Billion-Euro-Baby: Welche Auswirkung hat der Green Deal auf die Autoindustrie?

Seite 2: Symmetrischer Schock erleichtert Hilfen

Inhaltsverzeichnis

Das Coronavirus hat einen sogenannten "symmetrischen Schock" ausgelöst. Dabei handelt es sich um eine Wirtschaftskrise, die alle Länder gleich hart trifft. Die Griechenland-Krise ist ein Beispiel für einen "asymmetrischer Schock". Ein Land hat es dabei besonders hart erwischt, während andere kaum betroffen waren. Bei einem symmetrischen Schock sitzen alle Regierungen im gleichen Boot, entsprechend schnell können Hilfen beschlossen werden. So auch auf EU-Ebene.

Die Europäische Union will den Schock nicht nur überwinden, sondern ihn auch nutzen, um die Weichen für einen Neustart so zu stellen, dass sie sich nachhaltiger aufstellt. "Next Generation EU" nennt sich das Paket. Bis 2027 sollen unter diesem Namen 750 Milliarden Euro ausgeschüttet werden. Mit dem Beschluss des mehrjährigen Finanzrahmens im Dezember 2020 ist dieser Topf auch schon genehmigt.

Damit hat auch Deutschland enorme finanzielle Möglichkeiten, um die Änderungen seiner Schlüsselindustrien voranzutreiben. Das mag Stellen schaffen, andere werden aber verloren gehen. Bilger gibt sich allerdings optimistisch: "Als Bundesregierung werden wir darauf achten, dass in unserem deutschen Klimakonzept ein Maßnahmenbündel zur Zielerreichung führt. Dabei muss auch auf den Erhalt von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung in Europa geachtet werden. Überhaupt sollten soziale Aspekte nicht vergessen werden. Ansonsten werden die ambitionierten Pläne keine Akzeptanz finden."

Ein zentraler Baustein ist dabei das Auto. "Natürlich steht die Automobilindustrie vor einem grundlegenden Wandel. Alternative Antriebe sind mittlerweile marktreif oder absehbar marktreif", gibt Bilger an. Und weiter: "Das Auto ist für sehr viele Menschen ein wichtiger Teil ihrer persönlichen Mobilität. Das wird sich auch in absehbarer Zukunft nicht grundlegend ändern. Was sich aber ändern wird, sind die Antriebstechnologien, die genutzten Kraftstoffe und auch die Rolle des Autos innerhalb unseres Alltags."

So würden Elektroautos und Fahrzeuge mit alternativen Kraftstoffen seiner Einschätzung nach zukünftig das Straßenbild prägen. Autonom seien sie unterwegs und "Bestandteil von digital gesteuerten Mobilitätsketten". In der Zukunft, die Bilger zeichnet, sind Autos "mobile Aufenthaltsräume, in denen wir ungestört arbeiten oder auch entspannen können."

Der Glaube daran, dass nicht mehr Arbeitsplätze verloren gehen als durch den Wandel der Wirtschaft gewonnen werden können, speist bei Bilger vor allem die Globalisierung: "Der Weltmarkt wächst, weil immer mehr Menschen sich ein Auto leisten können. Daher haben wir alle Chancen, viele Arbeitsplätze bei uns zu erhalten und neue aufzubauen."

Wie genau die deutsche Wirtschaft davon profitieren soll, lässt der parlamentarische Staatssekretär allerdings offen und setzt auf die Innovationskraft der Industrie selbst: "Die Digitalisierung des Verkehrs und der Klimaschutz werden sich so oder so auf die Struktur unserer Wirtschaft im Bereich der Mobilität auswirken. Wenn wir es klug anstellen, können wir Arbeitsplätze erhalten und neue schaffen. Stillstand wäre die größte Gefährdung für die Arbeitsplätze und Wertschöpfung in unserem Land und in Europa."

Wichtig ist Bilger in erster Linie die Abkehr von fossilen Kraftstoffen, weil diese "zu stark zur Klimaveränderung beitragen." Die Schlüsse, die er daraus zieht, sind allerdings wenig konkret: "Das wirkt sich auf die Struktur der Automobilindustrie und die Anforderungen an ihre Mitarbeiter aus. Wichtig ist es, den Wandel aktiv mitzugestalten. Deutschland muss bei den Zukunftstechnologien die führende Rolle einnehmen."

Die Befürchtung, dass individuelle Mobilität zukünftig ein Luxusprodukt sein könnte, das sich hierzulande nur noch eine Minderheit leisten könne, teilt Bilger indes nicht. Er verweist auf die Umweltprämie als Kaufanreiz und glaubt an sinkende Preise in der Zukunft: "Mittel- und langfristig soll aber der Kauf und Betrieb von klimafreundlichen Fahrzeugen nicht teurer sein als bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Gerade batterieelektrische Fahrzeuge benötigen in der Herstellung deutlich weniger Teile und haben dadurch auch einen geringeren Wartungsaufwand."

Eine Preissenkung, die auch durch staatliche Subventionen vom Bundesverkehrsministerium vorangetrieben werden würde: "Uns steht beispielsweise so viel Geld wie noch nie für die Förderung alternativer Antriebe zur Verfügung."

(fpi)