Islamistische Extremisten und der US-Präsidentschaftswahlkampf

Aus unbekannten Gründen sind viele al-Qaida zugerechnete Internetforen nicht mehr online. In aktiven Foren wird teilweise zur Unterstützung von John McCain aufgerufen: Er werde am ehesten den Krieg gegen den Terrorismus fortsetzen, der die USA schwäche.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Florian Rötzer

Al-Hesbah ist eine der noch bestehenden, passwortgeschützten Webseiten von al-Qaida oder ihr nahestehender Gruppen. Dort ist der Site Intelligence Group, die Webseiten von islamistischen Terroristen beobachtet, ein Posting aufgefallen, in dem dazu aufgerufen wird, in den US-Präsidentschaftswahlen den Republikaner John McCain zu unterstützen. Denn er werde wie der jetzige US-Präsident Bush am ehesten den Krieg gegen den Terrorismus fortsetzen, der die USA schwäche. Das Posting wird Muhammad Haafid zugeschrieben, der schon lange ein Mitglied in diesem Forum ist, aber wohl nicht direkt zu al-Qaida gehört. Al-Qaida habe die USA in eine Falle gelockt, heißt es in dem Posting, die ihre Ressourcen schwäche und seine Wirtschaft untergrabe. Ein Terroranschlag vor den Wahlen, so heißt es weiter, würde McCain nutzen, der als Präsident dann wieder einen "Rachefeldzug gegen al-Qaida" führen werde. Dem Terrornetzwerk werde es dann gelingen, "Amerika auszulaugen".

Adam Raisman von der Site Intelligence Group ist der Überzeugung, dass dieses Posting die Haltung der islamistischen Extremisten darstelle, wie sie auch auf anderen Seiten zum Ausdruck gekommen sei. "Die Vorstellung in den Dschihad-Foren ist", meint Raisman zur Washington Post, "dass McCain ein treuer 'Sohn von Bush' ist." McCain als "Kriegstreiber" wäre daher besser geeignet als Barack Obama, um den Krieg gegen den Terror weiterzuführen.

Einige Tage vor den vorherigen Präsidentschaftswahlen hatte bin Laden eine Videobotschaft veröffentlicht und weitere Anschläge auf die USA angekündigt. Ob dies die Wiederwahl von Bush begünstigt hat, ist fraglich. In Spanien jedoch haben die Anschläge auf die U-Bahn vor den Wahlen zum Sturz der konservativen Aznar-Regierung beigetragen. Bislang haben sich bin Laden oder Sawahiri nicht zu den Präsidentschaftswahlen geäußert. Terrorismusexperte Bruce Hoffman ist der Meinung, dass es für al-Qaida höchst attraktiv sei, "den neuen Präsidenten zu testen oder uns zu treffen, wenn wir aus dem Gleichgewicht sind".

Webseiten, über die al-Qaida-bezogene Informationen verbreitet wurde, sind zum großen Teil seit einiger Zeit nicht mehr erreichbar. In Medien wird diskutiert, ob hinter der Schließung der Foren die US-Geheimdienste stehen, die so die Kommunikation unterbinden wollen. Andere weisen darauf hin, dass es den Betreibern aufgrund der intensiven Überwachung zu gefährlich geworden sein könnte. Die Bedeutung der al-Qaida-Foren sei zudem überschätzt worden, sagen andere (siehe dazu in Telepolis: Dschihadis down, Panik in den Foren).

Zum US-Präsidentschaftswahlkampf siehe auch:

(fr)