CO2-Emissionen neuer Pkw: Flottengrenzwert knapp verfehlt

Noch sind die Werte des ICCT nur eine Schätzung. Sollte sie sich bestätigen, müsste die Autoindustrie mit einem Milliarden-Bußgeld rechnen.

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Toyota

Toyota hat es ohne den großflächigen Einsatz von Elektroautos geschafft, den Grenzwert einzuhalten.

(Bild: Toyota)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
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Fast hätte die Autoindustrie die perfekte Punktlandung geschafft: Nach Daten des International Council on Clean Transportation (ICCT) verfehlen die Hersteller die CO2-Vorgaben für 2020 lediglich um ein Gramm. Wie präzise diese Einschätzung ist, wird sich erst im Sommer zeigen, wenn die Europäische Kommission die rechtsverbindlichen Werte veröffentlicht. Sollte es bei einem Gramm Abweichung nach oben bleiben, summieren sich die Strafzahlungen insgesamt trotzdem auf über eine Milliarde Euro.

Was die Auswertung des ICCT so interessant macht, sind die unterschiedlichen Wege, auf denen die Hersteller zum Ziel gelangen. Hierzu ist es notwendig, nochmals kurz den Sanktionsmechanismus zu erklären. Jeder im Europäischen Wirtschaftsraum – also den EU27 sowie Großbritannien, Island, Liechtenstein und Norwegen – 2020 neu zugelassene Pkw hat einen CO2-Wert.

Dieser wird zur besseren Vergleichbarkeit nach dem eigentlich abgeschafften Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) berechnet, obwohl die Homologation und in der Folge zum Beispiel die deutsche Kfz-Steuer längst auf die Worldwide harmonized Light vehicle Testing Procudere (WLTP) umgestellt ist. Der NEFZ-Durchschnitt aller Neuwagen darf 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer nicht überschreiten. Für jedes Gramm zu viel werden pro verkauftem Auto 95 Euro Strafzahlung fällig.

Auch die Aufweichungen sind bekannt. So dürfen die Hersteller pauschal die verbrauchsintensivsten fünf Prozent aus der Bilanz streichen. Ein Rabatt, der in diesem Jahr abgeschafft wird. Außerdem ist ein beliebiges Pooling erlaubt. Wer auch immer das will, kann sich zusammentun. So bilanziert sich Fiat Chrysler gemeinsam mit Tesla. Zusätzlich gibt es eine Gewichtskomponente: Der ursprüngliche Grenzwert von 95 g CO2/km bezieht sich auf ein definiertes, durchschnittliches Leergewicht. Weil das insgesamt höher ist als bei der Prognose angenommen, wurde dieses Limit auf 96 Gramm angehoben. Die herstellerindividuellen Ziele weichen nochmals ab. Je schwerer das durchschnittliche Auto einer Marke ist, desto höher liegt das CO2-Limit und umgekehrt.

Kern der Diskussion aber sind die Elektroautos. Dieser Überbegriff beinhaltet im Sprachgebrauch von Wissenschaft und Institutionen meistens sowohl batterieelektrische Autos (abgekürzt BEV für Battery Electric Vehicle) als auch Plug-in-Hybride (abgekürzt PHEV für Plug-in-Hybrid Electric Vehicle). BEV fließen mit null Gramm in die CO2-Bilanz ein. Die meisten PHEV liegen unter 50 g CO2/km. Für beide gilt im Jahr 2020 eine doppelte Anrechnung, der sogenannte Supercredit. Die Hersteller können also eine möglicherweise schlechte CO2-Bilanz bei den Autos mit Verbrennungsmotor über Elektroautos ausgleichen.