Fahrbericht Skoda Kodiaq iV mit Plug-in-Hybrid: Kommt weiter, lädt schneller

Erstmals gibt es im Kodiaq einen Plug-in-Hybridantrieb. Der bietet eine vergleichsweise hohe Ladeleistung und verspricht viel Reichweite. Wie fährt er sich?​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 296 Kommentare lesen
Skoda Kodiaq iV 2024

(Bild: Skoda)

Lesezeit: 6 Min.
Von
Inhaltsverzeichnis

Wer nur auf deutsche Zulassungszahlen schaut, könnte im vergangenen Jahr zu dem Schluss gekommen sein, dass die Zeit für Plug-in-Hybride mit dem Wegfall der Förderung endgültig vorbei ist. Diese Sicht würde allerdings ausblenden, dass es auf anderen Märkten durchaus eine relevante Zahl von Interessenten gibt. Volkswagen ist mit der Ertüchtigung seiner Plug-in-Hybride also spät dran, möglicherweise allerdings nicht zu spät. Was das bedeutet, sollte eine erste Probefahrt in einem Skoda Kodiaq iV zeigen.

Der Antriebsstrang wird in dieser Form in einige Neuerscheinungen von Volkswagen eingebaut. VW Tiguan und Passat gehören dazu, der zweite Kodiaq auch. Bestandteile sind ein 1,5-Liter-Vierzylinder, ein E-Motor, ein Doppelkupplungsgetriebe mit sechs Gängen und eine auf netto 19,7 kWh vergrößerte Batterie. Der Verbrenner arbeitet im Miller-Zyklus. Die Einlassventile schließen deutlich vor dem unteren Totpunkt, was einerseits die Effizienz erhöht, andererseits aber Leistung und vor allem Drehmoment kostet. Das wird über den Turbolader mit variabler Turbinengeometrie ausgeglichen, der davon profitiert, dass im Miller-Zyklus die Abgastemperatur niedriger liegt. Der Kraftstoff wird wie im Vorgänger mit bis zu 350 bar eingespritzt. Er leistet 110 kW. Der E-Motor mit der internen Bezeichnung HEM80evo ist im DSG (DQ400e evo) integriert und steuert 85 kW bei.

Größere Veränderungen gibt es rund um die Batterie, und hier hatte Volkswagen tüchtig aufzuholen. Im alten Antrieb war ein 10,5-kWh-Speicher eingebaut, der sich mit maximal 3,7 kW laden ließ. Verglichen damit ist der Fortschritt gewaltig. Nutzen lassen sich nun 19,7 kWh, die eine Reichweite von mehr als 100 km unter den Bedingungen des WLTP ermöglichen sollen. Die Batterie besteht aus 96 Modulen und wiegt 173 kg.

Mehr ĂĽber neue Batterie-Technologien

In der Praxis erwarten wir wenigstens zwischen 70 und 80 km, sofern der Fahrer ein wenig mitspielt. Die Batterie im Testwagen war beim Start zu 87 Prozent geladen, der Bordcomputer zeigte eine Reichweite von 94 km an. Wir haben auf dieser ersten Probefahrt dem System die Wahl des geeigneten Antriebs überlassen und sind nach einer Strecke von 146 km mit einer elektrischen Restreichweite von einem Kilometer angekommen. Der Verbrauch pendelte sich laut Bordcomputer bei 3 Litern/100 km und 12 kWh/100 km ein. Genauere Werte muss ein ausführlicher Test liefern. Dann werden wir auch abklären, ob sich die versprochenen Ladeleistungen von 11 kW an Wechselstrom und maximal 50 kW an Gleichstrom im Alltag nachvollziehen lassen. Was sich aber schon sagen lässt: Wer nicht lädt und den Kodiaq zügig über die Autobahn treibt, wird den 45-Liter-Tank rasch geleert haben.

