Fahrbericht BMW 230e: Plug-in-Hybrid lädt schneller als bisher

In neuen 2er-Van bietet BMW zwei Plug-in-Hybriden an, die sich mit 7,4 kW laden lassen. Doch BMW hat offenbar nur einen halben Schritt unternommen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 50 Kommentare lesen
BMW 230e

Der neue 2er-Van ist nicht länger als sein Vorgänger: 4,39 m.

(Bild: BMW)

Lesezeit: 7 Min.
Inhaltsverzeichnis

So konnte das nicht weitergehen, schließlich waren wir nicht die einzigen, die in BMW-Plug-in-Hybriden das gemütliche Ladetempo immer wieder hart kritisiert haben. Nun wird also nachgelegt: 225e und 230e können mit bis zu 7,4 kW Ladeleistung glänzen. Das ist wahrlich noch immer kein atemberaubendes Tempo, aber doch deutlich mehr als bisher. Zur Spitze bei den PHEV schließt BMW damit nicht auf, denn die ist mit dreiphasigen Ladegeräten, die an Wechselstrom bis zu 11 kW bieten, und der Option auf Gleichstromladen mit bis zu 60 kW weit enteilt. Dennoch sind die 7,4 kW ein Fortschritt. Die Frage ist nur, ob von diesem viele Fahrer profitieren.

Natürlich haben wir bei BMW nachgefragt, wie die 7,4 kW in der Praxis zu nutzen ist. Denn entscheidend dafür ist, auf wie viele Phasen sich die Ladeleistung verteilt. Die Antwort von BMW: "1-phasig mit 32 A auf einer Phase, 3-phasig 10,5 A je Phase." Sollte das tatsächlich so sein, und Zweifel daran sind erlaubt, hätte BMW in ein dreiphasiges Ladegerät investiert und die Ladeleistung je Phase auf 2,4 kW beschränkt. Wir sind uns ziemlich sicher, dass BMW einen solchen Sonderweg nicht gegangen ist. Vielmehr deutet einiges darauf hin, dass ein einphasiges Ladegerät verbaut ist. In der heimischen Garage wäre damit in der Regel bei 3,7 kW Schluss. Denn bei den geförderten Wallboxen ist jede Phase mit 16 A abgesichert. Spricht das Ladegerät im Auto nur eine Phase an, fließen somit eben nur 3,7 kW. Die volle Ladeleistung von 7,4 kW ließe sich, so wir mit unserer Vermutung recht haben, mit dem BMW deshalb nur an der öffentlichen Ladeinfrastruktur nutzen.

Bei der Aufteilung der Antriebe bleibt BMW dem bisherigen Weg treu, der sich grundlegend von den größeren Modellen unterscheidet. Dort ist der E-Motor zwischen Verbrennungsmotor und Getriebe untergebracht. In allen Modellen, die primär auf Frontantrieb ausgelegt sind, nimmt BMW eine räumliche Trennung vor: Der Verbrenner treibt nur die Vorderräder an, der E-Motor nur die Hinterräder. Das verspricht Vorteile in der Effizienz, denn die Antriebsleistung des E-Motors muss so nicht durch das Getriebe. Nachteile einer solchen Achse sind höhere Kosten und der Platzbedarf im Heck.

Hybridantriebe im Pkw

BMW bietet im 2er-Van zwei Plug-in-Hybride an, die sich bei beiden Antrieben leistungsmäßig unterscheiden. Im 225e, der vermutlich einen höheren Verkaufsanteil haben wird, leistet der Verbrenner 100 kW, der E-Motor 80. Im von uns gefahrenen Topmodell 230e sind es 110 und 130 kW. Die Systemleistung entspricht hier jeweils der Summe beider Antriebe, der Fahrer kann also im 225e auf 180, im 230e auf bis zu 240 kW Systemleistung zurückgreifen. Beide versprechen demnach Fahrleistungen, die in einem Auto, das sich vor allem an Familien richtet, wohl nur eine Minderheit einfordert.

Unterwegs bestätigt sich der Eindruck, dass der 2er Active Tourer auch in zweiter Generation kein Auto ist, das dazu animiert, die für den 230e versprochenen 5,5 Sekunden im Standardsprint unbedingt nachvollziehen zu müssen. Das Leistungsangebot des weniger kräftigen 225e, für den 7 Sekunden genannt werden, dürfte weit mehr als nur ausreichend dimensioniert sein.

