CO2-Emissionen neuer Pkw: Flottengrenzwert knapp verfehlt

Seite 2: Daimlers auffälliges Jahresende

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Davon wurde reichlich Gebrauch gemacht. Am auffälligsten ist die Entwicklung bei der Daimler AG: Hier sah es im Jahresverlauf stark danach aus, dass Mercedes und Smart die CO2-Ziele krachend verfehlen. Jetzt aber vermeldet Daimler, alle Limits eingehalten zu haben und folglich keine Strafzahlungen leisten zu müssen. Der Grund: Mit 21 Prozent haben die Stuttgarter den höchsten Anteil an Neuzulassungen mit Ladestecker. Im Dezember ist die Situation gewissermaßen eskaliert; der Anteil von Daimler-Modellen mit Stecker stieg auf 46 Prozent, wobei 33 Prozentpunkte auf PHEV und 13 auf BEV entfielen.

Flottengrenzwert 2020 - Auswertung (6 Bilder)

Die im Europäischen Wirtschaftsraum tätige Autoindustrie hat das CO2-Ziel von 96 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer knapp verfehlt: Es sind nach Daten des ICCT 97 g CO2/km. Daraus könnte über eine Milliarde Euro Strafzahlung resultieren. Die Werte des ICCT sind aber nicht rechtsverbindlich und können sich über Supercredits und Eco Innovations noch verschieben; erst im Sommer wird die EU-Kommission die finale Auswertung präsentieren.
(Bild: ICCT)

Am anderen Ende der Skala zeigt Toyota, dass es auch nahezu ohne BEV und PHEV geht. Die Japaner, die zusammen mit Mazda bilanzieren, kommen auf 94 g CO2/km. Allerdings wird sich der Toyota-Konzern, der wieder zum Weltverkaufsmeister geworden ist und die Volkswagen Group von der Spitze verdrängt hat, dem Ladestecker mittelfristig nicht entziehen können: Die weitere Verschärfung der CO2-Vorgaben erzwingt faktisch ein Produktportfolio mit BEV und PHEV.

Volkswagen hat unterdessen zwei Meldungen veröffentlicht: Eine für die Marke VW, die mit 92 g CO2/km den EU-Grenzwert klar unterbietet – ID.3, e-Golf, e-Up und diversen PHEV sei Dank. Anders sieht es konzernweit aus, wo ein halbes Gramm Abweichung nach oben eingeräumt werden musste.

Ein eventuell gezieltes Vorziehen von Elektroauto-Zulassungen entlastet die Hersteller nicht von der weiteren Produktion, weil der CO2-Grenzwert auch für jedes Folgejahr gültig ist. 2021 werden die Supercredits auf den Faktor 1,66 abgeschmolzen werden und die „Phase-in“ genannte Streichung der schmutzigsten fünf Prozent abgeschafft. Es müssen also weiterhin viele BEV und PHEV verkauft werden. Das zumindest ist die Logik der Autoindustrie, denn rechnerisch wäre es auch möglich, die CO2-Emissionen der Pkw mit Verbrennungsmotor sukzessive zu senken. Das passiert nur eingeschränkt, und allein Toyota kann hier signifikante Erfolge vorweisen.

Wie stark die nächsten Stufen der Absenkung ausfallen werden, ist Gegenstand aktueller Verhandlungen in Brüssel. Für 2025 war eine weitere Reduktion um 15 Prozent und für 2030 um 37,5 Prozent im Vergleich zu 2020 vorgesehen. Diese Ziele gelten inzwischen als viel zu lasch, weil von einer deutlich steileren Hochlaufkurve der Elektroautos ausgegangen wird. Die Verschärfung wird im Trilog-Verfahren wahrscheinlich im Sommer beschlossen.

Insgesamt war es ein schwieriges Jahr für die im Europäischen Wirtschaftsraum tätige Autoindustrie. Der Gesamtabsatz lag bei nur 11,7 Millionen neuer Pkw, was einem Rückgang von 25 Prozent gegenüber 2019 entspricht. Dass dieses Minus allein pandemiebedingt ist, darf bezweifelt werden. Beispiel VW Golf: Hier beeinträchtigen Anlaufschwierigkeiten in der Produktion sowie eine verzögerte Homologation der stark nachgefragten Basismodelle den Verkauf. Aber auch die Lieferzeiten für preisgünstige Elektroautos zeigen, dass mehr zu holen gewesen wäre.

So ist in der CO2-Bilanz ziemlich genau das eingetreten, was der ICCT vorausgesagt hatte: Die Hersteller haben versucht, die Vorgaben bei der CO2-Reduktion möglichst exakt zu erfüllen, ohne Strafe zu zahlen. Wie radikal eine Änderung plötzlich möglich ist, zeigt eine weitere herausragende Zahl in der Analyse des ICCT: Von 2015 bis 2019 lag die jährliche CO2-Absenkung bei 0,6 g/km. Im Jahr 2020 wurde daraus ein Gramm – aber pro Monat. Geht doch.

(mfz)