Erste Ausfahrt im Hyundai i20: Gestraffter Kleinwagen mit Mildhybrid

Hyundai hat den Kleinwagen i20 runderneuert und dabei den Fahrwerksbereich neu ausgerichtet. Als Mildhybrid soll er zudem sparsamer als bisher sein.

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Hyundai i20
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Inhaltsverzeichnis

Hyundai machte in der Kleinwagen-Klasse bislang kein schlechtes Angebot: Der nun alte i20 war ein gutes Auto ohne modische Allüren, die im täglichen Umgang nerven. Der Neue knüpft daran an, setzt aber insbesondere im Bereich Fahrwerk aber andere Prioritäten.

Dort hat Hyundai den Schwerpunkt nun in Richtung Sport verschoben. Der neue i20 ist wesentlich straffer abgestimmt, was einerseits zur Folge hat, dass sehr viel mehr Informationen über den Straßenzustand durchgereicht werden als bisher. Das ist eine durchaus mutige Entscheidung, denn der Komfort leidet darunter etwas. Hyundai hat die Dämpfer dabei nicht so einseitig ausgelegt wie Mini, ein gewisses Schluckvermögen blieb erhalten, was bei einem Auto dieses Formats sinnvoll erscheint.

Die neue Fahrwerksauslegung bringt aber auch eine bisher ungewohnte Handlichkeit mit sich. Zusammen mit der präzisen Lenkung fährt der i20 viel agiler ums Eck als bisher. Der Kompromiss, den Hyundai insgesamt angestrebt hat, ist spürbar anders als bisher und wird auch nicht jedem gefallen. Zumindest passt die Abstimmung insgesamt aber harmonisch zusammen. Der ähnlich abgestimmte Ford Fiesta hat hier einen ernsthaften Konkurrenten bekommen. Ein VW Polo fährt komfortabler.

Der Testwagen war mit dem Einliter-Dreizylinder in der 120-PS-Variante ausgestattet. Das ist fraglos schon mehr, als sich die meisten Kunden in diesem Segment gönnen. Die überwiegende Zahl i20 dürften hierzulande mit 84 oder 100 PS ausgeliefert werden, was den Kleinwagen für fast alle Einsatzzwecke vollkommen ausreichend flott motorisieren wird. Das vorläufige Spitzenmodell wird nur als Mildhybrid angeboten, der Kunde hat allerdings die Wahl zwischen einem manuellen Schalt- und einem Doppelkupplungsgetriebe. Der Testwagen hatte letzteres eingebaut, womit dem Motor sieben Übersetzungen zur Seite stehen.

Der i20 kann damit nicht nur segeln, sondern in begrenztem Rahmen auch eine Lastpunktverschiebung vornehmen. Beides soll den Verbrauch senken, doch dramatisch besser als die Konkurrenz ist der i20 damit nicht. Im WLTP nennt Hyundai 5,5 Liter, Seat verspricht in diesem Zyklus für den Ibiza mit 110 PS und DSG 5,6 Liter. Die begrenzte Wirksamkeit der Mildhybridisierung lässt sich beim i20 an anderer Stelle recht gut nachvollziehen. Die Ausführung mit 100 PS und Schaltgetriebe gibt es mit und ohne Mildhybrid, die Verbrauchsdifferenz liegt im WLTP bei 0,2 Litern. In der Preisliste liegen zwischen beiden 1000 Euro – da muss man von den kleinen Vorteilen der Mildhybridisierung schon ziemlich überzeugt sein. Dieser spontane Eindruck wandelt sich ein wenig, wenn man etwas genauer hinschaut.

Die Batterie ist in allen i20 mit Mildhybrid mit einem Energiegehalt von 0,46 kWh klein, doch für den eigentlichen Sinn und Zweck eines solchen Hybriden reicht das aus. Denn er soll das Auto ja nicht elektrisch antreiben, sondern den Verbrenner möglichst oft im Bereich deines optimalen Wirkungsgrades arbeiten lassen. Liegt der aktuelle Lastpunkt leicht unter dem Optimum, wird der kleine Speicher gefüllt – und umgekehrt.

Hyundai i20 2020 (13 Bilder)

Der neue Hyundai i20 ist modern gezeichnet, ohne es dabei zu übertreiben. Übertriebene Extravaganzen ...