Vergrößert hat BMW auch den Speicher. 14,2 kWh netto lassen sich nun nutzen, für die eine elektrische Reichweite von bis zu 90 km versprochen wird. Das macht BMW natürlich nicht komplett freiwillig, sondern in Vorbereitung auf eine Förderrichtlinie, die verschärft werden soll. Für eine Aussage zum realen Verbrauch inklusive Ladeverlusten waren die knapp 50 km, die uns der 230e für diese erste Probefahrt insgesamt zur Verfügung stand, viel zu kurz. Ein Testwagen ist bereits angefragt.

Wie in der Vergangenheit hat sich BMW beim Fahrwerk für eine deutlich straffe Grundnote entschieden. Unter seinesgleichen lässt sich der Van also flink um die Kurve werfen. Auch die exakte Lenkung ist recht direkt übersetzt, wenngleich spürbar gedämpft. Das Paket wirkt in sich durchaus stimmig, kommt aber an die Güte eines 5ers natürlich nicht heran. Wer den 2er ohne PHEV-Antrieb bestellt, kann ein Sportfahrwerk mit 15 mm Tieferlegung ordern. Uns erschien die Serienabstimmung bereits recht straff, es wird aber sicher Kunden geben, die es gern noch unnachgiebiger hätten. Eine Probefahrt sei vor der Fahrwerksentscheidung empfohlen. BMW verspricht eine frequenzabhängige Dämpfung: Bei vielen Anregungen hintereinander reagieren die Dämpfer weich, bei niedrigen Frequenzen gibt es ein härteres Ansprechen.

Als einer der ersten bekommt der 2er-Van das Infotainmentsystem OS8. Bislang war es nur in BMW iX (Test) und i4 eingebaut. Umsteigern vom alten System wird es nicht unbedingt leichtgemacht, denn iDrive-Dreh-Drücksteller und frei belegbare Favoritentasten sind verschwunden. Doch BMW hat sich nicht nur eine weitgehend selbsterklärende Menüstruktur ausgedacht, sondern auch eine gute Sprachsteuerung beigelegt. Dazu arbeitet das System rasend schnell. Keine Frage, OS8 gehört mit zum besten, was man derzeit an Unterhaltungselektronik im Auto kaufen kann.

BMW 230e (21 Bilder)

Der Plug-in-Hybrid kann nun schneller laden. Doch wer zu Hause lädt, hat davon meist nichts.

Das Kombiinstrument ist nach wie vor wenig variabel. BMW nutzt die Möglichkeiten, die sich mit einem Display eröffnen, nicht für grundsätzlich verschiedene Layouts – schade eigentlich. Denn der große Pfeil links im Display für das Tempo ist derart schlecht ablesbar, dass die Programmierer gut daran getan haben, die Geschwindigkeit direkt daneben in Zahlen einzublenden. Skurril wirkt die Idee, die moderne Display-Landschaft mit einem Head-up-Display zu versehen, das seine Informationen auf einer eigener, kleiner Scheibe darstellt. These: Mit dem ersten Facelift verschwindet diese Sparmaßnahme.

Vermutlich werden wir niemanden mit der Feststellung überraschen, dass BMW sich weiterhin nicht als Massenhersteller sieht. Der 2er-Van ist wie gewohnt selbstbewusst eingepreist. Der 225e steht mit mindestens 43.950 Euro in der Liste, der 230e ist ab 47.550 Euro zu haben. Bei beiden kann die volle Subvention abgezogen werden - insgesamt 7177,5 Euro. Damit unterbietet der 225e einen 220i, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Preis vor Ort beim Händler noch individuelle Nachlässe enthalten wird, die für den PHEV in der Regel niedriger ausfallen werden.

Wie immer sind diese Basispreise als das zu sehen, was sie sind: Ausgangspunkte. Denn allein mit besseren, beheizbaren Sitzen, einer anderen Lackfarbe als Schwarz, Alufelgen in gewisser Größe, Assistenten und gutem Licht kommt schnell noch eine erhebliche Summe hinzu. Andererseits ist die Serienausstattung nicht mehr ganz so ärmlich wie einst: Tempomat, Einparkhilfe samt Rückfahrkamera, Zweizonen-Klimaautomatik, LED-Scheinwerfer und Navi sind stets inklusive.

(mfz)