Autos der 70er Jahre

Hersteller, die sich durch schwierige Jahre gerettet hatten, mussten in den 70ern beweisen, dass das kein Zufall war. Ikonen und zeitlose Klassiker entstanden.

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(Bild: Fiat)

Lesezeit: 12 Min.
Von
  • Christian Domke Seidel
Inhaltsverzeichnis

Klar, die 60er Jahre waren bewegend, da war auch noch nicht klar, was in den 70ern kommen sollte. Die Geiselnahme in München während der olympischen Sommerspiele brachte antisemitischen Terror nach Deutschland. Der Arabien-Israel-Konflikt löste 1973 eine Ölkrise aus und bei einer Ministerkonferenz der erdölexportierenden Länder in Wien kam es zu einer Geiselnahme.

Auch Deutschland kam nicht zur Ruhe. Der Kniefall von Willy Brandt in Warschau löste Diskussionen aus, wobei längst nicht alle die Meinung einnahmen, dass der Bundeskanzler das Richtige getan habe. 1974 muss er dann zurücktreten, weil sich Günter Guillaume, einer seiner engsten Mitarbeiter, als Mitarbeiter der Stasi erwies. Im Jahr 1977 beschwor die Rote-Arme-Fraktion dann den Deutschen Herbst herauf. Immerhin fand der Vietnamkrieg ein Ende.

Rein kulturell gab es dank der Filmreihe Schulmädchen-Report ein zaghaftes sexuelles Erwachen. Dank Herbert Feuerstein und dem MAD-Magazin zeigte auch der deutsche Humor erste Knospen. Die Kinder vom Bahnhof Zoo beleuchteten eine eher dunkle Seite der Republik. Im Kino schauten alle Star Wars, Das Leben des Brian, Aliens und Der Weiße Hai. Eine goldene Leinwand-Epoche. Außerdem feierten heutige Musiklegenden wie David Bowie, Queen, The Rolling Stones und Pink Floyd den Durchbruch.

Auch in der Automobilindustrie sollten Genies das Ruder übernehmen und Fahrzeuge schaffen, die bis heute das Straßenbild prägen. Ja, sogar dominieren.

Allen voran natürlich Volkswagen und der VW Golf. Die Wolfsburger hatten einen Hit dringend notwendig. Zwar wurde der VW Käfer Anfang der 70er Jahre zum meistgebauten Auto der Welt (mit rund 15 Millionen Stück löste er das Ford Model T ab), doch die Nachfrage brach dramatisch ein.

Um zu beweisen, wie stabil der VW Golf 1 ist, prügelten die Wolfsburger im Jahr 1974 den Wagen 30.000 Kilometer von Alaska nach Feuerland.

(Bild: Volkswagen)

Die größeren Modelle von Volkswagen wollte keiner haben. Auch, weil sie auf der soliden aber veralteten Technik des Käfers beruhten. Die Rettung kam in Form der Auto Union.

Ab März 1979 gab es den VW Golf auch als Cabriolet.

(Bild: Volkswagen)

Im Mai 1973 präsentierte VW den Passat, der baugleich mit dem Audi 80 (1972) war. 1974 kam dann der erste Golf auf den Markt und der Audi 50. Der wiederum war baugleich mit dem Polo, der ein Jahr später kam. Dank Baukastenprinzip und Gleichteilestrategie sparten sich die Unternehmen enorme Kosten. Die Fahrzeuge liefen so gut, dass die Käfer-Produktion nach Mexico ausgelagert wurde (wo noch bis 2003 gefertigt wurde).

No-Nonsense-Instrumente

(Bild: Volkswagen)

Womit dann auch klar wäre, warum hier der Audi 80 sofort auf Platz zwei der prägendsten Autos der 70er-Jahre in die Liste fährt. Während VW mit den luftgekühlten Heckmotoren der Käfer-Modelle in eine technische Sackgasse gedüst war, hatte Audi eine moderne Antwort auf die Ölkrise.

Innerhalb von sechs Jahren verkaufte sich der Audi 80 rund 1,1 Millionen mal. Im Jahr 1978 kam die zweite Generation auf den Markt.

(Bild: Audi)

Mit perfektem Timing. Bereits 1972 waren die ersten Audi 80 zu haben. Auch das Marketing lief da schon auf Hochtouren. Bereits seit 1971 war "Vorsprung durch Technik“ der offizielle Slogan der Marke.

Wassergekühlter Frontmotor. Für Audi Alltag, für Volkswagen die Rettung.

(Bild: Audi)

Die Fahrzeuge wogen gerade einmal 900 Kilogramm, hatten aber 100 PS. Der wassergekühlte Motor arbeitete vorne und trieb auch die Frontachse an. Das Aggregat bildete für Jahrzehnte die Basis für die meisten VW-Motoren. Doch die Gemeinsamkeiten gingen über das technische Herz hinaus. Audi 80 und VW Passat waren bis zur B-Säule baugleich. Danach trennten sich die Wege zu Schrägheck (Passat) und Stufenheck (Audi 80).

Den Slogan "Vorsprung durch Technik" gab es ab dem Jahr 1971. Motorsport war obligat.

(Bild: Audi)

Die erste Generation des BMW 3er lief von 1975 bis 1983 vom Band. Stolze 1,4 Millionen Exemplare setzten die Münchner ab.

(Bild: BMW)

Die "Neue Klasse“ hatte BMW in den 60er vor einem Untergang oder einer Übernahme bewahrt. Jetzt galt es für die Münchner zu beweisen, dass die 02er mehr waren als ein One-Hit-Wonder. Nämlich, dass sie der Marke ein neues, eigenes und zeitloses Profil beschert hatten.

Den Beweis trat dann der 3er (BMW E21) an. Die Mittelklasse kam im Sommer 1975 auf den Markt. Bis heute ist der 3er die meistgebaute Fahrzeugreihe des Herstellers.

Der BMW 3er ist bis heute das Herzstück der Marke. Hier läuft die Firmen-DNS zusammen.

(Bild: BMW)

Schon früh prägte der BMW E21 die Zukunft der Baureihe. Die kleineren Motoren hatten vier Zylinder, 1977 kam ein Reihensechser nach. Weil BMW zu diesem Zeitpunkt vor Selbstbewusstsein durch keine Tür mehr passte, stieg die Marke mit einem Rennwagen, der auf dem 320 basierte, auch gleich in den Motorsport ein. Ab 1977 trat das BMW-Junior-Team (Marc Surer, Joachim Winkelhock, Eddie Cheever) damit in der Gruppe 5 an.

Hinter dem Design des BMW E21 steckt Paul Bracq. Der hatte mit der Pagode von Mercedes bereits in den 1960ern einen zeitlosen Klassiker geschaffen.

(Bild: BMW)