Test New Fiat 500e: Modernes Elektroauto für die Stadt mit niedrigem Verbrauch

Der 500e ist mehr als nur ein gefälliger Retro-Pkw. Ladetempo, Effizienz und Assistenz sind den teilweise veralteten Konkurrenten überlegen.

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Fiat 500e

Mit einer DC-Ladeleistung von maximal 85 kW übertrifft der New Fiat 500 die Konkurrenz deutlich.

(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Sergio Marchionne riet vom Kauf eines Fiat 500e ab. Der von ihm geführte Konzern mache mit jedem Elektroauto Verluste, sagte er. Das war 2014. Wahrscheinlich hat der vor knapp drei Jahren verstorbene Marchionne trotzdem die Entscheidung getroffen, den New Fiat 500 zu bauen. Jetzt ist der Kleinwagen zu kaufen. Ausschließlich ohne Verbrennungsmotor. So viel wird nach wenigen Kilometern klar: Hier ist nicht nur ein Retro-Pkw entstanden, sondern ein wirklich gutes Elektroauto.

Der Fiat 500 setzt sich vom seit 2007 gebauten und äußerst beliebten Vorgänger ab, der weiterhin als Mildhybrid angeboten wird. Er ist breiter, was vor allem dem Komfort im Innenraum zugutekommt, aber mit 3,63 Meter kaum länger. Die Proportionen haben sich leicht und wohltuend verschoben. Der Fiat 500 ist neu und zugleich vertraut, und dieser Eindruck dürfte auch das Ziel der Designer gewesen sein.

Dass er auch technisch eine gelungene Konstruktion ist, merkt man ihm vielfach an. So ist er serienmäßig mit Wechsel- und Gleichstrom ladefähig. Das ist in dieser Klasse nicht selbstverständlich. Der Testwagen hatte die Batterie mit dem größeren Energieinhalt von netto 37 kWh und dreiphasigem Ladegerät. Auch die Basisversion mit 21,3 kWh hat serienmäßig 11 kW Ladeleistung.

Die Rekuperation kann über einen Schalter vom Modus „Normal“ – hier rollt der Fiat weitgehend „widerstandsfrei“ – auf „Range“ umgestellt werden. Das führt zum One-Pedal-Drive bis zum Stillstand. Die geriffelten Wippschalter mit Druckpunkt an der Rückseite des Lenkrads dagegen sind für die Radiobedienung. Das funktioniert auch über den Touchscreen in der Mitte, nur können dann die Hände nicht am Steuer bleiben.

Das Bedien-, Radio- und Navigationssystem ist erstklassig. Hier gibt es weder Bugs wie beim VW ID.3, noch werden die Fahrer durch Langsamkeit belästigt. Das System reagiert flüssig und schnell. Der Reflex, bitte sofort Google Maps per Android Auto zu spiegeln, entsteht im Fiat 500 nicht. Auch die Sprachsteuerung funktioniert gut.

Die leichte Bedienbarkeit setzt sich beim Einlegen der Fahrstufen fort: Es gibt vier große Druckknöpfe für P, N, R und D. Fertig. Dann legt der Fiat 500 los. 87 kW mögen wenig erscheinen. Wegen des geringen Leergewichts von 1365 kg – das Cabrio und die „3+1“ genannte Variante mit zwei Türen rechts sind etwas schwerer – und einer für einen Fronttriebler guten Traktion sprintet der 500er zackig davon. Im Stadtsprint auf 50 km/h sind es 3,1 Sekunden. Von null auf 100 km/h vergehen neun Sekunden. Vor allem muss die Elektronik nicht ständig die Leistung abwürgen wie in den Elektroautos von PSA oder Hyundai. Die Reifen haben Grip. Allerdings nicht so viel wie zum Beispiel beim Renault Twingo mit Heckantrieb: Wer den Kickdownpunkt übertritt, erlebt die Grenzen der Freude. Das gilt auf trockener und besonders auf feuchter Straßenoberfläche.

Fiat 500e innen (8 Bilder)

Die Innenraumbreite ist gewachsen. Angenehm. Der Rest folgt dem bekannten Stil.
(Bild: Fiat)

Einziger offensichtlicher Schwachpunkt ist die leichtgängige Lenkung, die mehr Rückmeldung bieten könnte und insgesamt nicht perfekt abgestimmt ist. Ein Mini Cooper SE kann das eindeutig viel besser. Dennoch, es bleibt dabei: Der Fiat 500 macht Spaß.

Ein erstaunlich hohes Niveau zeigen die Fahrassistenzsysteme. Das Fiat Co-Drive Paket kostet in der mittleren Ausstattungslinie Icon 1500 Euro Aufpreis und ist beim La Prima serienmäßig. Es ist eine echte Empfehlung für alle, die entweder Wert auf einen adaptiven Tempomaten legen oder ab und zu auf der Autobahn unterwegs sind. Hier liegt der kleine Fiat faktisch gleichauf mit modernsten Kompaktwagen.

So arbeitet die Mittelspurführung im Sinn des Wortes: Ruhig und ohne Leitlinien-Ping-Pong. Das Lenkrad ist kapazitiv, erkennt also über die Berührung statt über den Zug der Hand, dass der Fahrer nicht eingeschlafen ist. Das ist bei etlichen Elektroautos wie etwa bei Volvo und Polestar noch anders.

