Missing Link: Bewahrer der Reserven knapper IP-Adressen (Axel Pawlik)

Seite 7: Namen sind unnütz – heute googlen die Leute nur noch

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heise online: Allerdings stand das in ICANNs Auftrag, Wettbewerb herstellen.

Pawlik: Das stimmt. Aber da bin ich vielleicht altmodisch. Namen brauch ich doch nur, um mal zu tippen und mit einiger Wahrscheinlichkeit bei einem gewünschten Ziel anzukommen. Heute googlen die Leute nur noch. Namen sind, ganz brutal gesagt, unnütz.

heise online: Sagt der Nummernverwalter ...

Pawlik: Natürlich. Ohne Nummern geht es nach dem heutigen Stand des Betriebs nicht. Ohne Namen – also ich sag jetzt nichts mehr – weiß ich, wo ich hinkomme. Die cTLDs, wunderbar. Manche sind zwar komisch, .tv etwa. Aber .de, die als Genossenschaft aufgesetzt ist, so sollte das sein, finde ich. Natürlich sind die ccTLDs verschieden. Dot.uk, die britische Nominet, hat einen Haufen Ärger, weil offensichtlich der Vorstand nicht macht, was die Mitglieder wollen. Der Streit dreht sich um Profiterzielung – nicht das Ziel, sagen die Mitglieder. Irgendwie ist die Namenswelt anders, irgendwie sind da immer schnell kommerzielle Interessen mit im Spiel, denken wir doch mal an .amazon.

heise online: Das die Firma Amazon gegen den erklärten Widerstand der Amazonas-Anrainerstaaten bekommen hat. Wie würdest du denn die Grundsatzfrage beantworten, was ist Internet Governance?

Pawlik: Ich mag den Begriff nicht wirklich, weil da immer Government, also Regierung drin steckt. Das Ganze ist noch einigermaßen glimpflich ausgegangen. Als die Vorbereitungssitzungen zum WSIS (UN-Weltgipfel der Informationsgesellschaft) starteten, haben wir uns schön in die Hosen gemacht. Letztendlich hat sich die Internet Technical Community gut koordiniert, hat nach bestem Wissen und Gewissen teilgenommen und auch die Ergebnisse beeinflussen können. Viele Kontakte sind gelegt worden, und sind für uns alle nützliche gewesen. Zum Beispiel, in den ersten Jahren, kamen Forderungen nach mehr Root-Name-Servern auf. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem indischen Regierungsvertreter, der sagte, das geht nicht, dass wir keinen haben. Und wir sagten, kein Problem, sprich mal mit dem Kollegen von APNIC da drüben. Danach haben wir Root-Server in Indien aufgebaut. Das bedeutet nicht viel, aber die Leute waren glücklich. In dem Sinn waren die Diskussionen auf UN-Ebene gut. Ich kann auch verstehen, dass man da auch gerne Ergebnisse sehen möchte, im Stil der NetMundial – die fand ich übrigens beeindruckend.

heise online: Bei der NetMundial in Brasilien wurden tatsächlich gemeinsam von Nichtregierungs- und Regierungsteilnehmern gemeinsame Schlussdokumente verabschiedet.

Pawlik: Genau. Aber Internet Governance ist thematisch sehr weit. Beim RIPE und den RIRs geht es um die Nummern und darum, was die Address Community gemeinsam tun kann. Ich habe es immer so verstanden, dass wir den Mitgliedern praktisch dienen und ihre Arbeit erleichtern.

heise online: Wer ist heute die Community?

Pawlik: Im Extremfall alle Internetnutzer. Für jede Organisation ist es dann ein wenig anders. Beim RIPE ist es so, die Mitglieder haben direkten Einfluss. Die weitere Community kommt zu den RIPE-Meetings und versucht beim Treffen, Fortschritte für das eigene Geschäft oder die eigene Forschung zu machen. Auch ccTLDs können das nutzen und von der ICANN kommen Leute, die versuchen, irgendwie die technische Infrastruktur zu vertreten. Und dann gibt es Leute, die plötzlich beim RIPE Treffen auftauchen und sagen, wir wollen wissen, was in Eurer Adressdatenbank drin steht, und zwar alle Details. Da sagen viele alt eingesessene Mitglieder, seid ihr bescheuert, wir haben das nicht für Euch programmiert.