Auf der Proberunde ließ sich feststellen, dass der Plug-in-Hybridantrieb den mindestens 1,9 Tonnen schweren Kodiaq iV ausreichend souverän antreibt. Ansprüche, die darüber hinausgehen, werden allerdings nicht erfüllt. Beim Antritt hilft die E-Maschine dem Benziner spürbar, doch bei höheren Drehzahlen geht dem Vierzylinder etwas die Luft aus. Er meldet sich dann auch akustisch deutlich vernehmbar, wobei die zweite Generation des Kodiaq besser gedämmt erscheint als der Vorgänger. Insgesamt wirkt der Antrieb recht gelungen, sodass ihm in diesem Modell durchaus ein höherer Verkaufsanteil als die von Skoda prognostizierten 15 Prozent zuzutrauen ist.

Das optionale, adaptive DCC-Fahrwerk mit Dämpfern, bei denen die Zug- und die Druckstufe getrennt regelbar sind, agiert allen Modi harmonisch. Auch die Lenkung arbeitet feinfühliger als im Vorgänger. Assistenten sollen den Fahrer beim Abbiegen, Ausweichen und dem Passieren von Kreuzungen unterstützen. Während unserer Ausfahrt waren sie unauffällig, was erst mal ein gutes Zeichen ist. Folgen soll noch die Möglichkeit, das Auto via Smartphone von außen in eine Parklücke zu manövrieren.

Skoda Kodiaq iV (6 Bilder)

Der zweite Skoda Kodiaq ist etwas größer als sein Vorgänger und misst nun 4,76 m.
(Bild: Skoda )

Auch ansonsten hinterließ der von uns gefahrene Kodiaq einen ordentlichen Eindruck. Die Materialauswahl ist zwar nicht luxuriös, aber feiner als zuvor. Die Verarbeitung erscheint solide. Satt einrastende Drehregler und Bedienelemente für die Lüftungsgitter fühlen sich hochwertig an. Etwas gewöhnungsbedürftig ist das neue Auswahlrad, das mit verschiedenen Funktionsebenen belegt ist, die sich durch Drücken nacheinander anwählen lassen. Gesteuert werden können darüber unter anderem die Fahrmodi, der Kartenausschnitt des Navigationssystems oder auch die Lautstärke. Das Infotainmentsystem selbst arbeitet flott und wird bei der Sprachbedienung von ChatGPT unterstützt.

Geblieben sind Dinge, die schon den alten Kodiaq ausgezeichnet haben. Dazu gehören bequeme Sitze, vor allem aber ein, bezogen auf die genutzte Verkehrsfläche, fürstliches Platzangebot. Auch vier große Erwachsene haben hier reichlich Bewegungsfreiheit. Der Kofferraum des PHEV fasst laut Pressemitteilung 745 Liter.

Das Basismodell des Kodiaqs soll 41.990 Euro kosten. Dafür gibt es einen 1,5-Liter-Benziner mit 48-Volt-Mildhybrid, der 110 kW bietet. Für den von uns gefahrenen Plug-in-Hybrid nennt Skoda noch keinen Preis. Wir rechnen mit weniger als 50.000 Euro. Ein batterieelektrischer Enyaq ist derzeit ab 48.900 Euro zu haben, bietet allerdings nicht ganz die Raumfülle eines Kodiaq. Der Kunde bekommt bei Skoda somit eine erweiterte Wahl, und die Verantwortlichen sind sich sicher, damit gut aufgestellt zu sein.

Kritikern des Antriebs rechnet Volkswagen vor, dass laut einer Studie des deutschen Bundesministeriums für Digitales und Verkehr 99 Prozent aller Fahrten kürzer als 100 km sind. Wer also fleißig lädt, kann den Kodiaq in einem durchschnittlichen Fahrprofil rein elektrisch bewegen. Die höhere Ladeleistung kommt dem entgegen. Wer das macht, könnte sich allerdings früher oder später fragen, warum er einen meist ungenutzten Benziner mit sich schleppt. Denn dass der elektrische Teil des Fahrens angenehmer ist als jener, der den Verbrenner mit einbezieht, ist eine Erkenntnis, die sich im Alltag auch in diesem Auto geradezu aufdrängt.

(mfz)