Bundesrat vertagt bayerischen Gesetzentwurf gegen "Killerspiele"

Der Vorstoß aus München für eine Verschärfung des Strafrechts zum besseren Jugendmedienschutz kommt gemäß den Voten zweier Ausschüsse der Länderkammer vorerst nicht auf die Abstimmungsagenda.

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Die bayerische Landesregierung hat am heutigen Aschermittwoch im Bundesrat eine derbe Niederlage bei ihrem umstrittenen Vorstoß zu einem härteren Vorgehen gegen "Killerspiele" erlitten. Der entsprechende Entwurf zur Verbesserung des Jugendmedienschutzes durch eine Verschärfung des Strafrechts ist im Kultur-, Rechts- und Jugendausschuss vertagt worden, wie heise online aus der Länderkammer erfuhr. Damit kommt die Vorlage auf absehbare Zeit nicht erneut auf die Tagesordnung für das Plenum des Bundesrates, in dem sie am vergangenen Freitag kontrovers diskutiert und anschließend an die Ausschüsse übergeben worden war.

Alle Länder stimmten – bei Enthaltung Bayerns – für die Vertagung. Die bayerische Initiative, die Niedersachsen eigentlich unterstützen beziehungsweise noch auweiten wollte und für die der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) bereits weit im Vorfeld eine breite Mehrheit gesichert sah, kann damit vorerst als gescheitert gelten.

Noch aus steht zwar die Beratung im Innenausschuss über den eingebrachten Gesetzesentwurf. Auch dort stehen die Zeichen aber auf Vertagung. Generell gelangt eine Vorlage im Bundesrat automatisch nicht mehr auf die Tagesordnung der nächsten Bundesratssitzung, wenn sich auch nur ein einzelner Fachausschuss querlegt. Falls Bayern den Entwurf dennoch bei der für den 9. März anberaumten kommenden Plenarsitzung abstimmen lassen wollte, müsste es ihn separat und neu auf die Agenda setzen lassen und zugleich einen Antrag auf sofortige Sachentscheidung stellen. Die Bayern würden damit aber aller Vorrausicht nach baden gehen, da sie bei diesem Verfahren die Ausschussberatungen übergehen müssten und dies auf Widerstand bei den anderen Ländern stoßen dürfte.

Der bayerische Gesetzesentwurf (PDF-Datei) sieht einen neuen Paragraph 131a für das Strafgesetzbuch (StGB) vor. Dieser will "virtuelle Killerspiele" als "Spielprogramme" definieren, "die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen darstellen und dem Spieler die Beteiligung an dargestellten Gewalttätigkeiten solcher Art ermöglichen". Die Klausel soll den bestehenden bereits verschärften Paragraph 131 ergänzen, in dem allein von "Gewaltdarstellungen" die Rede ist. Wer entsprechende Spiele herstellt, verbreitet, veröffentlicht, anbietet, anpreist, bezieht oder vorrätig hält, soll nach Ansicht der bayerischen Landesregierung mit Geldstrafen oder Freiheitsentzug von bis zu einem Jahr bestraft werden können.

Bayerns Familienministerin Christa Stewens (CSU) hatte vergangene Woche noch einmal für den Gesetzesantrag aus München geworben. Sie bestand darauf, dass unter anderem auch die Herstellung und Verbreitung virtueller Killerspiele unter Strafe gestellt werden müssten. Vertreter der Bundesregierung hatten dagegen verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Der nordrhein-westfälische Familienminister Armin Laschet (CDU) brachte zudem als Alternative das von ihm gemeinsam mit Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen ausgearbeitete Sofortprogramm einschließlich einer eigenen Gesetzesinitiative zur Anapssung des Jugenschutzrechts ins Spiel. Damit sollen beispielsweise neben "Gewalt verherrlichenden" auch "Gewalt beherrschte" Spiele mit Mord- und Gemetzelszenen für Jugendliche verboten werden. Innen-, Rechts- und Medienexperten aller Fraktionen im Bundestag zeigten sich ebenfalls skeptisch bis ablehnend gegenüber dem bayerischen Vorhaben.

In den Ländern setzte sich so mit Ausnahme Bayerns die Ansicht durch, dass zumindest zunächst die für Herbst angekündigte Evaluation der bereits im April 2003 deutlich verschärften Jugendschutzgesetzgebung durch das Bundesfamilienministerium abgewartet werden sollte. Generell empfahl etwa eine Stellungnahme aus Rheinland-Pfalz für die heutigen Ausschusssitzungen, die staatsanwaltschaftliche und gerichtliche Praxis im Umgang mit "Killerspielen" zu untersuchen und mögliche Vollzugsdefizite der bestehenden Gesetzgebung aufzudecken. Noch sei kein Fall bekannt geworden, in dem einer Staatsanwaltschaft die Basis des bestehenden Paragraphen 131 StGB für ein eventuelles Verbotsverfahren nicht ausgereicht hätte.

"Strafrechtlicher Aktionismus ist fehl am Platz", erklärte der rheinland-pfälzische Justizminister Heinz Georg Bamberger (SPD) in diesem Sinne nach der heutigen Beratung. "Eine derart populistische Forderung erweckt den Irrglauben, man könne dieses vielschichtige Problem nur und schnell über das Strafrecht lösen." Vielmehr seien Verbesserungen beim Jugendschutz und insbesondere eine bessere Beschäftigung der Eltern mit dem Medienkonsum ihrer Kinder erforderlich. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatte gestern noch einmal betont, dass "Killerspiele" bereits verboten seien und sie die entsprechende StGB-Klausel für "ausgereift" halte. Ihr habe noch niemand erklärt, was durch eine weitere Aufbohrung des Paragraphen besser zu machen sei.

Siehe zu dem Thema auch:

(Stefan Krempl) / (jk)