BMW 7er kommt als Elektroauto, Plug-In-Hybrid oder herkömmlich motorisiert

Beim Spitzenmodell geht BMW andere Wege als die Konkurrenz: Dem 7er muss eine Karosserie für drei Antriebsarten genügen. Blingbling gibt's dafür satt.

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BMW 7er 2022

Die große Limousine von BMW wird noch größer. Die Antriebsvielfalt steigt.

(Bild: BMW)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Florian Pillau
Inhaltsverzeichnis

BMW bringt sein Spitzenmodell neu heraus. Ab Ende des Jahres wird es in siebter Generation verkauft und bleibt sich dabei auch seiner traditionellen Rolle als Technologieträger treu. Das bedeutet beim kommenden 7er allerdings etwas Anderes als bei vielen anderen Herstellern, denn er ist vor allem darin innovativ, dass er ein Auto für alle Antriebsarten bleibt. Als Elektroauto sieht er also nicht viel anders aus als mit einem Dieselmotor.

Die Nachteile eines nachträglich elektrifizierten herkömmlichen Wagens soll eine universale Architektur vermeiden, "die von Beginn an für drei Antriebsformen konzipiert wurde", wie BMW schreibt. Gemeint ist mild hybridisiert konventionell, als Plug-In-Hybrid oder eben ganz batterieelektrisch. Allradantriebe inklusive.

Die schon vor Jahren vergleichsweise früh mit dem i3 eingeschlagene Richtung hat BMW längst wieder verlassen. Der 2013 erschienene Kompakte war durch und durch ein auf Effizienz getrimmtes Elektroauto, das nur als Zugeständnis für Kunden mit unterstellter Reichweitenangst auch mit einem (grässlich ineffizienten) Benzin-Hilfsantrieb bestellbar war. Aufwand und Kosten waren hoch im Vergleich zum Ertrag, wohl aufgrund dieser Erfahrung will BMW mit dem 7er eher das Risiko minimieren und ist dabei bereit, auf die teuersten letzten Zehntel Effizienz zu verzichten. BMW dürfte zudem als kleinster der großen deutschen Premium-Hersteller mangels Stückzahlen keinen nennenswerten wirtschaftlichen Vorteil von einer Parallelstruktur für batterieelektrische Autos haben.

Mit dem neuen 7er versetzt sich BMW hingegen in die Lage, alle Antriebsvarianten auf einem Montageband (in Dingolfing) bauen zu können. Als Ausrufezeichen darf man werten, dass der batterieelektrische BMW i7 zunächst als einziges Modell zur Markteinführung erhältlich sein wird: E-Mobilität ist die Zukunft, die anderen Antriebe gibt es noch so lange eben nötig.

Die Karosserie ist – wie könnte es anders sein – weiter gewachsen. Aufgrund der vielen im längenverliebten Ausland verkauften 7er war die normale Karosserie bereits im noch aktuellen 7er stark in der Defensive, als Folge werden die beiden bislang erhältlichen Längenversionen aufgegeben. Sogar im Vergleich zur bisher angebotenen Langversion wächst der Radstand um fünf Millimeter auf 3,22 Meter, die Gesamtlänge aller Karosserien 5,39 Meter. Der Laderaum fasst modellabhängig zwischen 500 und 540 Litern.

Auch das – wohlwollend gesprochen – "expressive" Gesicht der neuen 7er sowie ihren Lichtspiel- und Kunstkristall-Prunk verdanken wir wohl vor allem der Kundenpräferenz für Bling-Bling auf außereuropäischen Märkten. Ja, der 7er bekommt "funkelnde Kristallscheinwerfer", wie BMW schreibt, von Swarovski, und das ist bei Weitem noch nicht alles.

BMW 7er Exterieur (6 Bilder)

Die große Limousine von BMW kommt ab Ende des Jahres mit drei Antriebsarten heraus, als erstes batterieelektrisch. Die Hütte bleibt immer die gleiche.

Empfindlichkeiten bezüglich der Gestaltung, wie sie zum Erscheinen des in der Ära Bangle entstandenen 7er im Jahr 2001 zu großflächiger Schnappatmung führten, drohen wohl nicht. Sie scheinen weitgehend überwunden, der Globalisierung sei Dank. Was auf den zweiten Blick auffällt, ist die im Vergleich zum aktuellen 7er große Geschlossenheit der Front unterhalb von (LED-Matrix-)Scheinwerfern und Nierengrill. Das Spitzenmodell fährt elektrisch und benötigt den Grill nur als beleuchtbares Inszenierungselement. Die fossil angetriebenen Modelle brauchen keine weiteren Ladeluftkühler und kommen mit dem Angebot aus der vorhandenen durchströmten Öffnung hinter dem Grill aus.

Alle Modelle bekommen ein festes Panoramadach, das Angebot des vor allem in Deutschland beliebten Schiebedachs fällt damit weg. Die Länge der neuen Modelle ermöglicht hintere Liegesessel mit vielfältig erweiterbaren Komfortfunktionen. Die Türen öffnen und schließen auf Wunsch elektrisch, als Option wird auch ein Bildschirm mit einer Diagonale von 31,3 Zoll, HiFi-Optionen (Bowers & Wilkins) und Soundsysteme mit knapp 2 kW Ausgangsleistung bis hin zu vibrierenden "Excitern" in den Sesseln angeboten.

