EU-Wettbewerbshüter setzen Microsoft ein Ultimatum [Update]

Ihre Geduld sei am Ende, meinte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes. Microsoft müsse bis zum 23. November alle Informationen zu Kommunikationsprotokollen und Schnittstellen für Windows Vista liefern, sonst gebe es neue Strafen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 323 Kommentare lesen
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

In der Auseinandersetzung um Verletzungen des Wettbewerbsrechts durch Microsoft bei Windows hat die EU-Kommission dem Softwaregiganten Microsoft ein Ultimatum gesetzt. Bis zum 23. November müsse Microsoft die Informationen über Kommunikationsprotokolle und Schnittstellen des Betriebssystems Wettbewerbern zugänglich machen oder mit weiteren Strafzahlungen rechnen, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes der britischen Zeitung The Guardian. Kroes erklärte gegenüber der Zeitung offensichtlich genervt, dass ihre Geduld zu Ende sei: "Ich lebe auch nicht ewig." "Es beeindruckt mich nicht, wenn jemand sagt, er habe 90 Prozent der Informationen bereitgestellt, wir aber 100 Prozent benötigen. Diese Informationen hätten bereits vor einigen Monaten hier sein sollen", erläuterte Kroes ihre Position.

Sie dementierte Vorwürfe, sie breche eine Fehde vom Zaun, allerdings müsse der Druck auf Microsoft aufrechterhalten werden, damit das Unternehmen im Einklang mit den EU-Wettbewerbsregeln agiere. "Ich bin die Schiedsrichterin bei diesem Spiel und ich werde hart aber fair sein", sagte Kroes.

Die Kommissarin kann Microsoft bei Überschreitung des Ultimatums erneut mit einer Strafe von bis zu drei Millionen US-Dollar pro Tag belegen. Bereits 2004 musste der Konzern aus Redmond die Rekordsumme von 497 Millionen Euro wegen Nichteinhaltung von EU-Wettbewerbsregeln zahlen. Im Juli verhängte die Kommission eine weitere Strafe von 280,5 Millionen Euro gegen Microsoft wegen anhaltenden Verstoßes gegen Wettbewerbsrichtlinien und Nichteinhaltung der Auflagen aus dem Kartellverfahren. Der Einspruch von Microsoft gegen diese Zahlung läuft noch.

[Update: Das neuerliche Vorgehen der EU-Wettbewerbshüter bezieht sich nach Angaben aus Brüssel nicht allein auf Windows Vista. Die Auseinandersetzung um die Einhaltung der Auflagen, die Microsoft im März 2004 von der EU-Kommission aufgebrummt wurden, drehen sich nach Angaben von dpa generell um die Protokolle zur Kommunikation mit Microsoft-Systemen in heterogenen Netzwerken. Dies betrifft indirekt auch Windows Vista, laut der EU-Kommission hängen die angedrohten Strafen aber nicht mit den Sicherheitsfunktionen in Vista zusammen, die Microsoft ausschließlich mit einer eigenen Sicherheitssoftware bestücken wollte]. Die EU-Kommission hatte argumentiert, dass der Wettbewerb zwischen verschiedenen Software-Herstellern besonders wichtig für die Computersicherheit von Verbrauchern sei. Zuvor hatten die Hersteller von Antiviren-Software wie Symantec und McAfee kritisiert, Microsoft begünstige seinen in Vista integrierten Schutzmechanismus und behindere Konkurrenten. Vor einigen Wochen teilte Microsoft mit, Windows werde entsprechend den europäischen Wettbewerbsbestimmungen angepasst und eine API für Sicherheitsfirmen eingebaut. Diese soll aber keineswegs bereits in der Version von Windows Vista enthalten sein, die Microsoft ab Januar 2007 auch in den Regalen der Einzelhändler stehen haben will.

Nach der Ankündigung von Microsoft, dass Vista den Erfordernissen des EU-Wettbewerbsrechts entsprechen werde, meinte der Konzern, die Bedenken der EU-Kartellwächter würden nun nicht mehr zu einer möglichen Verschiebung von Windows Vista in Europa führen. Die Kommission betonte daraufhin aber sofort, sie habe keineswegs schon vorab "grünes Licht" für Vista gegeben. Sie werde die Auswirkungen des neuen Betriebssystems auf den Markt genau beobachten und jegliche Beschwerden untersuchen.

Zum EU-Kartellverfahren gegen Microsoft und zu Konflikten um Windows Vista siehe auch: