Volkswagen-Chef Blume: "Der E-Mobilität gehört die Zukunft"

An seinem ersten Arbeitstag als CEO von Volkswagen betont Oliver Blume, wie wichtig Elektroautos für den Konzern sind. Lob gibt es für den Vorgänger.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 69 Kommentare lesen
Oliver Blume

Oliver Blume hat in seinem neuen Job reichlich Baustellen, die er dringend angehen muss.

(Bild: Volkswagen)

Lesezeit: 6 Min.
Von
Inhaltsverzeichnis

Groß war die Aufregung, als Oliver Blume noch vor seinem Antritt als Chef der Volkswagen-Gruppe sich zu e-Fuels bekannte. Es muss ihm vor Augen geführt haben, wie wichtig es in seinem neuen Job ist, zu bedenken, dass einzelne Aussagen isoliert herausgegriffen werden. Denn natürlich hatte er keinesfalls im Sinn, von der Elektromobilität abzurücken.

So war Blume denn auch bemüht, genau das an seinem ersten Arbeitstag nochmals zu betonen: "Der E-Mobilität gehört die Zukunft", sagte er. "Wir werden das bisherige Tempo beibehalten und, wo möglich, erhöhen. Ich bin ein Fan der E-Mobilität und stehe zu diesem Weg auch durch meine Arbeit bei Porsche." Für ihn stünden Teamwork, Fokus und Umsetzung im Vordergrund.

Blume warb zu seinem Start an der Konzernspitze für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Akteuren in dem komplexen Unternehmen. Der Ausbau der Elektromobilität werde fortgesetzt und forciert. Unter seinem Vorgänger Herbert Diess habe die Führung insgesamt "strategisch und technologisch einen guten Job" gemacht, sagte er in einer internen Manager-Konferenz. "Jetzt müssen wir liefern", so Blume, "im Interesse unserer Kunden, unserer Investoren und der gesamten Volkswagen-Mannschaft". Der Produktionsexperte behält zunächst auch die Leitung der Marke Porsche.

In den vergangenen Jahren habe Europas größtes Unternehmen "die richtigen Weichen gestellt", meinte er mit Blick auf zentrale Themen der Autobranche wie alternative Antriebe, Digitalisierung oder den Wandel der Arbeitswelt. Viele Branchenbeobachter sprachen auch Diess hierfür große Anerkennung aus. Dabei gibt es an der Umsetzung vieler Vorhaben unter seiner Führung durchaus Kritik. Wichtige Modelle des Konzerns haben mit schweren Software-Pannen zu kämpfen. Was Volkswagen den Kunden in dieser Hinsicht in der jüngeren Vergangenheit serviert hat, dürfte die Marken reichlich Sympathien gekostet haben.

Bei der Ladeleistung von Elektroautos sind Hersteller wie Hyundai vorbeigezogen. Erst langsam holt Volkswagen auch bei den Modellen diesseits von Porsche Taycan und Audi e-tron GT (Test) in diesbezüglich auf. Nachholbedarf gibt es auch bei der oberflächlichen Anmutung, früher ein häufig herausgestelltes Merkmal der Marke. VW hat in diesem Punkt stark nachgelassen.

Zudem machen sich Lücken im Sortiment schmerzhaft bemerkbar. Der VW e-Up und seine Derivate von Seat und Skoda passen als vergleichsweise günstige, kleine Elektroautos gut in die Zeit, die Kundschaft fragt genau dieses schmal besetzte Segment gerade verstärkt nach. Doch Volkswagen kann nicht liefern. Der VW ID.2 soll frühestens Ende 2024 auf dem Markt sein und teurer werden als angekündigt. Auch Plug-in-Hybride sind mitten in der Hochphase ihrer Förderung beim Marktführer nicht mehr zu bestellen. Daran trägt VW nur zum Teil die Schuld, der Mangel an Bauteilen trifft schließlich alle Hersteller. Doch eine der Aufgaben des neuen Chefs wird sein, die Zahl der Auslieferungen wieder in die gewohnten Bahnen zu bekommen. Es ist ja nicht so, dass die Kunden das Interesse verloren hätten.

