Neustart: 30 Jahre Triumph

Seite 2: Dreizylinder-Tradition

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Dreizylindermotoren hatten bei Triumph eine lange Tradition und so wunderte es nicht, dass der gelungene 900er-Triple bald in weiteren Modellen seinen Platz fand, wenn auch mit unterschiedlichen Leistungen: 1993 in der Reiseenduro Tiger 900 mit ihren langen Federwegen und 19-Zoll-Vorderrad oder in der Sprint 900 mit Halbschalenverkleidung. 1994 kam die Speed Triple 900 auf den Markt, die im Grunde nur eine Daytona 900 ohne Verkleidung war, doch drei Jahre später trat ihre Nachfolgerin einen Boom los, dem alle anderen Hersteller folgen sollten.

Die Speed Triple T 509 zeigte sich 1997 im mutigen Streetfighter-Look. Zu Beginn der 1990er Jahre hatten Bastler in englischen Hinterhöfen den "Streetfighter" erfunden, indem sie die Vollverkleidungen von ihren japanischen Superbikes gerissen und lediglich die Doppelscheinwerfer drangelassen hatten, dazu montierten sie breite Lenkstangen und sägten die Hecks ab, um die Sitzhöcker schräg nach oben ragen zu lassen. Triumph war die erste Marke, die den Trend aufnahm und einen Serien-Streetfighter anbot. Mit den zwei runden Scheinwerfern, dem Flyscreen und dem Rahmen aus doppelten Stahlrohren fiel sie auf wie ein bunter Pitbull. Wie so oft bei Innovationen, wurde der neue Stil zunächst sehr kontrovers diskutiert, doch heute genießt die T 509 Kultstatus. Bis heute ist die "Speedy" im Triumph-Programm und der 1050-cm3-Dreizylinder der aktuellen Triumph Speed Triple (Test) entspricht in seinen Grundzügen tatsächlich immer noch dem 885-cm3-Motor.

1995 machte Triumph einen cleveren Schritt und besann sich seiner langen Tradition. Die Thunderbird 900 – ebenfalls mit dem 885-cm3-Dreizylinder versehen – nahm Design-Anleihen bei der 6T Thunderbird mit Paralleltwin aus den 1950er und 1960er Jahren wie etwa dem rundlichen Tank mit den Gummipads an den Seiten und sogar das erhabene Triumph-Logo aus Metall wurde übernommen. Dazu kamen verchromte Auspuffe im Pea-Shooter-Stil, ein großer Rundscheinwerfer, eine dicke Sitzbank, ein voluminöser hinterer Kotflügel mit einem fetten Rücklicht und Drahtspeichenräder. Die Thunderbird 900 war das erste Motorrad im Retro-Design. Sie trug einen großen Namen, bewegte doch einst Marlon Brando in dem Rocker-Klassiker "The Wild One" eine 6T Thunderbird. Trotzdem wurde die neue Thunderbird 900 nur zögerlich angenommen, die Zeit für das Retro-Design war noch nicht reif.

Erst als die noch konsequenter gestylte Bonneville T100 im Jahr 2001 auf den Markt kam mit einem luftgekühlten 790-cm3-Reihenzweizylinder samt polierten Kühlrippen, Doppelschleifenrahmen aus Stahl und natürlich Drahtspeichenrädern, kam der Durchbruch. Die "Bonnie" wurde zum Bestseller im Programm und war der Grund, warum Triumph seine "Modern Classics"-Baureihe mit großvolumigen Zweizylindern im nostalgischen Design bis heute immer weiter ausbaut. Inzwischen hat die Bonneville T120 (Test) einen flüssigkeitsgekühlten 900er-Motor und dazu gesellt sich noch ein drehmomentstarker 1200er-Zweizylinder. Das Thema variiert Triumph geschickt, so gibt es noch den Café Racer Thruxton, die Bobber (Test) und die Scrambler im Stil der 1960er Jahre sowie eine Street Twin 900 und Speed Twin 1200 als Reminiszenz an die 1970er.

Natürlich wollte Triumph auch bei den Sportbikes Fuß fassen und brachte im Jahr 2000 die TT 600 auf den Markt. Doch es stellte sich rasch heraus, dass der 599-cm3-Reihenvierzylinder gegen die etablierte Konkurrenz der 600er-Supersportler aus Japan keine Chance hatte. Die Entwickler in Hinckley erwiesen sich jedoch als clever und nutzen das Reglement der Supersport-WM, wonach Dreizylindermotoren mit 675 cm3 Hubraum antreten durften. Die wunderschön gezeichnete Daytona 675 erwies sich 2006 auf Anhieb als Volltreffer.

30 Jahre Triumph Teil 2 (8 Bilder)

Erst als die noch konsequenter gestylte Bonneville T100 im Jahr 2001 auf den Markt kam mit einem luftgekühlten 790-cm3-Reihenzweizylinder samt polierten Kühlrippen, Doppelschleifenrahmen aus Stahl und Drahtspeichenrädern, kam der Durchbruch für das Retro-Design. Die "Bonnie" wurde zum Bestseller im Programm und war der Grund, warum Triumph seine "Modern Classics"-Baureihe bis heute immer weiter ausbaut.