Die lange Tour wird durch die relativ geringe Batteriekapazität begrenzt. Ein Stromverbrauch von 21 kWh/100 km bei Richtgeschwindigkeit ist besser als bei den Wettbewerbern. Macht immerhin 176 km Reichweite. Nach einem morgendlichen Start bei vier Grad plus war beim ersten DC-Stopp nach 126 km schon genug Temperatur in der Batterie, um die volle Ladeleistung abzurufen: Es sind in der Spitze bis zu 85 kW (21,3 kWh-Batterie: 50 kW). Das ist in diesem Segment die Spitze.

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Naturgemäß ist der Verbrauch in der Stadt (Stichprobe: 12,8 kWh/100 km = 289 km Reichweite) und bei Überlandfahrt (13,8 kWh/100 km = 268 km) für das typische Nutzungsprofil eines Kleinwagens relevanter. Der Fiat 500 hat auch hier einen niedrigen Stromverbrauch. Das Werk gibt im WLTP einen Gesamtwert von 14-14,3 kWh an. Dass der Testdurchschnitt inklusive Ladeverlusten bei 19 kWh/100 km lag, war dem Autobahn-lastigen Fahrprofil geschuldet.

Wer den New Fiat 500 ohnehin nur für die kurzen Alltagstouren benutzt, sollte die Basisversion Action mit 21,3 kWh Nettokapazität in Betracht ziehen. Der Preis von 23.560 Euro reduziert sich durch die bekannten Subventionen um 9570 auf 14.990 Euro. Der Testwagen mit üppiger Ausstattung kam auf 35.560 Euro vor Prämie; es bleiben also 25.990 Euro oder die entsprechende Leasingrate.

Ein Wort zur Ladeinfrastruktur: Es ist nicht dem Fiat anzulasten, dass es im Testzeitraum mehrere Defizite gab. Hamburg, bis vor kurzem Vorzeigestadt bei der Verbreitung von Ladesäulen, fällt zurück. Der Ausbau hält nicht mit dem Hochlauf der Fahrzeuge mit. Vor allem Plug-in-Hybride erfreuen sich großer Beliebtheit, aber auch batterieelektrische Autos werden fleißig gekauft. Beide dürfen in der zweitgrößten Stadt Deutschlands an Ladesäulen parken, ohne zu laden. Das muss sich ändern. Es wird immer schwieriger, Strom zu bekommen.

Fiat 500e außen (6 Bilder)

Der New Fiat 500 ist ausschließlich als Elektroauto zu haben. Der seit 2007 gebaute Vorgänger wird vorerst weiterproduziert.
(Bild: Christoph M. Schwarzer)

Ebenfalls schwach war die Funktion mehrerer DC-Säulen im norddeutschen Bestand. Von der Notwendigkeit, den Stecker per Anruf durch das Software-Backend zu entriegeln (Betreiber EnbW) bis zur schlichten Verweigerung des Stromflusses (Allego) war alles dabei.

Am positiven Eindruck, den der New Fiat 500 hinterlässt, ändert das nichts. Er ist die zeitgemäße Interpretation des Cinquecento-Themas: Traditionell in der Gestalt, aber bei allen Aspekten eines Elektroautos inklusive der Software ganz weit vorne. Was jetzt noch fehlt, ist ein Ableger von Abarth. Prognose: Der wird kommen.

Der Hersteller hat den Testwagen kostenfrei zur Verfügung gestellt und überführt. Der Autor hat die Stromkosten getragen.

Hersteller Fiat
Modell New 500e
Motor und Antrieb
Motorart Permanentmagnet-E-Motor
Leistung in kW 87
Drehmoment in Nm 220
Antrieb vorn
Fahrwerk
Lenkung Servolenkung, elektrisch
Wendekreis 9,7
Reifengröße 205/45 R17
Bremsen vorn Scheiben
Bremsen hinten Trommel
Maße und Gewichte
Länge in mm 3632
Breite in mm 1683
Höhe in mm 1527
Radstand in mm 2322
Kofferraumvolumen in Litern 185
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck 1365
Zuladung in kg 400
Batterie in kWh brutto/netto 42/37
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden 9
Höchstgeschwindigkeit in km/h 150
Verbrauch
Verbrauch WLTP in kWh/100 km 14 - 14,3
Ladeleistung an AC in kW 11
Ladeleistung an DC in kW 85
Reichweite in km 312
Testverbrauch in kWh/100 km 19
Daten Stand April 2021
Modell Fiat 500e
Ausstattungslinie La Prima
Preis für diese Ausstattungslinie 34.900
Infotainment
DAB+ Serie
USB-Anschluss Serie
Soundsystem -
Navigationssystem Serie
Verkehrsdaten in Echtzeit Serie
Freisprecheinrichtung Serie
Head-up-Display -
Android Auto/Apple CarPlay Serie
kabelloses Laden von Handys Serie
Assistenz
Abstandstempomat Serie
Einparksensoren vorn Serie
Einparksensoren hinten Serie
Rückfahrkamera Serie
Totwinkelwarner Serie
Müdigkeitserkennung Serie
Spurhalteassistent Serie
Matrix-Licht -
Funktion
LED-Scheinwerfer Serie
elektrische Heckklappe -
Alarmanlage 350
schlüsselloser Zugang Serie
Fahrwerksoption -
Komfort
Sitzheizung 500
beheizbares Lenkrad -
Lederlenkrad Serie
Klimaautomatik Serie
Schiebedach 1500
festes Glasdach Serie
Sonstiges
Metalliclack ab 700
Leichtmetallfelgen Serie
Preisliste Stand Februar 2021

(mfz)