Billion-Euro-Baby: Welche Auswirkung hat der Green Deal auf die Autoindustrie?

Mit aberwitzigen Summen soll die Wirtschaft ressourcenschonend umgebaut werden. Damit sollen aber auch Arbeitsplätze in der deutschen Autoindustrie entstehen.

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Stefan Bilger

Wie soll sich der Green Deal auf die Autoindustrie auswirken?

(Bild: h/o Archiv)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Christian Domke Seidel
Inhaltsverzeichnis

Wie Fantasiezahlen muten die Gelder an, mit denen die Europäische Union versucht, die Wirtschaft zu ändern. Grüner soll sie werden, CO2-neutral und nachhaltiger. Unter dem Begriff "Green Deal" soll mit aberwitzigen Beträgen Wachstum und ein Übergang zu einer ressourcenschonenden Wirtschaft geschaffen werden. Das betrifft auch die Mobilität und damit ein Autoland wie Deutschland.

Ursula von der Leyen (CDU), Präsidentin der Europäischen Kommission, hat das Mammutprojekt bereits als Europas "Mann-auf-dem-Mond-Moment" bezeichnet.

Bei Ökonomen gibt es eine Faustregel: Eine staatliche Investition von einer Milliarde Euro schafft rund 10.000 Arbeitsplätze. Es ist kein Gesetz, es ist eine Faustregel. Es gibt kapitalintensivere Sektoren und die Ausgaben müssen zielgerichtet sein, doch als simple Faustregel mag diese Rechnung aufgehen. In diesem Zusammenhang muten die Zahlen der Europäischen Union an wie ein riesiges Arbeitsbeschaffungspaket.

Mindestens (!) eine Billion Euro sollen es bis zum Jahr 2050 sein. Doch Ökonomen haben eine zweite Faustregel: Staatlichen Investitionen folgen private Investitionen. Das bedeutet, dass Unternehmen dort ihr Geld anlegen, wo es auch der Staat tut. Ein Effekt, auf den auch Ursula von der Leyen hofft, wenn sie sagt: "Der Green Deal bringt bedeutenden Investitionsbedarf mit sich, den wir in Investitionschancen verwandeln. Der von uns vorgelegte Plan zur Mobilisierung von mindestens einer Billion Euro zeigt den Weg auf und wird eine Welle grüner Investitionen auslösen."

Alle Industrien und Wirtschaftsbereiche in ganz Europa stehen dabei auf dem Prüfstand. Die Bau- genauso wie die Landwirtschaft, die Energieproduzenten genauso wie die produzierende Industrie. In Deutschland stehen die Automobilindustrie und die Verkehrspolitik dabei besonders im Fokus. Denn hier wird der globale Automarkt entscheidend mitgeprägt, hier werden Flugzeuge und Züge gebaut und Teile dafür entwickelt und hergestellt. Doch genau diese Schlüsselindustrie steht wegen der geplanten Investitionen vor einer enormen Veränderung.

Green Deal und die Autoindustrie (4 Bilder)

Sollen sie halt Mäntel tragen: Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) im Kampf gegen Wetter und Klimawandel.
(Bild: BMVI)

Für jeden Wirtschaftssektor hat sich die EU eigene Ziele gesteckt. In der Mobilität sehen diese unter anderem so aus: Bis 2030 sollen in Europa 30 Millionen lokal emissionsfreie Pkw unterwegs sein, der Hochgeschwindigkeitsbahnverkehr soll sich verdoppelt haben und emissionsfreie Schiffe marktreif sein. Im Jahr 2035 sollen dann emissionsfreie Großflugzeuge folgen. Im Jahr 2050 sollen (fast) alle Pkw, Lieferwagen und neue Lkw emissionsfrei sein und der Schienengüterverkehr soll sich verdoppelt haben.

Ein Umbruch, der im Moment schwer vorstellbar scheint. Denn derzeit taumelt die Wirtschaft. Ein struktureller Wandel dürfte schwerfallen. Entsprechend will auch Stefan Bilger (CDU), parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, den Green Deal auch nicht als reines Umwelt-Paket verstanden wissen. Vielmehr gehe es auch darum, sich für die Zukunft zu rüsten: "Dabei geht es aber nicht nur um Klimaschutz. Der Green Deal soll vielmehr die neue Wachstumsstrategie der EU sein – und zwar hin zu einer modernen, ressourceneffizienten und wettbewerbsfähigen Wirtschaft."

Die muss allerdings Erfolge vorweisen. Auch und gerade im Mobilitätsbereich. "Klimaneutralität bedeutet nach dem Green Deal eine Minderung der Treibhausgasemissionen des Verkehrsbereichs um 90 Prozent. Eine solche Minderung können wir nur erreichen, wenn alle Verkehrsträger dazu beitragen und alle zur Verfügung stehenden Technologien genutzt werden", erklärt Bilger.

Was das für die Autoindustrie konkret bedeute, stehe aktuell aber noch nicht fest. Aber: "Im Mittelpunkt steht vor allem der Straßenverkehr, der die meisten CO2-Emissionen verursacht. Hier will die Kommission Mitte des Jahres einen Vorschlag zur Verschärfung der CO2-Zielwerte für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge vorlegen. Auch wird sie die Zielwerte für schwere Nutzfahrzeuge überprüfen."