Der Falk-Prozess vor dem Ende

Nach knapp dreieinhalb Jahren soll am kommenden Freitag das Urteil im größten Wirtschaftsprozess in der Geschichte der Hansestadt Hamburg verkündet werden,

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Von
  • Kai Portmann
  • dpa

Einigkeit herrschte nur selten im prächtigen Plenarsaal des Hamburger Landgerichts. Seit Anfang Dezember 2004 verhandelt die Wirtschaftsstrafkammer unter Richter Nikolaus Berger hier gegen den früheren Internetunternehmer Alexander Falk und Ex-Manager seiner Firmen. Betrug in einem besonders schweren Fall, lautet der Hauptvorwurf der Anklage. An diesem Freitag nun soll das Urteil im größten Wirtschaftsprozess in der Geschichte der Hansestadt verkündet werden, nach offizieller Zählung am 157. Tag. Doch eigentlich sei es der 158. Sitzungstag, hat eine beteiligte Juristin akribisch nachgerechnet – eine kleine Kontroverse am Rande, doch typisch für ein Verfahren, in dem auch die Ansichten über die Schuld des Hauptangeklagten nicht widersprüchlicher sein könnten.

Der 38-jährige Falk, einst Erbe des väterlichen Stadtplan-Verlags, und vier ehemalige Mitstreiter sollen auf der Höhe des Internetbooms den Wert der Firma Ision durch fingierte Umsätze geschönt und somit bei deren Verkauf an die britische Energis im Jahr 2000 einen überhöhten Preis kassiert haben. Auf gut 37 Millionen Euro beziffert die Staatsanwaltschaft den Schaden, fünf Jahre und neun Monate Haft fordern die Ankläger für Falk.

Dieser Antrag sei "außerhalb jeder Vorstellung und nicht Wert, kommentiert zu werden", meint dagegen Falks Verteidiger Thomas Bliwier. Er hält die Vorwürfe gegen seinen Mandanten für eine "fixe Idee" und verlangt einen Freispruch. Dass er den aber wohl nicht bekommen wird, ist Bliwier klar. Denn das Gericht nimmt eine dritte Position ein: Berger und seine Kollegen haben immer wieder deutlich gemacht, bei Falk und den Mitangeklagten von einem Betrugsversuch auszugehen. Irgendwo in der Mitte zwischen den Forderungen von Anklage und Verteidigung könnte der Schuldspruch somit liegen.

Nicht nur für Falk-Anwalt Bliwier steht schon vor der Urteilsverkündung fest, "dass die Sache ins Rechtsmittel geht". Der Hauptangeklagte selber, der während des Verfahrens 22 Monate lang in Untersuchungshaft saß und dann unter Auflagen davon verschont wurde, macht schon seit Monaten deutlich, dass er das Verfahren vor dem Landgericht nur als eine erste Station sieht. Kam Falk anfangs noch stets im Anzug zur Verhandlung und hielt Vorträge zu seiner Verteidigung, so erscheint der 38-Jährige inzwischen meist zu spät und nur noch ganz leger in Jeans und Polo-Shirt, schweigt und vermittelt den Eindruck, als nehme er das alles nicht mehr so ernst.

75 Zeugen und zwei Sachverständige hat das Gericht in nun fast dreieinhalb Jahren gehört, um die Anklagevorwürfe bewerten zu können. Die Leitakte, die nur die wichtigsten Dokumente enthält, ist auf weit mehr als 13.000 Seiten angeschwollen. Der erfahrene Richter Berger hat das Verfahren sachlich geführt. Auch als Falks Medienberater Hans-Hermann Tiedje, der frühere "Bild"-Chefredakteur, Ende Januar in einem Gastkommentar in der Financial Times Deutschland wütend gegen das Gericht polemisierte und darauf sogar der sonst zurückhaltende Hamburger Richterverein empört reagierte, schwieg Berger dazu. Den letzten Verhandlungstag vor dem geplanten Urteil beendete er gewohnt unspektakulär. "Dann wird die Hauptverhandlung unterbrochen bis zum kommenden Sitzungstag", sagte er.

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(Kai Portmann, dpa) (anw)