Gericht: Toll Collect klaute Kartendaten im Internet
Das Berliner Landgericht soll das LKW-Maut-Konsortium Toll Collect wegen einer Urheberrechtsverletzung verurteilt haben. Nach einem Lasttest gibt sich Toll Collect derweil optimistisch, den Starttermin 1. Januar 2005 halten zu können.
Nach Presseberichten (unter anderem in Focus, Tagsspiegel und Welt am Sonntag) hat das Berliner Landgericht Berlin das LKW-Maut-Konsortium Toll Collect wegen einer Urheberrechtsverletzung verurteilt. Mitarbeiter der Firma sollen im Mai über 200 MByte an Kartenmaterial vom Server www.stadtplandienst.de heruntergeladen haben, ohne die für gewerbliche Nutzung geforderte Gebühr zu zahlen. Ob sie dabei in Eigeninitiative oder im Firmenauftrag handelten, konnte das Gericht nicht klären. Allerdings sieht es laut Focus "das Abrufen von Kartenmaterial in engem Zusammenhang mit der geschäftlichen Tätigkeit" von Toll Collect.
Einen solchen Zusammenhang bestreitet der Toll-Collect-Sprecher Harald Lindlar jedoch im Tagesspiegel. Denn ein Teil des Kartenmaterials seien Stadtpläne von Berlin und Stuttgart, und die sind nach Angaben von Lindlar für das Autobahnmautsystem nicht erforderlich.
Nach Angaben des Stadtplandienst.de-Betreibers Euro Cities hat das kostenlos geladene Kartenmaterial einen Wert von 532.000 Euro. Eine Zivilklage soll daher folgen, sobald das Urteil rechtskräftig ist. Allerdings soll Toll Collect bereits Berufung eingelegt haben.
Derweil verbreitet Toll Collect hinsichtlich seines eigentlichen Vorhabens, des Aufbaus der satellitengestützten LKW-Maut, Optimismus: Ein erster Lasttest soll, trotz eines einmaligen Systemausfalls während des Versuchs, laut Spiegel erfolgreich verlaufen sein. Insgesamt seien innerhalb von 24 Stunden über 800.000 Datensätze verarbeitet worden; die Fehlerquote habe lediglich bei 3 Prozent gelegen, was das Betreiberkonsortium ebenso wie Verkehrsminister Manfred Stolpe als Erfolg bezeichneten. Der Starttermin 1. Januar 2005 für die erste Phase der LKW-Maut ist laut Toll Collect nicht gefährdet -- obwohl es anscheinend immer noch einen Einbaurückstand bei den On Board Units (OBU) gibt.
Zu den Verwicklungen um die MauteinfĂĽhrung in Deutschland siehe auch: (je)
- Verursacherbedingt verspätet -- Das "fortschrittlichste Mautsystem der Welt" und die Realität, c't 22/2003, S. 92, verfügbar im heise online-Kiosk
- Ausgebremste Automatik -- Das Kreuz mit der satellitengestĂĽtzten Lkw-Maut, c't 21/2002, S. 60
- Schwarzer Peter gesucht
- Einbauwille mangelhaft
- CDU erwägt PKW-Maut
- Ein Tipp der Spediteure
- Probleme im Promillebereich
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- Höhere Abgaben im Gespräch
- Die OBU-Welle kann rollen
- MĂĽnchner GrĂĽne wollen City-Maut mit RFID-Technologie
- FĂĽr PKW-Maut nur bedingt geeignet
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- "Neuer Maut-Plan ist realistischer"
- 2500 OBU pro Tag
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