Alle europäischen Modelle bieten Allradantrieb, in den Modellen mit Verbrennungsmotor mit automatisch zuschaltender Vorderachse und Torque Vectoring über das mittlere und hintere Differenzial, bei den Elektroautos mit zwei Motoren. Serienmäßig baut BMW Luftfederung ein, auf Wunsch Allradlenkung mit Wankstabilisierung. Die Räder messen mindestens 19 Zoll, bis 22 Zoll sind sie ausstattungsabhängig bestellbar, größere Dimensionen soll es als Zubehör geben. Die Fahrassistenz bietet alles, was nach dem Stand der Technik machbar ist, um, vorbehaltlich nationaler Vorschriften, "mittelfristig" Autonomie auf SAE-Level 3 bieten zu können. Wann das sein wird, hat BMW allerdings noch nicht mitgeteilt. Warum auch immer, aber ab 2023 soll der 7er dann auch von außen mit dem Smartphone fernsteuerbar sein.

Für den Erstling BMW i7 xDrive60 mit 101,7 kWh-Batterie, der ab November erhältlich sein soll, sieht BMW 190 kW für die Vorder- und 230 kW für die Hinterräder vor, die Gesamtleistung soll 400 kW betragen, das Drehmoment bis zu 745 Nm. Das liegt bereits auf dem Niveau des noch aktuellen V8-Modells und ist mehr als genug für weit mehr als nur ausreichende Fahrleistungen, etwa eine Beschleunigung des 2,5-Tonners von 4,7 Sekunden auf 100 km/h. Als Reichweite nennt BMW vorab 590 bis 625 Kilometer im WLTP.

BMW 7er Interieur (3 Bilder)

Mehr Funktionen sollen über Berührungsbildschirme gesteuert werden, obwohl das aus Sicht auf die Bediensicherheit nicht wünschenswert ist. Aber der Kunde verlangt es, nachdem ihm die Autoindustrie jahrelang "Smartphones auf Rädern" eingeredet hat.

Torque Vectoring ist Ehrensache, die Allradlenkung kann die Handlichkeit weiter unterstützen helfen. Beides ist nötig, um die mindestens zweieinhalb Tonnen Gewicht möglichst selten spürbar werden zu lassen. Die schnelle Gleichstromladung mit bis zu 195 kW soll im Bestfall 170 weitere Kilometer Reichweite innerhalb 10 Minuten nachfüllen lassen. Das elektrische Spitzenmodell i7 M70 xDrive soll – wohl mit 485 kW und 1000 Nm, Genaueres wird noch nicht mitgeteilt – im Laufe des Jahres 2023 folgen. BMW verspricht "besonders sportliche Performance im Luxussegment".

Die im aktuellen 7er noch angebotenen Vier- und Zwölfzylindermotoren fallen aus dem Programm, als einzige Konfigurationen bleiben die Drei-Liter-Benzin- und Dieselmotoren sowie der 4,4-Liter-V8-Ottomotor für Märkte außerhalb Europas, alles Motoren, die bereits aus dem aktuellen Modellprogramm bekannt sind. Der Anteil an elektrischer Antriebsunterstützung für die Verbrennungsmotoren hingegen steigt. Als äußeres Zeichen, man liest es mit Erstaunen, werden die Auspuff-Enden der Modelle mit Fossilantrieb nun versteckt, statt sie zu inszenieren.

Als Plug-in-Hybrid-Spitzenmodell soll der BMW M 760e xDrive mit einem 280 kW leistenden Dreiliter-Reihensechszylinder-Benziner und einer Gesamtleistung von 420 kW und 800 Nm Augenhöhe mit dem aktuellen V12-Modell erreichen. Als batterieelektrische Reichweite gibt BMW 80 Kilometer an, als Verbrauch (beides laut WLTP) 1,1 Liter/100 km.

BMW 7er (4 Bilder)

Als batterieelektrisches Auto ist der 7er aufgebaut wie ein Tesla Model S: Traktionsbatterie im Mezzanin zwischen den Achsen, vorn und hinten je eine E-Maschine.

Im BMW 750e xDrive will BMW den fast baugleichen Plug-in-Hybrid-Antrieb mit 360 kW und 760 Nm Gesamtleistung anbieten, der Benziner bietet dann 230 kW. Beiden Modellen ist außer dem Motor auch eine Achtstufen-Wandlerautomatik und Allradantrieb gemein, sie sollen ab 2023 angeboten werden. Im Vergleich zu den aktuellen Plug-In-Modellen habe sich der Energiegehalt der Batterie um über 50 Prozent vergrößert, die Ladegeschwindigkeit verdoppelt.

Ganz ohne externe Aufladung fährt in Europa nur noch der 740d xDrive mit einem 220 kW leistenden Reihensechszylinder-Dieselmotor, den ein 200 Nm kräftiger Elektromotor im Getriebe unterstützt. Damit kommt der Antrieb auf beeindruckende 670 Nm Gesamtdrehmoment, das nur für Beschleunigungsspitzen abrufbar ist. Der Verbrennungsmotor allein bietet allerdings bereits 650 Nm. Im WLTP erreicht dieser Antrieb zwischen 6,9 und 5,9 Liter auf 100 km. Auch dieses Modell will BMW ab 2023 anbieten.

Nicht in Europa erhältlich wird BMW noch die Dreiliter-Reihensechszylinder-Modelle mit Hinterradantrieb 735i mit 210 kW und 425 Nm und 740i mit 280 kW und 540 Nm anbieten. Als außereuropäisches V8-Modell mit Allradantrieb wird der 760i xDrive mit 400 kW und 750 Nm erhältlich sein.

(fpi)