Länder wollen an reduzierter GEZ-Gebühr für Internet-PCs festhalten

Der Vorschlag der ARD-Intendanten, für internetfähige Computer eine monatliche Rundfunkgebühr von 5,52 Euro zu verlangen, findet das Wohlwollen von Landespolitikern, während die Wirtschaft weiter protestiert.

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Der Beschluss der ARD-Intendanten, für internetfähige Computer und andere vernetzte Mediengeräte eine monatliche Rundfunkgebühr in Höhe von 5,52 Euro zu verlangen, stößt bei Landespolitikern auf Wohlwollen. Die Empfehlung habe ihre Basis bereits "in einem gemeinsamen Fachgespräch" mit den öffentlich-rechtlichen Sendern, erklärte Klaus-Dieter Drewitz, Rundfunkreferent von Rheinland-Pfalz, gegenüber heise online. Er geht daher davon aus, dass die Ende kommender Woche tagende Rundfunkkommission der Länder den "GEZ-Spartarif" absegnen wird.

"Das Internet wird neben dem Kabel und dem Satellit das Medium, in dem Rundfunk empfangen werden kann", verdeutlichte Drewitz den grundsätzlichen Gebührenanspruch. Die Länder seien daher schon 1999 übereingekommen, dass ans Internet angeschlossene Geräte mit Abspielmöglichkeiten für Radio oder TV im Grunde gebührenpflichtig sein müssten. Ein bislang noch gewährtes Moratorium soll nun zum Ende des Jahres zumindest teilweise auslaufen.

Mit dem Kompromissvorschlag wollen die ARD und die Länder laut dem Medienpolitiker der Tatsache entsprechen, dass über das World Wide Web noch keine vollen Fernsehangebote zur Verfügung stehen. "Für den Hörfunk wird das Internet aber schon sehr viel genutzt", weiß Drewitz. Dies reiche von der Musikberieselung "in Frisörgeschäften" bis hin zu Podcasts. Es handle sich dabei "um klassische Fälle, dass jemand am Rundfunk teilnimmt".

Nach den Regelungen im achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, den die Ministerpräsidenten der Bundesländer bereits im Herbst 2004 beschlossen hatten, sollten ursprünglich prinzipiell rundfunkfähige Geräte wie Computer oder Handys mit Internetanbindung mit der vollen Gebühr in Höhe von derzeit 17,03 Euro belegt werden. Ausgenommen sind Haushalte oder Unternehmen, die bereits Beiträge für klassische Empfangsgeräte an die GEZ zahlen. Gegen das Vorhaben entwickelte sich in den vergangenen Monaten ein Proteststurm in der Wirtschaft.

Auch den Spartarif lehnen Lobbyvereinigungen ab. "Eine Ausweitung der GEZ-Gebühren auf Geräte, die primär gar nicht dem Rundfunkempfang dienen, ist nichts weiter als eine mühsam kaschierte Abzocke", empört sich Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW). Seit Jahren werde den Klein- und Mittelbetrieben die Nutzung des Internets für alle Geschäftsabläufe nahe gelegt. Jetzt solle die Wirtschaft für Einnahmeausfälle der GEZ aufkommen.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat sich ebenfalls in die Reihen der grundsätzlichen Kritiker eingereiht. "Mit der Einführung dieser Rundfunkgebühr hat sich die Politik eine weitere Bürde für die niedergelassenen Ärzte ausgedacht", moniert ihr Vorstandsvorsitzender Andreas Köhler. "Doch damit schneidet sie sich ins eigene Fleisch." Vor allem für die von der Bundesregierung geplante Einführung der elektronischen Gesundheitskarte sei der Online-Anschluss einer Arztpraxis unerlässlich. Der Politik müsse aber klar sein, dass die zusätzliche finanzielle und bürokratische Belastung die Akzeptanz der neuen Chipkate innerhalb der Ärzteschaft enorm erschweren werde. Zudem eregebe die Einführung der GEZ-Gebühr für die Praxis-Computer keinen Sinn, da sie für Leistungen erhoben wird, die nicht in Anspruch genommen würden.

PCs würden in Firmen nicht als Fernseh- oder Radiogeräte, sondern als Arbeitsgeräte genutzt, wettert auch weiterhin Hans Heinrich Driftmann, Präsident der IHK Schleswig-Holstein, gegen das Vorhaben. Zudem zwinge niemand die öffentlich-rechtlichen Sender, ihre Programme kostenfrei ins Internet zu stellen. Das Grundproblem – den Geräteansatz bei der Gebührenerhebung – löse der Kompromissvorschlag nicht. Nach eigenen Berechnungen könnten auf die Unternehmen rein rechnerisch noch immer Mehrbelastungen von über 150 Millionen Euro im Jahr zukommen. Scharfe Einwände hat überdies der Branchenverband Bitkom vorgebracht. Die Wirtschaft fordert gemeinsam mit zahlreichen Medienpolitikern im Bundestag den Ersatz der GEZ-Abgabe durch eine haushalts- oder personenbezogene Medienabgabe, die niedriger als die momentan zu entrichtende Vollgebühr ausfallen soll. Die Reformbefürworter plädieren zugleich dafür, bis zur Umstellung des Systems das Moratorium für Internet-PCs weiterbestehen zu lassen.

Drewitz kann die Aufregung nicht verstehen: "Bislang zahlen die Rundfunkgebühren zu 90 Prozent Privathaushalte", rechnet der Rundfunkreferent mit leichter Verwunderung über die niedrigen GEZ-Anmeldungen im Unternehmensumfeld vor. Künftig würde die reduzierte Grundgebühr für "beliebig viele Rechner" einmalig an einem Firmenstandort fällig, falls dort bislang noch kein klassisches Empfangsgerät angemeldet sei. Als zusätzliches "Bonbon" sehen die Länder ihr Angebot, dass auch bei der bereits erfolgenden Zahlung der Rundfunkgebühr für ein gewerblich genutztes Autoradio für Online-Rechner nicht mehr obendrein an die GEZ abgeführt werden muss. Die Forderungen nach einer pauschalen "Medienabgabe" erscheinen ihnen derweil noch zu unspezifisch. Sie verweisen auf bereits vor fünf Jahren angefertigte Gutachten, wonach an einer gerätebezogenen Gebühr festgehalten werden sollte.

In der bayerischen Staatskanzlei heißt es darüber hinaus, dass ein Blick ins europäische Ausland nicht schaden könne. So gebe es in Frankreich das Modell einer Wohnungssteuer. In Spanien müssten sich die Öffentlich-Rechtlichen dagegen komplett aus anderen Töpfen finanzieren. Mögliche Änderungen an der Gebührenpolitik seien aber sorgfältig abzuwägen. Die EU-Kommission hält sich derweil aus den laufenden Auseinandersetzungen über die künftige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in einigen Mitgliedsstaaten heraus. Harmonisierungsvorschläge auf diesem Gebiet sind nicht bekannt.

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(Stefan Krempl) / (anw)