Billig-Elektroauto Dacia Spring im Test: Die Kunst des Weglassens

Seite 2: Laden, Verbrauch, Fahrwerk, Preise

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Andererseits gibt es auch nichts zu beschönigen: Allerspätestens ab 70 km/h wird es spürbar zäher, und oberhalb von 115 km/h scheint zunächst vor allem die Topografie für eine weitere Beschleunigung entscheidend zu sein. Mit etwas Geduld sind 130 km/h laut Anzeige drin. Falls der Fahreindruck mit 33 kW trotzdem noch zu forsch erscheinen sollte, bleibt als Ausweg der Druck auf die Eco-Taste. Doch selbst mein Kollege Florian, dessen Fuhrpark als rasantestes Auto einen 43-kW-Corsa vorhält, befand das Ergebnis dann als "arg zäh" – wobei er aber auch immer "pedal to the metal" fährt. Der E-Motor des Spring wird im Sparmodus auf 23 kW zurückgeschnitten, die Reichweite soll laut Hersteller um bis zu 9 Prozent steigen.

Für den Energiegehalt des Speichers kursieren zwei verschiedene Angaben. In der Preisliste vom 1. März 2022 werden in den technischen Daten als "Batterie-Nennwert" 26,8 kWh erwähnt. Auf den Webseiten von Dacia ist hin und wieder auch von 27,4 kWh die Rede. Geladen werden kann die Batterie einphasig mit maximal 6,6 kW. In der heimischen Garage dürfte durch die Begrenzung der Schieflast auf 20 Ampere bei 4,6 kW meist die Spitze erreicht sein. Mit einer geförderten Wallbox, die ihre 11 kW Maximalleistung auf drei Phasen verteilt, ist bei 3,7 kW Schluss. Die vollen 6,6 kW, die Dacia angibt, lassen sich also in der Regel nur an öffentlicher Ladeinfrastruktur nutzen.

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Nur für die Topversion gibt es für 700 Euro Aufpreis die Option, auch mit Gleichstrom laden zu können. Unter idealen Bedingungen, also Batterie im Temperatur-Wohlfühlbereich und Ausgangs-Ladestand von rund 10 Prozent, sind dann bis zu 30 kW in der Spitze möglich. Von 15 auf 80 Prozent sollen so 40 Minuten nötig sein, verspricht Dacia. Wer mit dem Spring längere Touren plant, wird unterwegs dieses, verglichen mit anderen E-Autos, laue Ladetempo dem serienmäßigen AC-Laden sicher vorziehen.

Die Anzeige im Kombiinstrument versprach Verbrauchswerte ab 14,5 kWh/100 km aufwärts, in der Spitze waren es bis 19,8. Die Auswertung an der Wallbox, die auch die Ladeverluste enthält, signalisierte eher Werte ab 16 kWh aufwärts je 100 km. Zum Testzeitpunkt war es nachts mit rund -5 Grad Celsius knackig kalt, tagsüber mit etwas unter 10 Grad schon fast frühlingshaft. Das ist für die Einordnung der Verbrauchsangabe wichtig, denn der E-Motor produziert bekanntermaßen kaum Wärme als Abfallprodukt – im Gegensatz zu einem Verbrenner. Die Wärme muss für die Aufheizung des Innenraums im E-Auto zusätzlich erzeugt werden, und das schlägt auf den Stromverbrauch. Bei zurückhaltender Fahrweise lag die angezeigte Reichweite im Test bei maximal 185 km.

Das Fahrwerk erweckt den Eindruck, als sei warme Margarine in den Dämpfern, jegliche Ambitionen, Kurven flott zu durcheilen, werden so zuverlässig schon im Ansatz unterbunden. Mein Kollege Christian schrieb gar ins Fahrtenbuch: "Man muss es leider so klar benennen: Das ist das schlechteste Fahrwerk in meiner Karriere. Bei 60 bis 90 km/h eine Art Dauerschaukelstuhl." Passend dazu wurde die Lenkung nicht nur von jeglicher Rückmeldung oder gar Anflügen von Präzision befreit. Im Testwagen fiel auch noch eine viel zu geringe Rückstellkraft um die Mittellage auf. Wäre es mein Auto, ich würde den Händler bitten, dem mit geringfügig mehr Vorspur entgegenzuwirken, auch wenn der Reifenverschleiß an den Antriebsrädern so minimal steigen wird. "Mehr Vorspur" bedeutet, dass über die Spurstangen die Räder in Fahrtrichtung vorn innen näher zueinander gestellt werden. Bei einer Achsvermessung bewegt man hier mit Nuancen unter Umständen schon sehr viel.

