3GSM: Neue Einsatzzwecke für Picozellen

Neben dem klassischen Einsatz für Indoor-Versorgung mit öffentlichen Mobilfunk-Netzen finden Picozellen in Flugzeugen, abgelegenen Siedlungen, auf Schiffen und in Unternehmensnetzen zunehmend Verbreitung.

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Hersteller kleiner GSM-Basisstationen wie ip.access, Radioframe und Vanu freuen sich über gute Aussichten auf neue Kundschaft. Neben dem klassischen Einsatz für Indoor-Versorgung mit öffentlichen Mobilfunk-Netzen finden die Picozellen in Flugzeugen, abgelegenen Siedlungen, auf Schiffen und in Unternehmensräumlichkeiten zusätzliche Verbreitung. Altobridge zeigte auf der 3GSM ihre neue Remote Contiguous Communications (RCC) Unit. In einem bloß 20 Kilo schweren Koffer sind Picozelle, lokaler Server und Satelliten-Uplink untergebracht. Vor allem Regierungs-Einrichtungen möchten RCCs erwerben, meint die irische Firma.

Altobridge hat einen Server entwickelt, der die Kommunikation zwischen der Basisstation und dem Kern des Mobilfunknetzes auf ein Minimum reduziert und auf jene Zeitphasen beschränkt, in denen tatsächlich telefoniert wird. Auf diese Weise wird die teure Datenübertragung via Satellit wesentlich reduziert. Dies macht den Einsatz auf Schiffen, in abgelegenen Siedlungen (etwa in der Antarktis) oder eben in Form eines Koffers für den fallweisen Einsatz in entlegenen Regionen oder bei Überlastung oder Ausfall öffentlicher Mobilfunknetze wirtschaftlich. Das System wurde mit einer Picozelle von ip.access gezeigt, ist aber auch mit ähnlichen Produkten anderer Hersteller erhältlich.

Partnerfirmen würden derzeit in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden Tests für den Einbau in kommerzielle Verkehrsflugzeuge durchführen. In diesem Bereich ist eine Reduktion des Signalisierungsverkehrs besonders wichtig, da tausende Flugzeuge nur sehr geringe Satelliten-Kapazitäten hätten. Vier oder fünf Kanäle à 9,6 kbit/s müssen reichen. Die Fluglinien wollen diese Uplinks nicht aufrüsten, solange sie keine tatsächliche Nutzung von GSM-Diensten an Bord sehen. Die bisher in vielen Langstreckenflugzeugen verfügbaren Satelliten-Telefone werden nämlich kaum verwendet.

Ip.access zeigte eine robuste Flugzeug-Version der nanoBTS sowie die neue nanoBTS EDGE/AMR, mit der theoretisch Datenverbindungen mit bis zu 414 kbit/s im Downstram möglich sind (gut 200 kbit/s sind mit üblichen EDGE-Endgeräten realistisch). Der Einsatz von AMR-Codecs würde außerdem die Sprachqualität verbessern, sodass Half-Rate-Verbindungen fast wie Full Rate klängen. Zu den ip.access-Kunden zählt auch die schweizerische In&Phone. Dieser Inhaber einer GSM-Lizenz hat sich auf die GSM-Versorgung größerer Unternehmenssitze spezialisiert und tritt in der Öffentlichkeit kaum in Erscheinung. Normale GSM-Handys werden über die ip.access-Picozellen mit der Telefonanlage der jeweiligen Firma verbunden. Außerhalb der eigenen Netzversorgung wird im nationalen sunrise-Netz geroamt.

Mit dem britischen Kabelnetz-Betreiber NTL testet ip.access derzeit die Möglichkeit des Einsatzes von Picozellen mit sehr geringer Sendeleistung. Der britische Regulator plant die Vergabe von fünf bis zehn GSM-Lizenzen. Die Lizenznehmer sollen sich ein 2 × 3,3 MHz schmales Band teilen, das bisher als Sicherheitsabstand zwischen GSM- und DECT-Frequenzen brach liegt. Da alle Lizenznehmer das gesamte Spektrum landesweit nutzen könnten, soll eine sehr geringe Leistung (maximal 23 dBm EIRP) vorgeschrieben werden, um gegenseitige Störungen möglichst zu vermeiden. Bei einem Erfolg im Vergabeverfahren könnte NTL seinen Unternehmenskunden nanoBTS installieren und über das Kabelnetz anbinden. Ähnlich wie bei In&Phone würde dies die Nutzung von einfachen GSM-Handys zu Festnetztarifen am Unternehmenssitz ermöglichen.

Zum 3GSM World Congress 2006 siehe auch:

(Daniel AJ Sokolov) / (jk)