Erbe des väterlichen Stadtplan-Verlags – der nach dem Verkauf 1995 den Erlös in diverse Internetaktivitäten investierte und mit dem Verlag nichts mehr zu tun hat – und seine Mitstreiter sollen den Wert der Internetfirma Ision durch Scheingeschäfte in die Höhe getrieben und so bei deren Verkauf an die britische Energis im Jahr 2000 einen überzogenen Preis kassiert haben. Damals, in der Blüte der New Economy, hätte ja jeder "selbst eine Fritten-Bude gekauft, wenn nur 'Internet' darauf gestanden hat", meint ein Prozessbeteiligter.

Die Staatsanwaltschaft bezifferte den entstanden Schaden für den Ision-Käufer auf mindestens 46,7 Millionen Euro. Die Richter der Großen Strafkammer 20 sind aber von der Anklage schon lange einen Schritt abgerückt. Ein Schaden für die Energis lasse sich "nicht mit der erforderlichen Sicherheit", feststellen, um eine Verurteilung wegen vollendeten Betrugs zu rechtfertigen, betonen sie fast gebetsmühlenartig. Zuletzt im Oktober stellte das Gericht wieder fest, dass die Angeklagten jedoch wegen versuchten Betrugs verurteilt werden könnten.

"Das macht mich überhaupt nicht nervös", sagt Falk-Anwalt Thomas Bliwier. Den Betrugsvorwurf gegen seinen Mandanten, der im April 2005 unter Auflagen aus der U-Haft entlassen wurde, bezeichnet er als "Konstrukt". Bliwier sieht noch Aufklärungsbedarf etwa über die wahren Kaufmotive der schon lange insolventen Energis. Doch Beweisanträge zu stellen, "das geht nicht unbegrenzt", weiß auch er.

Das Gericht glaubt, sein Beweisprogramm abgearbeitet zu haben. Am 138. Verhandlungstag hat Richter Berger den Brief eines potenziellen Zeugen verlesen, der doch nichts zum Prozess beitragen konnte. Das Schreiben war auf Blatt 13.160 und 13.161 der Leitakte – der Akte, die nur die zwingend nötigen Unterlagen für den Prozess enthält. Ein Abschluss des Verfahrens vor dem Jahresende sei wohl nicht zu erwarten, meinen die Anklagevertreter. Klar ist bereits, dass mit einem Urteil des Landgerichts das letzte Wort im Falk-Prozess nicht gesprochen sein wird. Ob Freispruch oder Verurteilung – mindestens eine Seite wird Rechtsmittel einlegen. "Das Urteil wird keinen Bestand haben", sagt Verteidiger Bliwier. "Es soll niemand denken, dass dann Rechtsfrieden hergestellt ist."

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(Kai Portmann, dpa) / (jk)