Test VW Arteon 2.0 TDI: Das Nischen-Modell

VW bietet in der Mittelklasse gleich vier Modelle an. Ist der Arteon Shooting Brake mehr als ein Beauty-Passat für Vielfahrer?

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VW Arteon Shooting Brake

(Bild: Pillau)

Lesezeit: 8 Min.
Inhaltsverzeichnis

Noch gibt es das VW-Quartett in der Mittelklasse, bestehend aus den zwei Passat-Karosserien und den von ihnen abgeleiteten Arteon-Varianten. Es ist einigermaßen unwahrscheinlich, dass diese Vielfalt Bestand haben wird, obwohl VW erst im vergangenen Jahr einen Arteon-Kombi nachgelegt hat und diesen auch mit einem Plug-in-Hybridantrieb anbietet. Das hat nichts daran geändert, dass der "Beauty-Passat" ein Nischen-Modell geblieben ist, zumindest für VW-Verhältnisse. Viele Importeure wären froh, wenn sie nur ansatzweise auf die Arteon-Stückzahlen kämen. Ein Test mit einem Arteon 2.0 TDI sollte klären, ob es außer der Gestaltung weitere Unterschiede zum Passat gibt.

Zunächst gibt es eine handfeste Überraschung: Die Konfiguratoren legen offen, dass der Passat stets ein wenig teurer ist als der Arteon. Die Unterschiede sind nicht riesig, doch bei vergleichbarer Ausstattung kommt schon ein vierstelliger Betrag zusammen. Denn im Arteon sind unter anderem Navigationssystem, Display als Kombiinstrument und 18-Zoll-Felgen in der "Elegance"-Ausstattung serienmäßig, im Passat nicht.

Der Testwagen war mit dem 147 kW starken Zweiliter-Diesel, Doppelkupplungsgetriebe, Allradantrieb und "R-Line"-Ausstattung versehen. In dieser Konstellation ist er trotz seines Ausstattungsvorteils natürlich weit entfernt von einem günstigen Auto. 52.615 Euro sind es ohne weitere Extras, der Testwagen war – typisch Presseauto – mit Sonderausstattungen im Werte von rund 15.000 Euro angereichert. Schwacher Trost: So sehr viel mehr kann es im Arteon 2.0 TDI dann auch nicht mehr werden.

Dafür gibt es einen Kombi, den VW als "Shooting Brake" vermarktet. Er mag auf manche attraktiver wirken als ein Passat Variant. Die praktischen Einschränkungen sind gering, denn reichlich Platz für Passagiere und Gepäck bietet auch der Arteon. Die Heckscheibe verläuft in einem flacheren Winkel, was das maximale Quadermaß beschneidet. Doch wer nutzt das schon täglich komplett aus? 565 Liter fasst der Kofferraum bis zur Fensterkante, der Passat-Kombi bietet mit 650 Liter noch einmal spürbar mehr.

Identisch ist in beiden Modellen eine ziemlich konservative Einrichtung. Daran ändern auch die Wischfurchen auf dem Lenkrad und an der Bedienung der Klimaautomatik nichts. Sie mögen moderner wirken, im Alltag ergibt sich daraus aber kein funktionaler Vorteil. Pragmatiker werden vielmehr die Regler und Tasten vermissen, die VW im vergangenen Jahr aussortiert hat. Sichtbar wird das Alter vor allem im Detail. Der Wählhebel wird noch durch eine richtige Gasse geschoben, der Bildschirm vom Navigationssystem ist vergleichsweise niedrig eingebaut. Die Bedienung von Fensterhebern, Spiegelverstellung und Türverriegelung ist funktional tadellos, wird in dieser Form aber schon mehr als ein Jahrzehnt verbaut.

Das aufpreispflichtige Head-up-Display ist eine kleine Scheibe, die sich im Testwagen mit einem Quietschen aus der Versenkung erhob und mit einem ebensolchen dort wieder verschwand. Das passt nun gar nicht zum restlichen Eindruck, denn der von uns gefahrene Arteon war ordentlich zusammengebaut. Anders als im Vorzeige-Modell ID.3 erscheint hier auch nichts übertrieben billig ausgekleidet. Die Leder-Sportsitze mit integrierten Kopfstützen wirken im Arteon ebenso bemüht wie im Opel Insignia. Doch sie sind bequem, bieten viel Seitenhalt. Nur die Massage könnte etwas kräftiger ausfallen.

VW Arteon Shooting Brake 2.0 TDI innen (18 Bilder)

Der Innenraum des VW Arteon ist konservativ eingerichtet.

Wie viele andere Hersteller schnitzt auch VW üppige Radhäuser in die Karosserie. Der Testwagen war mit 245/35 R20-Reifen ausgestattet, die absurderweise nicht einmal besonders riesig wirkten. Viel Reifenflanke bleibt da nicht, die beim Filtern helfen könnte. Gemessen daran ist der Restkomfort geradezu erstaunlich, wenngleich man sich insgeheim bei manch einem Durchschütteln denkt, wie angenehm es ohne die Sportausstattung "R-Line" und die flache Bereifung sein könnte. Wer den Arteon vor allem auf Langstrecken einsetzen möchte, sollte sich dieses Paket gut überlegen. Es macht den Kombi nicht wirklich unkomfortabel, doch mit einer leicht anderen Ausrichtung dürfte der Arteon bekömmlicher federn.