Der Dreizylinder mit 123 PS brannte bis zur Nennleistung bei 12.500/min ein wahres Feuerwerk ab. Vor allem nutzte er seinen Hubraumvorteil und bot mehr Drehmoment als die 600er-Vierzylinder. Die Daytona 675 gewann so ziemlich jeden Vergleichstest, fuhr ab 2008 auch in der Supersport-WM vorne mit und belegte 2010 unter Chaz Davies Platz vier im Gesamtklassement. Die Daytona 675 wurde im Jahr 2018 eingestellt, erlebte jedoch als Daytona 765 Moto2 Limited Edition eine kurze Wiederauferstehung. Der brillante 765-cm3-Dreizylinder, der aus dem 675er-Motor entwickelt wurde, dient seit 2019 in der Moto2-WM als Einheitsmotor. TFC, die Edel-Abteilung von Triumph, nahm dies zum Anlass, um eine mit etlichen teuren Teilen aufgepeppte, 130 PS starke Daytona 765 in limitierter Auflage auf die Räder zu stellen.

2007 kam die Street Triple 675 als Naked Bike-Ableger der Daytona auf den Markt. Sie trug zwei runde Scheinwerfer wie ihre größere Schwester Speed Triple 1050, eine breite Lenkstange und eroberte sich rasch die Herzen der Triumph-Fans, war sie doch mit 106 PS recht kräftig motorisiert und wog nur 190 kg. Sie entpuppte sich mit einem gut abgestimmten Fahrwerk als ausgesprochen handlich. Sie schlug sich vorbildlich sowohl im Alltag als auch auf der Rennstrecke, wie der "Triumph Street Triple Cup" unter Beweis stellte, der mit fast serienmäßigen Motorrädern ausgetragen wurde. Die "Streety" wurde nicht zuletzt dank eines günstigen Preises rasch zum Bestseller im Triumph-Programm und erwies sich als Dauererfolg, denn sie wird als Street Triple 765 (Test) bis heute gebaut.

Ein gewaltiges Ausrufezeichen setzte Triumph 2004 mit der Rocket III, das hubraumstärkste Serienmotorrad der Welt. In dem 2294 cm3 großen Dreizylinder stampften mächtige Kolben mit 101,6 mm Durchmesser und produzierten irrwitzige 200 Nm Drehmoment schon bei 2500/min. Mehr Schub als bei der Rocket gibt es nirgends. Kein Wunder, dass sich der Power-Cruiser bald einen eingeschworenen Fankreis eroberte. Sie blieb zwölf Jahre lang im Programm und erhielt 2020 mit der Rocket 3 (Test) eine Nachfolgerin, die es sogar auf 2458 cm3 Hubraum und 221 Nm bringt und das bei 30 kg weniger Gewicht.

John Bloor bewies 1983 viel Mut, aber auch Vertrauen in die englische Motorradindustrie, als er die Rechte an Triumph kaufte, ohne jegliche Erfahrung im Bike-Business zu haben. Dennoch schaffte es Triumph, innerhalb von 30 Jahren erneut zum Global Player aufzusteigen, der rund 65.000 Motorräder pro Jahr baut. Heute werden fast sämtliche Triumphs in den drei Werken in Thailand gefertigt, nur noch die edlen TFC-Modelle kommen aus Hinckley. 2017 wurde ein Joint Venture mit dem indischen Hersteller Bajaj geschlossen, dass zukünftig gemeinsam günstige Modelle für den Subkontinent entwickelt werden sollen, was die Triumph-Stückzahlen deutlich nach oben treiben dürfte.

John Bloor beobachtete immer aufmerksam den Markt, setzte Trends und wählte die Modellpalette geschickt aus. Zwar gab es wie bei allen Herstellern auch ein paar weniger erfolgreichen Bikes, aber Triumph konnte in den letzten drei Jahrzehnten etliche Meilensteine vorweisen. Seit 2011 führt John Bloors Sohn Nick (44) die Geschäfte bei Triumph. Er studierte Design Engineering und arbeitete seit 1998 in der Entwicklungsabteilung von Triumph.

Im Gegensatz zu seinem Vater gibt er sich medienkompatibel und zeigt sich stets jovial und kommunikativ in der Öffentlichkeit. Einer der PR-wirksamsten Triumph-Fans ist übrigens der englische Thronfolger Prinz William, der schon etliche Motorräder aus Hinckley besessen hat. Nick Bloor betont stets genau wie sein Vater, dass der Erfolg von Triumph der Leidenschaft seiner Mitarbeiter zu verdanken sei. Bei einer familiengeführten Firma ist das sicher kein leerer Spruch. Der Erfolg gibt ihnen recht.

(fpi)