In den Beziehungen zum Betriebsrat, zur IG Metall und zum Land Niedersachsen gab es zuletzt oft große Spannungen. Dem bisherigen VW-Chef wurden etwa Alleingänge bei Sparvorschlägen, eine stetige Erhöhung des Drucks an den Werkslinien und ein ruppiger Kommunikationsstil vorgeworfen. Vor allem letzteres dürfte dazu beigetragen haben, dass Diess vorzeitig abtreten musste. Wie sein Vorgänger Matthias Müller neigt auch Diess dazu, im Zweifelsfall Dinge undiplomatisch zu benennen, was dann zu Verstimmungen bei jenen führen kann, die solche Machtpositionen strukturell unterfüttern. Es wird sich zeigen, ob Blume die Stützen seines Status geschickter pflegen kann als die beiden vorherigen Chefs von Volkswagen.

Der Anfang 2022 auf ein Dutzend Manager erweiterte Vorstand wird jetzt gestutzt. Wie Volkswagen bestätigte, sollen Vertrieb, Beschaffung, Produktion und Entwicklung in einer Art "Synergien-Ressort" aufgehen. Dieses firmiert zusätzlich als "erweiterte Konzernleitung". Dadurch bleiben insgesamt neun Einzelposten auf der obersten Führungsebene übrig. Blume selbst werde sich als Vorsitzender "dabei auf Strategie, Qualität, Design sowie die Software-Tochter Cariad konzentrieren", hieß es nach einem Beschluss des Aufsichtsrats. Laut Chefkontrolleur Hans Dieter Pötsch haben die Veränderungen das Ziel, Komplexität abzubauen und den Aufgabenzuschnitt zu schärfen. Zudem sollen sie die schon länger bestehende Maßgabe unterfüttern, dem Konzern nur die Gesamtsteuerung sowie die übergreifenden Themen zuzuschreiben – und den Marken wie VW, Audi, Porsche, Skoda oder Seat mehr "unternehmerische Verantwortung" zu geben, wie Blume ergänzte.

Sektoren wie Einkauf und Vertrieb oder die durch immer mehr Gleichteil-Baukästen geprägten Felder Entwicklung und Produktion sollen daher in der "erweiterten Leitung" gebündelt werden. In diesem Zusammenhang geht es auch um Standardisierung und Kostensenkung. Der strukturelle Umbau hat dabei fast keine Auswirkungen auf die personelle Besetzung. Hildegard Wortmann soll für das Thema Vertrieb zuständig bleiben, Murat Aksel für den Einkauf. Der Entwicklungschef von Porsche, Michael Steiner, füllt diese Aufgabe jetzt auch für den Konzern aus, gleiches gilt für Christian Vollmer von der Kernmarke VW und das Ressort Produktion.

In den zurückliegenden Wochen hatte es in einigen Berichten Spekulationen gegeben, dass manche Bereiche auch ganz gekappt werden oder manche Führungskräfte ausscheiden könnten. Auf oberster Ebene bleiben neben Blume der neue VW-Hauptmarkenchef und Koordinator des Massengeschäfts, Thomas Schäfer, Audi- und Oberklassen-Chef Markus Duesmann, der Personalvorstand und Chef der Truck-Sparte, Gunnar Kilian, sowie China-Chef Ralf Brandstätter. Außerdem gehören Rechtschef Manfred Döss, Technikchef Thomas Schmall, IT-Chefin Hauke Stars und Finanzchef Arno Antlitz zum Kernteam des Konzernvorstands. Antlitz soll übergangsweise einige Funktionen zusammen mit Blume ausfüllen. Denn der Börsengang der Porsche AG gehört zu den wichtigsten Projekten in den kommenden Monaten.

(mfz)