Einen Hinweis darauf, dass der zusätzliche Aufwand in bestimmten Situationen durchaus etwas bewirkt, liefert der veraltete NEFZ. Im Stadtverkehr ist der 100 PS-i20 mit Mildhybrid einen ganzen Liter sparsamer als ohne. Daraus folgt: Je niedriger und wechselhafter ein Geschwindigkeitsprofil ist, umso eher kann ein Mildhybrid seine Vorteile ausspielen. Unsere erste Ausfahrt war zu kurz, um sich ein umfassendes Bild des Verbrauchs zu machen. Der Bordcomputer zeigte Werte um 5,5 Liter an. Ein Test folgt.

Mit dem 120-PS-Motor ist der i20 schon üppig ausstaffiert. Auf der Autobahn sollen rund 190 km/h möglich sein. Viel wichtiger erscheint, dass im Alltag stets üppige Reserven bereitstehen, die man nur selten antasten muss. Das Getriebe kaschiert bei flotter Fahrt die leichte Schwäche unterhalb von 2500/min ziemlich gekonnt, allgemein ist die Schaltstrategie gut nachvollziehbar.

Immer wieder erstaunlich ist, was in dieser Klasse inzwischen an Assistenz geboten wird. Der i20 kann, sofern der Kunde das alles bestellt, vor nahendem Querverkehr beim Ausparken warnen und ggf. auch bremsen. Er hält die Spur, weist auf Fahrzeuge im toten Winkel hin kann natürlich auch mit einem Abstandstempomaten dienen. Er erkennt Verkehrszeichen und meldet dem Fahrer eine Überschreitung. Eine besonders interessante Idee erscheint uns ein Assistent, der darauf hinweist, dass das Auto vor einem losgefahren ist, man selber aber noch nicht. Ob das den Verkehr in Innenstädten tatsächlich beschleunigt? Zweifel sind erlaubt. Im breiten Angebot fehlt auch Matrixlicht, wie es im Opel Corsa schon zu haben ist.

Platz ist in dem 4,04 Meter langen Hyundai i20 genug vorhanden. Selbst hinten haben 1,85 Meter große Personen ausreichend Bewegungsfreiheit, obwohl das Dach 24 mm niedriger ist als bisher. Dafür ist der Radstand um 10 mm länger und die Karosserie um 30 mm breiter. Eine Enttäuschung ist das Kofferraumvolumen. Die Versionen ohne Mildhybridisierung bieten mit 352 Litern ein für diese Abmessungen sehr ordentliches Volumen, doch mit der E-Unterstützung bleiben nur 262 Liter übrig. Hinzu kommt: Die Ladekante ist recht hoch.

Im Innenraum überzeugen die bequemen Sitze mit ausreichendem Seitenhalt. Das Display im Kombiinstrument ist im Retro-Stil gehalten und sieht ziemlich schick aus. Zudem lässt es sich ausgezeichnet ablesen, was nicht zuletzt daran liegt, dass Hyundai es nicht mit Informationen überfüllt hat. Gut gelungen ist auch das Infotainmentsystem, das alle wichtigen Funktionen mitbringt und sogar über eine brauchbare Sprachsteuerung verfügt. Mit 1443 Euro ist es aber, gerade in diesem Segment, tapfer eingepreist. Apple CarPlay und Android Auto sind ab der "Trend”-Ausstattung serienmäßig.

Leider hat Hyundai den i20 etwas billig ausgekleidet, geschäumte Kunststoffe gibt es nicht. In einer Klasse, die heute als Kleinwagen gilt, ist das im Prinzip schon in Ordnung so. Doch Autos wie der i20 haben nicht nur die Länge dessen erreicht, was vor 25 Jahren ein Segment höher üblich war. Sicher, dass Basismodell kostet vergleichsweise fair erscheinende 13.687 Euro. Doch Hyundai bietet für diese Ausführung keine Klimaanlage an – auch gegen Aufpreis nicht. Die überwältigende Mehrheit wird also eine Stufe höher einsteigen, was dann den Preis auf mindestens 16.074 Euro anhebt. Das günstigste Modell mit Mildhybrid liegt schon bei 18.024 Euro, mit dem gelungenen Doppelkupplungsgetriebe kommen nochmals 1500 Euro hinzu.

Auch ohne ausgeprägte Luxus-Ansprüche überschreitet der Listenpreis rasch die Marke von 20.000 Euro, der umfangreich ausgestattete Testwagen lag bei deutlich mehr als 26.000 Euro. Diese erste Probefahrt zeigt, dass sich Hyundai dieses Selbstbewusstsein durchaus leisten kann, denn der i20 ist ein gutes Auto geworden. Ich vermute dennoch, dass der ein oder andere Kunde, der beim Hyundai-Händler noch immer ein Schnäppchen erwartet, angesichts dieser Preise staunen wird.

(mfz)