Elektroautos, Verbrenner und PHEV: Sind Plug-in-Hybride ein Irrweg?

Plug-in-Hybride entzünden die Gemüter fast so sehr wie Elektroautos, wenn auch aus anderen Gründen. Gibt es Auswege aus dem reinen Steuer-PHEV?

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Mercedes S-Klasse PHEV

Mercedes baut in die S-Klasse einen ungewöhnlichen Plug-in-Hybrid: Die Batterie ist vergleichsweise groß, die Aufladung klappt auch mit Gleichstrom.

(Bild: Daimler)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

Um viele Plug-in-Hybride am Markt zu verstehen, müssen wir kurz die Gründe wiederholen, aus denen sie entstanden. Wer das schon weiß, kann die ersten beiden Absätze skippen. Also, die deutsche Autoindustrie hat sich Unterstützung gewünscht und sie wie so oft erhalten: PHEV werden nicht nur mit steuerfinanzierten Anschaffungsprämien gefördert, sondern der vom Dienstwagenfahrer zu versteuernde, geldwerte Vorteil bei der Pauschalregelung sank von 1 auf 0,5 Prozent des Bruttolistenpreises. Für viele Dienstwagenfahrer bedeutet das schlicht, dass sie für weniger zu versteuernden, geldwerten Vorteil ein deutlich zugkräftigeres Auto fahren dürfen. Entsprechend groß war die Nachfrage nach den PHEV-Varianten des BMW 5ers oder der Mercedes-Benz E-Klasse.

Plug-in-Hybride

Wer nur privat gekaufte Autos fährt, weiß es vielleicht nicht, doch die weitaus meisten Neufahrzeuge in Deutschland sind seit jeher Firmenzulassungen. In 2019 waren zum Beispiel 65,4 Prozent der Neuwagen gewerbliche Zulassungen. Die Fahrzeughersteller konzentrieren sich daher nicht auf Privatkäufer, sondern zunächst auf diesen Hauptmarkt. Bei einem Dienstwagen mit pauschal zu versteuerndem Privatanteil hat es sich zudem vielerorts etabliert, dass die Fuhrparkleitung Tankkarten verteilt. Die Firma zahlt dann den Treibstoff.

Heute erhielt ich einen Leserbrief eines privaten PHEV-Kunden, der mir vorrechnete, wie wenig Sprit er verbrannt habe. Strom kam nicht vor, als sei er kostenlos. In der Praxis stimmt eher das Gegenteil: Der Treibstoff ist für den Fahrer kostenlos. Strom muss er eher selber bezahlen, von löblichen Ausnahmen abgesehen, bei denen auf dem Firmenparkplatz Ladepunkte stehen, die Strom von der Photovoltaikanlagen auf dem Dach bereitstellen.

Wenn also gegen PHEV-Fahrer gewettert wird, dann gern mit der süffisanten Implikation, diese Menschen wären blöd. Sind sie jedoch nicht. Die meisten großen PHEV fahren ohne jede Aufladung ganz schön. Den Sprit zahlt die Firma. Mit Aufladung rein elektrisch fahren PHEV nicht besonders weit, im Winter vielfach unter 30 Kilometer. Für einen Großteil der Firmenwagenpendler hieße das: Für einen elektrischen Betrieb mit dem deutschen Durchschnitt von 17 km Entfernung zum Arbeitsplatz müsste der Benutzer zweimal am Tag stecken, einmal an der Firma, einmal daheim. Wenn dann auch noch kein festes Kabel am Ladepunkt der Firma hängt, nervt das unheimlich. Das macht daher vermutlich kaum einer.

Private Käufer erleben dann den Doppelwhopper: Mit Strom fahren kostet vor allem im Winter häufig mehr als tanken, weil die elektrischen Verbräuche und der deutsche Strompreis so hoch sind. Die Menschen, die nicht laden, sind also nicht blöd, sondern verhalten sich ökonomisch sinnvoll. Nicht die Menschen sind blöd, sondern das Konzept ist blöd.

Denn was wollte der Staat für sein Förder-Geld? Decarbonisierung. Beim PHEV hängt die jedoch rein am Benutzer, und für den gab es bisher kaum Anreize, elektrisch zu fahren. Vielleicht "elektrisch macht Spaß". Vielleicht "dann muss ich fast nie zur weit entfernten Tankstelle". Die große Mehrheit fuhr jedoch gewerblich. Warum kauft eine Firma denn Autos? Aus demselben Grund wie alle Maschinen: Damit sie beim Geld verdienen helfen. Das tun sie dann am besten, wenn sie möglichst gut ausgelastet sind. Wozu ein 5er, wenn er am Tag unter 30 km laufen soll?

Doofes Konzept: zweimal am Tag mit dem Kabel fummeln dafür, dass ich am Ende mehr bezahle als einmal in der Woche beim Tanken

(Bild: Clemens Gleich)

Aus allen diesen Gründen liegt die vom Staat gewünschte CO2-Einsparung weit, weit unter dem Potenzial. Ein Automobil-Manager sagte kürzlich in einem Vortrag, er gehe fest davon aus, dass die staatliche Förderung für PHEV bald fallen wird. Sie ist dem Volk (das die Sache bezahlen muss) mit den aktuellen Parametern schwer länger verargumentierbar.

Trotz dieser Lage bekennen sich die deutschen Autohersteller zum PHEV. Tatsächlich glaube auch ich, dass diese Fahrzeugart durchaus einen Platz in einem vernünftigen Verkehrskonzept einnehmen kann. Kurierdienste. Lieferverkehr. Firmenreisende. Die ganze Gruppe der beruflichen Vielfahrer fällt hier hinein, sobald regelmäßige Tagestouren gewisse Werte von Schnitt, Ladeinfrastruktur entlang der Route und Gesamtdistanz überschreiten. Was dem PHEV jedoch bleibt, ist der Status einer Brückentechnik. Ein Auto, das auf der Langstrecke fossile Brennstoffe als Energieträger braucht, kann nicht Teil der langfristig nötigen Kreislaufwirtschaft sein. E-Fuels gibt es noch nicht.