Elektroauto oder fossil befeuert: Warum schrumpft das Angebot an Kleinwagen?

Seite 2: Steigende Preise und das Warten aufs Auto

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Die enorme Verteuerung von Energie und Metallrohstoffen seit Beginn des Ukrainekriegs und von Elektronikbauteilen seit der Coronakrise ist ein Teil dieser Geschichte. "Die üblichen Preiserhöhungen der Hersteller erfolgten zuletzt in kürzeren Intervallen und in höherem Ausmaß", sagt Maier. Das geringere Angebot habe die Kosten für Einstiegsmodelle anziehen lassen. Dabei richten sich die Kleinen gerade an Haushalte, die nicht viel auf der hohen Kante haben, Nutzer von Zweitfahrzeugen oder Liefer- und Pflegedienste. Für ihre Dickschiffe reservierte die Branche hingegen oft und gern die erhältlichen Chipkontingente.

Der VDA sieht bei der Elektronik große Herausforderungen. "Deshalb kann es bei einzelnen Modellen zu einer Verlängerung der Lieferzeiten kommen." Maier indes glaubt, dass für zentrale Batterieressourcen wie Lithium und Kobalt einstweilen keine nennenswerte Entspannung zu erwarten ist. Dabei schlage "der relative Kostenblock einer Batterie bei Kleinwagen stärker zu Buche als in der Oberklasse".

Bei einigen VW–Händlern sorgt man sich um die künftigen Verkäufe. Eine hohe Führungskraft des zweitgrößten Autokonzerns sagte im Herbst: "Porsche, Audi oder Bentley wurden so bedient, wie sie es gebraucht haben. Dafür haben wir ein paar (VW) Polos, (Skoda) Fabias und (Seat) Ibizas weniger gebaut." Die Chipverfügbarkeit habe sich inzwischen aber verbessert. 2025 soll ein E-Kleinwagen in Pologröße (ID.2) bei 25.000 Euro starten. "Wenn es so bleibt, lösen sich Polo und ID.2 nahtlos ab", gibt man sich im Moment zuversichtlich.

Bis ein neu konzipiertes Massenmodell profitabel wird, vergehen oft Jahre. Zudem sind neue Technologien anfangs im oberen Segment wettbewerbsfähiger, solange sie noch relativ teuer sind. Für den späteren Durchbruch sind sogenannte Skaleneffekte wichtig – die Fähigkeit, über schiere Menge die Kosten so weit zu drücken, dass auch niedrigere Verkaufspreise Gewinn abwerfen. Der VDA erklärt: "Durch Skaleneffekte werden die Modelle in Zukunft günstiger werden." Maier ist nicht so überzeugt: "Ich gehe nicht davon aus, dass die etablierten deutschen Hersteller mittelfristig aktiv das Klein(st)wagen–Segment erschließen wollen oder gar mit "Budget Car"-Konzepten aufschlagen werden."

Sparsamere Verbrenner stoßen weniger CO₂ aus. Bei kleinen E-Modellen soll der geringere Ressourcenverbrauch die Klimalast drücken. Voraussetzung ist, dass die Batterie mit Ökostrom geladen wird – und beim Ausbau der erneuerbaren Energien drängen Klimaschützer die Bundesregierung zu deutlich mehr Tempo. Viele kritisierten in der Chipkrise, kleine E-Autos hätten Nachteile gegenüber großen. Volkswagens Pläne, die 2020 gestartete ID-Reihe nach unten auszuweiten, lobte selbst die sonst skeptisch eingestellte Umweltschutzorganisation Greenpeace. Warum ausgerechnet der VW E-Up und auch kleine Stromer anderer Hersteller vorher nicht mit Priorität bedacht werden, irritierte Verkehrsexperte Benjamin Stephan aber.

Andererseits betonen die Unternehmen, dass die verschärfte Abgasnorm Euro-7 die Kosten gerade kleiner Modelle erhöhen und diese unattraktiver machen dürfte. "Der Preisanstieg, der aus den angeforderten Weiterentwicklungen entsteht, wird insbesondere Kleinwagen betreffen", warnt der VDA. Allzu ehrgeizig gemeinte Reinigungstechnik falle bei den Kleinen relativ gesehen stärker ins Gewicht. Der Vertreter eines großen Herstellers bemängelt "fehlende Planbarkeit" für die kommenden Jahre.

Viele Hersteller beteuern, man brauche weiter Modelle zur Hinführung an bestimmte Marken. Auch weil das "geteilte" Auto im Abonnement beliebter werde, ließen sich hohe Neuwagenpreise teils ausbalancieren. Bratzel sieht jedoch die Gefahr, dass die allgemeine Inflation billige Wagen per se verdrängen könnte: "Die soziale Dimension von Auto-Mobilität muss mehr diskutiert werden. Ich nehme schon wahr, dass das Thema in Schichten mit weniger Geld emotional wahrgenommen wird. Wir müssen aufpassen, dass das nicht auch klimapolitisch nach hinten losgeht."

(fpi)