Missing Link: Das Konzept der Schwammstadt

Seite 6: Stuttgart

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Die Stadt liegt in einem Talkessel, in der Region wird es im Sommer oft heiß und die Luft wird schlecht, außerdem haben Starkregenereignisse mehrfach wichtige Infrastruktureinrichtungen getroffen. Auch hier gibt es mehrere Projekte zum Thema Schwammstadt, allerdings eher gemischte Projekte: So formuliert und priorisiert das Stuttgarter Klimaanpassungskonzept KLIMAKS insgesamt über 50 Maßnahmen, die den Sektoren der Deutschen Anpassungsstrategie und bestimmten Klimaindikatoren wie beispielsweise Extremniederschlag zugeordnet sind, so Jana Steinbeck von der Kommunikationsabteilung der Landeshauptstadt Stuttgart: "Viele der Maßnahmen sind langfristig und auf Dauerhaftigkeit angelegt und bis auf wenige Ausnahmen umgesetzt. Ziel ist, die Anpassungskapazität der Stadt insgesamt zu erhöhen und etwaige Risiken zu minimieren." Aktuell wird KLIMAKS im Rahmen eines Förderprojektes fortgeschrieben.

Außerdem setzt die Stadt in Bebauungsplänen Dachbegrünungen fest – bisher schon etwa 2,5 Millionen Quadratmeter Dachfläche, zunehmend auch Fassadenbegrünungen. "Bei stadteigenen Gebäuden (Neubau) wird ebenfalls eine Bauwerksbegrünung implementiert. So nimmt die Stadt bei ihren eigenen Gebäuden ihre Vorbildfunktion wahr", so Steinbeck. Außerdem gebe es zwei Förderprogramme der Stadt für Bürger für urbanes Grün, das "Stuttgarter Grünprogramm" zur Begrünung von Höfen, Dächern und Fassaden, und das Förderprogramm "Urbane Gärten".

Eines sehr bekanntes "Schwammstadtgebiet" ist das Emscher-Lippe-Gebiet. Dort gibt es schon eine ganze Reihe Maßnahmen und das Hochwasser im Juli 2021 – ergiebiger Dauerregen und lokale Starkregen-Ereignisse mit Intensitäten und Niederschlagsmengen, die statistisch gesehen seltener als einmal in 100 Jahren vorkommen – ging glimpflich aus, dank "Glück und Geschick", wie es auf der Website der Emschergenossenschaft Lippeverband heißt. Direkte Folgen des Hochwassers waren gestiegene Pegelstände, die Emscher-Auen zwischen Dortmund-Mengede und Castrop-Rauxel wurden eine Seenlandschaft, der Phönix See in Dortmund nahm zusätzlich über 100.000 Kubikmeter Wasser aus der Emscher auf, an den Nebenläufen traten lokale Überflutungen auf, das Hochwasserrückhaltebecken in Bönen im Lippeverbandsgebiet war mit 340.000 Kubikmeter Wasser im Volleinstau.

Trotzdem brauchte man auch Glück – und hatte es: Alles hielt. Aber wenn es so geregnet hätte wie in Hagen und im Ahrtal, hätte es nicht gehalten. Darum haben die Wasserverbände eine "Roadmap Krisenhochwasser" aufgesetzt, einen Aktionsplan für mehr Retentionsflächen, die Ertüchtigung von Deichen und die Anpassung der Hochwasserschutzanlagen an extreme Wetterlagen. Dazu kommen Schwammstadt-Maßnahmen wie Dach- und Fassadenbegrünungen, Entsiegelung von Flächen, Bau von unterirdischen Speichern, Abkopplung von Flächen von der Mischwasserkanalisation, Anlegen von Versickerungsmulden, Überflutungs- und Wasserflächen. Auch hier werden Hausbesitzer informiert – und damit aufgefordert – wie sie selber ihr Eigentum vor Starkregen schützen können.

Hamburg zählt zwar zu den grünsten Städten Europas, aber das will offensichtlich nicht viel heißen: 39 Prozent des Stadtgebietes sind versiegelt. Auch in Hamburg setzen die Wasserwerke auf eine Kombination von behördlichen Aktionen, Aufklärung der Bevölkerung und Appell an die Eigenverantwortung, um nachhaltig mit Regenwasser umzugehen und aus Hamburg eine Schwammstadt zu machen. Die Wasserwerke haben das Projekt "Initiative der RegenInfraStrukturAnpassung" (RISA) lanciert.

Inzwischen gibt es "Abwasserautobahnen" und Speicher unter der Stadt, um Regenmassen zurückzuhalten, bevor sie Klärwerk und Kanalnetz überfordern. Avisiert wird eine Schwammstadt, in der Regen dort versickert und verdunstet, wo er gefallen ist. Auch in Hamburg soll die Bevölkerung selber tätig werden: Mit einer Starkregenhinweiskarte der Wasserwerke und der Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft (BUKEA) können Grundstückseigentümer herausfinden, ob Starkregen ihr Grundstück gefährden könnte. Wenn ja, sollen sie überprüfen, welche Gefahren konkret entstehen können, dazu ist eine Checkliste veröffentlicht.

Fazit: Es geht voran, aber wegen einiger Probleme ist man noch nicht so weit, wie man sein könnte und sollte.