Dacia bietet den Spring als "Comfort" ab 20.940 Euro und als "Comfort Plus" ab 22.090 Euro an. Von diesen Summen können die vollen 9570 Euro Subvention abgezogen werden. Wesentlicher Unterschied zwischen beiden Versionen sind eine Metalliclackierung und das Infotainmentsystem samt Rückfahrkamera. Ob das zusammen der Zielgruppe mehr als 1000 Euro wert ist? Unser Tipp wäre ein anderer. Wenn sie den Spring einsetzen, wofür er vor allem gedacht ist, nämlich im wortwörtlich gemeinten Nahverkehr, können Sie sich die Luxusversion und die DC-Lademöglichkeit sparen. Wenn Ihnen die serienmäßige Radioausstattung des Basismodells mit USB-Anschluss und Freisprecheinrichtung nicht ausreichen sollte, schauen Sie sich lieber auf dem freien Markt nach Unterhaltungselektronik um. Diese wird dann wesentlich leistungsfähiger sein als das, was Dacia ab Werk bietet.

Dacia Spring (14 Bilder)

Auf kurzen Strecken lässt sich mit den Sitzen auskommen. Für mehr ist der Spring nicht gedacht.
(Bild: Florian Pillau)

Mit Endpreisen von 11.370 bis 13.220 Euro hat Dacia sein Ziel erreicht: Kein Großserienhersteller bietet ein aktuelles Elektroauto zu diesem Preis. Das Angebot richtet sich an Interessenten, die elektrisch fahren und so wenig wie eben nur möglich für einen Neuwagen ausgeben wollen. Diesem Diktat ist letztlich alles untergeordnet. An die Kompromissbereitschaft werden hier hohe Ansprüche gestellt. Das betrifft nicht nur jene an Komfort, sondern auch an die Nachhaltigkeit. Der dünnhäutige Aufbau des Spring und die zum Teil grobe Verarbeitung wecken gewisse Zweifel daran, dass dieses Auto ohne sehr sorgsame Pflege überdurchschnittlich alt wird. Wer das plant, sollte den Spring rasch nach dem Erwerb gründlich konservieren lassen – wobei Clemens am Peugeot e-208 schon gezeigt hat, dass dies durchaus auch bei deutlich teureren Autos eine Überlegung wert ist.

Der Spring zeigt aber noch etwas ganz anderes, nämlich wie ausgedünnt das Angebot an Elektroautos in diesem Segment ist. Renault bietet den Twingo electric an, der eine noch kleinere Batterie hat, die sich allerdings dreiphasig mit bis zu 22 kW laden lässt. Der Twingo ist jedoch ein paar Tausender teurer – in dieser Klasse sehr viel Geld. Das trifft erst recht auch auf den VW e-Up zu, der ja vorübergehend mit umfangreicher Ausstattung wieder zu bestellen ist. Er ist erheblich teurer, doch unter normalen Umständen wäre die Empfehlung glasklar: Einer der steinalten Volkswagen-Drillinge mit E-Motor wäre gegenüber dem Spring die bessere, modernere Wahl – wenn Volkswagen denn liefern könnte.

Doch Volkswagen kann oder will nicht: Der für kurze Zeit wieder ins Programm genommene VW e-Up ist nur noch mit Vollausstattung zu haben und kostet nach Abzug der Subventionen rund 17.000 Euro. Das ist fraglos erheblich mehr als Dacia für den Spring verlangt. Dafür bekommt man bei Volkswagen allerdings das viel bessere Fahrwerk, mehr Komfort, eine höhere Motorleistung und eine größere Batterie, die sich etwas schneller laden lässt. Vermutlich aber kalkuliert Dacia richtig, dass es der eigenen Zielgruppe vor allem um den Preis geht. Und der ist aktuell konkurrenzlos.

Dacia hat die Überführungskosten übernommen, der Autor jene für Strom.